«Faire aber harte Debatte»

Rückblick aufs Covid-Management der Freikirchen

Wie haben die evangelischen Freikirchen und die evangelikalen Christen der Schweiz die Debatte vor der COVID-Abstimmung geführt? Ein persönlicher Rückblick von Peter Schneeberger, Präsident von «Freikirchen.ch».
Peter Schneeberger

Das evangelische Nachrichtenmagazin «Evangelical Focus» (Valencia, Spanien) wollte wissen, wie die Evangelikalen der Schweiz die Zeit vor der COVID-Abstimmung bewältigt haben. Peter Schneeberger nimmt aus Sicht von Freikirchen.ch zu den Fragen Stellung.

Die Schweiz hat in einer Volksabstimmung das Covid-19-Gesetz angenommen. Doch wie wäre das Ergebnis der Abstimmung ausgefallen, wenn nur evangelikale Christen abgestimmt hätten?
Peter Schneeberger: Das Resultat von 62 Prozent Ja-Zustimmung zum Covid-19-Gesetz ist bei einer Stimmbeteiligung von 66 Prozent sehr klar. Nimmt man die stark von Freikirchen geprägten Kantone (Bern, Thurgau, Zürich und Waadt), ist das Resultat noch klarer und der Nein-Anteil noch tiefer. Daraus lässt sich interpretieren, dass eher ländlich geprägte evangelikale Christen mit Nein gestimmt haben und die grossen evangelikalen Settings in Städten mit Ja. Überraschenderweise haben gemäss einer Befragung nach der Wahl die Unter-35-Jährigen eher Nein gestimmt. Aber auch hier würde das Abstimmungsverhalten zwischen säkularen und evangelikalen jüngeren Menschen wohl gleich aussehen. Die Diversität zeigt sich auch in den beiden christlich geprägten Parteien (EVP für ein Ja / EDU für ein Nein).

Hat es innerhalb der evangelischen Kirchen und Gemeinden eine Debatte über dieses Gesetz und allgemein über die Einschränkungen gegeben?
Die Debatte wurde sehr stark geführt, weil es alle Menschen in der Schweiz betrifft. Die Debatte wurde in den meisten Fällen fair aber hart geführt. Der Dachverband Freikirchen.ch hat mit seinem Papier «Stimmfreigabe, aber keine Stilfreigabe» (Livenet berichtete) die Debatte massgeblich bestimmt und zur Versachlichung beigetragen. Das deutliche Resultat zeigt jedoch, dass die Spaltung zur Meinung über Covid-19 nicht so tief ist. Ein Aufruf von christlichen Massnahmenkritikern für ein Fasten vor der Abstimmung fand nur unter sehr kleinen christlichen Splittergruppen Resonanz. Viel stärker war das Echo auf den Aufruf von Leiterinnen und Leitern zur Einheit im Manifest von Bern.

Ist das Impfen, abgesehen von den Einschränkungen, ein kontroverses Thema unter den Schweizer Evangelikalen? Warum ja oder warum nicht?
Der Dachverband Freikirchen.ch hat sich schon sehr früh in der Impfkampagne für eine Impfempfehlung ausgesprochen. Diese Impfempfehlung wurde durch führende säkulare Medien aufgenommen und weit verbreitet (20 Min). An einer Mitarbeiterkonferenz eines dem Dachverband Freikirchen.ch angeschlossenen Gemeindeverbands ergab eine Umfrage eine Impfquote von 84 Prozent der Teilnehmenden, was weit über dem Schweizer Durchschnitt liegt. Allgemein kann allerdings davon ausgegangen werden, dass evangelikale Christen eher für eigenständige persönliche Entscheide bei der Impffrage sind als für einen kollektiven Impfdruck.

Es hat wegen dieses Themas (zum Teil gewalttätige) Demonstrationen gegen die Regierung gegeben. Was kann getan werden, um die Spannungen in der Gesellschaft in Bezug auf dieses Thema abzubauen?
Es ist wichtig, dass das Gespräch zwischen den verschiedenen Meinungsträgern zu Covid-19 nicht abbricht. Vertrauen in die Regierung gehört in einer Demokratie zu den wichtigsten Säulen. Der Dachverband Freikirchen.ch hat sich in der Pandemiebekämpfung zur wichtigsten Stimme in der evangelikalen Christenheit entwickelt und steht für einen lösungsorientierten Umgang mit der Pandemie. Die Kontakte zu wichtigen Regierungsstellen wurden während der Pandemie verstärkt und der Mediendienst Christian Public Affairs (CPA) hat wichtige Kontakte im Parlament gepflegt. Diese aktive Pandemiegestaltung hat sehr viel Sicherheit und Einheit unter den Christen bewirkt.

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Datum: 06.12.2021
Autor: Peter Schneeberger / bearb. Reinhold Scharnowski
Quelle: Freikirchen.ch / Livenet

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