Nach Bomben-Attentat

«Hass ist wie eine Wurzel, die deine Beziehung zu Gott zerstört»

Sich für Jesus einzusetzen, ist eine gute Sache. Doch was, wenn meine Kinder darunter leiden müssen? Die Frage stellte sich David Ortiz, Missionar in Israel, als eine Briefbombe, die für ihn gedacht war, in den Händen seines 15-jährigen Sohnes explodierte. Er entschied sich, dennoch vor Ort zu bleiben – und brachte sogar einem der Terroristen das Evangelium.
David Ortiz
David Ortiz bangte um das Leben seines Sohnes Ami
David Ortiz mit seiner Frau und seinem Sohn Ami.

Geboren in Puerto Rico, aufgewachsen in New York, lebt David Ortiz seit 32 Jahren in Israel, zusammen mit seiner Frau Leah, einer messianischen Jüdin. Die beiden leben in Ariel im Westjordanland, einer Gegend, in der auch viele Muslime wohnen. Hier führt David ein Zahntechnisches Labor – und arbeitet als Missionar und Pastor.

Unter Druck

Zunächst liegen David die orthodoxen Juden am Herzen. Schon in New York hatte er mit vielen von ihnen Kontakt. Einige werden zu Freunden, doch das Evangelium nehmen sie nicht an. Und andere beginnen, David zu verfolgen. «Zunächst nahmen sie mich an, aber sobald sie merkten, dass ich das Evangelium predigte und Juden Jesus annahmen, begannen sie, mich zu verfolgen. Sie schrieben Schmähschriften über mich, machten Druck, damit ich meine Arbeit in meinem zahntechnischen Labor verliere…» Aber seine Gemeinde wächst weiter. Jetzt sind es nicht nur Juden, die zum Glauben an Jesus kommen, sondern auch Muslime. «Sie sagten zu mir: 'Warum predigst du nur ihnen [den Juden] und nicht uns?' Sie waren eifersüchtig…»

Das «Geschenk» an der Tür

Doch dann kommt es zu jenem folgenschweren 20. März 2008. Davids 15-jähriger Sohn Ami geht nicht zur Schule. Es ist Purimfest, an dem die Rettung der Juden vor Haman aus dem biblischen Buch Esther gefeiert wird. Jemand hat ein Geschenk an der Tür hinterlassen – Ami freut sich und öffnet es ahnungslos. In dem Moment explodiert die Bombe im «Geschenk». Ami erleidet schwerste Wunden und Verbrennungen. Dabei war die Bombe eigentlich für seinen Vater gedacht.

«Gott sagte mir vorher, dass etwas passieren würde, das ich nicht verstehen, aber über das Gott die Kontrolle haben würde», erinnert sich David Ortiz. «Man schickte mir die Bombe, weil die Menschen auf das Evangelium reagierten.» Als 2009 der ultraorthodoxe Jude und Terrorist Yaakov Teitel im Zusammenhang mit der Briefbombe und diversen anderen Attentaten festgenommen und zu zwei lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wird, gibt er zu, dass er eigentlich David Ortiz mit der Bombe hätte töten wollen.

Im schwarzen Loch

Im Krankenhaus geben die Ärzte den Eltern keine Hoffnung, so schwer sind Amis Verletzungen. «Die Ärzte sagten, dass er vermutlich noch in der Nacht sterben würde. Ich fühlte mich wie in einem tiefen, schwarzen Loch. Meine Frau und ich waren verzweifelt. Ich sagte zu Gott: 'Ich kann nichts sehen, keinerlei Hoffnung, alles ist dunkel!' Und dann erhielt ich einen Eindruck von Gott, dass im Himmel beschlossen worden war, dass Ami leben würde! Am nächsten Morgen war der Arzt erstaunt und sagte mir, dass er es als Arzt nicht verstehen könne, doch es sei ein Wunder geschehen. In der Nacht sei es Ami mit einem Mal besser gegangen.»

Wunder über Wunder

Doch es stehen noch 15 Operationen an, monatelange Krankenhausaufenthalte, das Bangen um sein Augenlicht; Ami braucht Jahre, um sich zu erholen. Doch Gott macht ein Wunder ums andere. Heute studiert der 23-Jährige in den USA Psychologie – und spielt wieder Basketball wie früher. In Zukunft möchte er mit traumatisierten Kindern arbeiten.

Hass – eine böse Wurzel

Das Attentat hat die David Ortiz und seine Familie stark beeinflusst. Trotzdem ist er in Israel geblieben. Und die Familie hat dem Terroristen bewusst vergeben. «Hass ist eine Wurzel, die stetig wächst und deine Beziehung zu Gott zerstört. Das habe ich bereits ganz am Anfang meines christlichen Lebens gelernt und ich wusste, dass ich nicht zulassen durfte, dass der Hass in mein Herz einzieht.» Ausserdem erhält die Familie starke Unterstützung seitens ihrer Gemeinde. Auch der Bürgermeister steht hinter ihnen. «Wir dürfen jetzt soziale Arbeit tun und die Gemeinde wächst, sowohl durch Juden als auch durch Muslime.» 150 ehemalige Muslime gehören mittlerweile zu seiner Gemeinde.

Feindesliebe

Dass er wirklich keinen Hass gegenüber den Terroristen verspürt, zeigt David Ortiz einige Jahre nach dem Attentat, als er hört, dass einer der Drahtzieher Bauchspeicheldrüsenkrebs hat und im Sterben liegt. «Ich sagte mir: 'Ich muss ihn als einen verlorenen Menschen ansehen, nicht als Terroristen.' Ich besuchte ihn im Krankenhaus und sagte ihm: 'Du weisst, was du getan hast, und du wirst bald vor Gottes Thron stehen. […]' Ich erzählte ihm vom Evangelium und betete mit und für ihn. Er nickte, konnte nicht mehr sprechen und starb am nächsten Tag. Ich hoffe, dass er jetzt im Himmel ist.»

 

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Datum: 29.12.2016
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Protestante Digital

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