Chapman war zwanzig, als ein Freund ihn zu einer Predigt von James Evans einlud. Das war ein Wendepunkt in seinem Leben. Innerhalb weniger Tage wurde er zu Gott bekehrt. Er lernte aus dem Neuen Testament, dass Gläubige getauft werden sollten, also bat er Mr. Evans, ihn zu taufen. Der vorsichtige Prediger sagte: »Meinst Du nicht, Du solltest eine Weile warten und Dir die Sache durch den Kopf gehen lassen?« Chapman antwortete: »Nein, ich denke, ich sollte mich beeilen, der Anordnung Gottes zu gehorchen.« Diese klare und gehorsame Einstellung begleitete ihn sein Leben lang. Obwohl er ein erfolgreicher Jurist wurde, spürte er, dass der Herr ihn in die vollzeitige christliche Arbeit rief. Er hatte keinen Frieden, bevor er nicht alles hinter sich ließ, um Christus nachzufolgen. In seinem Fall bedeutete »alles hinter sich lassen«, seinen Besitz zu verkaufen, den Erfolg aufzugeben und dem Status und Ansehen seiner Anwaltskanzlei den Rücken zu kehren. Er wollte unter den Armen wirken. Es heißt ja: »Hat nicht Gott die weltlich Armen auserwählt, reich zu sein im Glauben, und zu Erben des Reiches, welches er denen verheißen hat, die ihn lieben?« (Jakobus 2,5). Wird nicht Armen gute Botschaft verkündigt? (Matthäus 11,5). Und hörte nicht die große Menge des Volkes Jesus gern? (Markus 12,35). Die Leute sahen diesen »aufgeschossenen lächelnden jungen Anwalt, der behutsam eine arme, altersschwache, blinde Frau führte, die niemanden hatte, der ihr half zum Gottesdienst zu kommen. Als sie so zwischen den Reihen entlang kamen, waren sie ein lebendiger Vorwurf für alle, die eine gesunde Lehre hatten, aber im praktischen Leben selbstsüchtig und lieblos waren.« Schließlich zog Chapman in ein Slum in Barnstaple – England – um die Ausgestoßenen zu erreichen. Es war eine Szene der Trunksucht, Unflätigkeit, Krankheit und Armut mit Ratten in den Gassen und verfallenen Bruchbuden. Und doch diente er beständig diesen Menschen, und sie waren immer willkommen, wenn sie ihn zu Hause besuchten. Er sagte: »Es gibt viele, die Christus predigen, aber nicht sehr viele, die Christus leben; mein großes Ziel ist es, Christus zu leben.« Nach Jahren sagte John Nelson Darby über ihn: »Er lebt das, was ich predige.« Als sein Mantel schäbig wurde, bekam er von einem gläubigen Freund einen neuen geschenkt, aber dieser sah niemals, dass Chapman ihn trug. Er hatte ihn einem armen Mann weitergegeben, der gar keinen hatte. Was Robert Chapman beunruhigte war, dass die Menschen dies für außergewöhnlich hielten. Seine Verwandten und Freunde waren durch diesen opferbereiten Lebensstil vor den Kopf gestoßen. Einer von ihnen entschied sich, Chapman zu besuchen, um zu sehen, was da vor sich ging. Als das Taxi vor Chapmans Haus hielt, rügte der Verwandte den Taxifahrer: »Ich bat Sie, mich zu Herrn Chapmans Haus zu fahren.« – »Das ist das Haus, mein Herr.« Als der Besucher nun im Haus war, fragte er bestürzt: »Robert, was tust Du hier?« »Ich diene dem Herrn an dem Platz, wohin er mich gestellt hat.« »Wovon lebst Du? Hast Du ein Sparbuch?« »Ich vertraue einfach dem Herrn und sage Ihm, was ich brauche. Er lässt mich nie im Stich, und so wächst mein Glaube, und die Arbeit geht weiter.« Der Besucher sah, dass die Speisekammer praktisch leer war und bot sich an, etwas zu essen zu kaufen. Robert sagte, er solle zu einem bestimmten Laden gehen. Tatsächlich war der Besitzer des Ladens schon länger erbittert und feindselig gegenüber Herrn Chapman gewesen. Als der Händler erfuhr, dass er die riesige Menge von Nahrungsmitteln an R.C. Chapmans Adresse liefern sollte, war er überwältigt. Er brachte die Sachen sofort zu Chapman mit Tränen ernsthafter Reue in den Augen, und bat um Vergebung. Darüber hinaus nahm er Christus als Herrn und Erlöser an. Gastfreundschaft wurde ein wichtiger Teil seines Dienstes. Chapman kaufte ein Haus, das dem seinen gegenüber lag und bat den Herrn, Gäste nach Seiner Wahl zu schicken. Er verlangte nichts, und niemand wurde gefragt, wann er abreisen wolle. Die Gäste wurden gebeten, jeden Abend ihre Schuhe und Stiefel vor die Tür zu stellen. Am nächsten Morgen waren sie aufpoliert. Das war die Art und Weise, wie Herr Chapman seinen Gästen die Füße wusch. Diese Gastfreundschaft eines Junggesellen belehrte die Gäste über ein Leben im Glauben und im Dienst für die Geschwister. »Bei Tisch herrschte große Heiterkeit – Worte voller Weisheit und Gnade hörte man ständig; aber es war kein Platz für eine Unterhaltung, die ins Unanständige abglitt. Es war eine Regel des Hauses, dass niemand schlecht über eine abwesende Person sprechen durfte, und jede Verletzung dieser Regel hatte einen festen, jedoch freundlichen Tadel zur Folge.« Die bekannteste Tugend Robert Chapmans war die Liebe. Einer seiner Kritiker schwor, dass er nie wieder etwas mit Chapman zu tun haben wollte. Er würde nie wieder mit ihm sprechen. Eines Tages kamen sie sich auf dem Gehweg entgegen. Chapman wusste genau, was der andere Mann über ihn gesagt hatte. Aber als sie sich trafen, umarmte Robert den Mann und sagte: »Lieber Bruder, Gott liebt Dich, Christus liebt Dich und ich liebe Dich.« Der Mann kehrte um und fing an, wieder in die Gemeinde zu gehen. Es scheint ganz unglaublich, aber ein Freund aus dem Ausland adressierte einen Brief einfach an: R.C. Chapman, Universität der Liebe, England. Der Brief kam an. Herr Chapman lehnte Teilungen wie Denominationen in der Kirche ab, aber er liebte jedes wahre Kind Gottes, ganz gleich welcher Richtung der Kirche es angehörte. Als eine Gruppe sich von seiner Gemeinde trennen wollte und das Gebäude beanspruchte, gab er ihrer Forderung nach. Als dann die Stadt ein Grundstück beanspruchte, das Chapman für einen Versammlungssaal gekauft hatte, trat er es ab. Er brachte solche Angelegenheiten nicht vor Gericht, obwohl er selbst ein guter Rechtsanwalt war. Wenn er persönliche Streitigkeiten lösen sollte, vermied er schnelle Entscheidungen sondern nahm Zuflucht zum Gebet. Als er einmal J.N. Darby wegen überstürzten Handelns tadelte, verteidigte sich Darby indem er sagte: »Aber wir warteten sechs Wochen.« Chapman erwiderte: »Wir würden sechs Jahre gewartet haben.« Chapman lebte diszipliniert und nahm sich Zeit für Gebet, Lesen des Wortes, Mahlzeiten, Besuche von Haus zu Haus, Speisung der Hungrigen, Hilfe für die Enteigneten, Predigten im Freien und das Lehren aus der Bibel. Er fastete an den Samstagen und stellte an seiner Drehbank Holzteller als Geschenke her. Einer seiner Biographen, Frank Holmes, sagte über ihn: »Wenige kamen ihm gleich in Heiligung, Charakter und Opferbereitschaft; aber dabei war er einfach und demütig wie ein Kind … Er war ein geistlicher Riese. Kein Zoll seines Ansehens war den fleischlichen Methoden von Werbefachleuten zu verdanken.« Christus lehrte seine Schüler, dass ihre Lebensart über dem Durchschnitt liegen muss, wenn sie etwas für Ihn erreichen wollten. Im Leben von R.C. Chapman war dieser Anspruch erfüllt. Einer seiner Verwandten war neugierig, was Robert veranlasste, zu leben wie von einer anderen Welt. Er bemerkte, dass »innere Kräfte, von denen er selbst nichts wusste, Chapman leiteten«. Er beschloss herauszufinden, was ihm fehlte. »Er erzählte Chapman ganz offen, was er vorhatte. Die beiden beteten und studierten die Bibel miteinander. Das Ergebnis? Der Besucher war ein veränderter Mensch, als er nach Hause ging. In unserer hochgestochenen Zeit mit ihren kniffligen Mätzchen und manipulierenden Strategien erscheint ein Mann wie Robert Chapman wie ein Marsmensch, wie jemand aus einer anderen Welt. Das stimmt auch. Er war es. Er lebte »unter dem Schirm des Höchsten … unter dem Schatten des Allmächtigen«. Es waren Menschen wie Chapman, über die A.W. Tozer schrieb: »Der wahrhaft geistliche Mensch ist tatsächlich seltsam. Er findet wenige, die mit ihm über das Thema seines höchsten Interesses sprechen wollen, so sitzt er oft still und in Gedanken vertieft inmitten lärmender religiöser Fachsimpelei. Dadurch bekommt er den Ruf, langweilig und zu streng zu sein – also wird er gemieden und die Kluft zwischen ihm und der Gesellschaft vergrößert sich. Er sucht nach Menschen, an deren Gewändern er den Geruch von ›Myrrhe, Aloe und Zimt aus den Elfenbeinpalästen‹ erkennen kann, und da er wenige oder gar keine findet, behält er die Dinge in seinem Herzen, wie Maria damals.«4 Lasst uns Nachahmer seiner Liebe und seiner Demut werden! Fortsetzung: Über dem Durchschnitt leben
Er lebt nicht für sich selbst sondern fördert die Interessen eines anderen. Er versucht die Menschen zu überreden, dass sie seinem Herrn alles geben, und er erbittet keinen Anteil für sich selbst. Er freut sich, wenn nicht er geehrt wird, sondern wenn sein Erlöser in den Augen anderer verherrlicht wird. Es ist ihm eine Freude, wenn sein Herr erhoben und er selbst nicht beachtet wird.
Datum: 05.02.2008
Autor: William Mac Donald
Quelle: Leben über dem Durchschnitt