Sohn starb mit 18 beim Surfen

«Mein eigenes Sterben hat an Schärfe verloren»

Herbert Geiser hat im letzten Jahr seinen 18-jährigen Sohn durch einen Surfunfall auf der Aare verloren. Im Livenet-Talk spricht er in grosser Offenheit darüber, was dieser Schlag mit ihm, seiner Ehe und seinem Glauben gemacht hat.
Herbert Geiser (Bild: Livenet)
Herbert Geiser

Herbert Geiser aus Heimberg BE ist Pastor, Gemeinderat und Vater von vier Kindern. Am 29. August 2020 erhielt er – abwesend von daheim – die Nachricht, dass sein 18-jähriger Sohn Nick beim Surfen in der Aare verunglückt ist. Nick wurde kilometerweit flussabwärts bei Münsingen geborgen und konnte trotz aller Bemühungen nicht wieder zum Leben gebracht werden.

Im Livenet-Gespräch mit Flo Wüthrich erzählt Herbert Geiser offen und sehr ehrlich, wie er den grausamen Tod seines Sohnes erlebt hat.

«Kein Wort für Eltern, die ein Kind verlieren»

«Wenn man einen Ehepartner verliert, ist man Witwe/r, wenn man die Eltern verliert, Waise. Aber für Eltern, die ein Kind verlieren, gibt es kein Wort», so leitet Wüthrich das Gespräch ein. Herbert Geiser ist gefasst, aber man merkt ihm den Schmerz an. «Nick hatte ein gutes Herz und setzte sich gegen Ungerechtigkeit ein. Er hatte einen verschmitzten Humor und vor allem in der Familie viel gelacht. Wir sind unglaublich stolz auf unseren Sohn», sagt er im Rückblick.

Er schildert den Tag des Unfalls und das dramatische Auf und Ab der Gefühle. «Meine Frau und ich konnten unseren Sohn nochmal sehen und streicheln, das tat uns gut und war sehr wertvoll.» Nach der ersten Woche der hektischen Aktivitäten bis zur Trauerfeier kommt eine lange Phase dessen, was man im allgemeinen «Verarbeitung» nennt. «Heute wache ich nicht mehr jeden Morgen mit dem Gefühl der unabänderlichen Situation auf», erklärt Herbert Geiser. «Aber wenn man ein Kind verliert, was passiert mit deiner Liebe? Sie wird eher noch stärker, aber sie findet ihr Gegenüber nicht mehr. Das bleibt.»

Kein Schaden für die Ehe

Der Tod eines Kindes kann eine Belastung für die Ehe sein – viele Ehen überleben so einen Verlust nicht. «Unsere Ehe hat diesbezüglich keinen Schaden genommen. Es hat uns eher stärker zueinander gebracht», bekennt Herbert Geiser. «Aber es ist eine Herausforderung, weil jeder wieder anders trauert. Ich trauere eher tränenreicher, kann auch darüber reden, was geschehen ist. Meine Frau trauert eher in der Stille und zieht sich zurück. Das Gute ist, dass wir immer zusammen reden konnten – das ist sehr wichtig.»

Engagement in der Politik…

Herbert Geiser hat sich als Gemeinderat in Heimberg wieder wählen lassen – bewusst, wie er sagt: «Das war für mich ein Stück Normalisierung des Lebens.» Er ist Gott dankbar, dass ein gutes Wahlergebnis diese Entscheidung bestätigt hat.

... und in der Gemeinde

Als Pastor ist die Trauerphase demgegenüber ganz anders, nicht so einfach. «Da muss man vor Menschen stehen, sein Herz offenlegen, du musst dich auf die Schicksale anderer Menschen einlassen, das ist anspruchsvoller.» Aber auch hier bleibt Geiser ehrlich: «Ich stehe auch in der Gemeinde dafür ein, dass der christliche Glaube nicht einfach eine Versicherung ist, dass Schweres nicht geschieht. Es ist eine Riesenchance, dass ich es der Gemeinde quasi 'vorleben' kann: Gott bewahrt uns nicht einfach vor Schicksalsschlägen, er lässt Schweres zu. Aber er trägt uns durch. Und die Gemeinschaft ist hier eine grosse Hilfe.»

Die Bibel eher lieber gewonnen

Man könnte verstehen, wenn Menschen in einem solchen Schmerz auf Distanz zur Bibel gehen. Geiser hat es anders erlebt: er ist immer wieder auf Stellen gestossen, die auf klare und überraschende Art zu ihm geredet haben; so war es beim Taufspruch – Nick hatte sich eine Woche vor seinem Tod taufen lassen – oder auch, wenn in der täglichen Bibellese plötzlich Worte lebendig werden, die man vorher nicht kannte. Oft sind es Worte, die mit dem Sterben und dem Gewinn zu tun haben.

Hoff-Nick

Zu Ostern will Familie Geiser wieder bewusst in der Gemeinschaft zusammenkommen: «Wir denken an Nick, behalten ihn im Herzen, lachen manchmal auch über ihn – es war ein Riesen-Privileg, ihn 18 Jahre zu haben.»

Simon Kaldewey von der FEG Steffisburg habe in der Abdankungspredigt das Wort «Hoff-Nick» geprägt, berichtet Herbert Geiser zum Schluss des Livenet-Talks: «Das ist genial. Wir werden ihn wiedersehen!» Diese Hoffnung trägt den 53-jährigen Berner. Und er bekennt: «Ich habe Gott schon oft um das Privileg gebeten, dass mein Sohn mich mal abholen kommt, wenn ich selbst an dieser Schwelle stehe». Möge es ihm gewährt werden.

Sehen Sie sich hier den ganzen Livenet-Talk mit Herbert Geiser an:


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Datum: 02.04.2021
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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