«Ich war plötzlich mittendrin»
Hanspeter Lehmann, vor einiger Zeit
haben wir von grossen Aufbrüchen in der Ukraine gehört. Wie hat sich die Lage weiterentwickelt?
Hanspeter
Lehmann: Seit Juli wird die Region Odessa von einer «Erweckung»
heimgesucht: Wenn früher 30 bis 40 Personen an einen evangelistischen Anlass
kamen, sind es heute Hunderte, wenn nicht gar Tausende. Der Hunger nach dem
Evangelium ist so gross, dass die Menschen die Bibeln aus den Kirchen stehlen.
Es gibt kaum mehr Bibeln in russischer Sprache, weil im Osten der Ukraine
russisch gesprochen wird. Aus diesem Grund versuchen wir nun, russische Neue
Testamente ins Land zu bringen.
In welchen Regionen gibt es
Aufbrüche?
Hauptsächlich um Odessa. Aber von
unseren Partnern hören wir, dass auch in anderen Regionen, in denen Krieg
herrscht, die Kirchen übervoll sind und der Hunger nach Gottes Wort immens ist.
Wie können sich die Gemeinden
gegenwärtig organisieren?
Mit vereinten Kräften geben sie
alles, was sie haben. Natürlich fehlt es an Arbeitern. Es ist genauso, wie
Jesus schon sagte: Die Ernte ist riesig, aber der Arbeiter sind wenige.
Wie geht es mit neuen Gläubigen
weiter?
An vielen Orten werden die Neubekehrten
geschult, zumeist jeweils am Mittwochabend. Persönliche Jüngerschaftsschulung
liegt bei dieser Menschenmasse natürlich nicht drin – schon nur in den ersten
zwei Wochen kamen über 8'000 Menschen zum Glauben! Die neuen Gläubigen werden in
Gruppen von mehreren Hundert Personen ausgebildet.
Wissen sie auch von einer Erweckung
bei geflüchteten Ukrainern?
Ich habe gehört, dass sich
beispielsweise in Bern und an anderen Orten in der Schweiz etwas tut. Zahlen
kenne ich aber keine, man müsste dem nachgehen. Genaueres ist mir nicht
bekannt.
Wie war es für Sie persönlich, das
mitzuerleben?
Sehr speziell. Sehr viele wünschen
sich, eine Erweckung zu erleben. Viele Pastoren träumen davon – und ich war plötzlich
mittendrin! Weil man nicht weiss, wann die nächste Bombe oder Rakete einschlägt,
möchte man so rasch und so viele Menschen wie möglich «nach Hause» bringen. Man
wirkt auf einem gewissen Stresslevel.
Was können wir Christen in der
Schweiz von jenen in der Ukraine lernen?
Sehr viel. Das Ganze hat mit einer Versöhnung
vor vier Jahren angefangen: Die Kirchen und Gemeinden setzten sich an einem Tisch
und baten einander um Vergebung. Alle haben ja das gleiche Ziel, nämlich Jesus
bekanntzumachen. Und trotzdem will jeder «seine» Gemeinde füllen. Das aber darf
keine Rolle spielen. Menschen für Jesus zu gewinnen, das kann man nur zusammen
– wir dienen alle dem gleichen Gott. Die Gemeinden in der Ukraine haben ihre
Kräfte gebündelt: Zusammen dienen sie den Menschen im Krieg, verteilen
Hilfsgüter und organisieren Veranstaltungen. Zusammen rufen sie zur Umkehr auf
und verkünden das Evangelium. Und trotz des Krieges feiern sie auch gemeinsam.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet