Und wenn ein geliebter Mensch mich zutiefst verletzt hat?
«Mein Vater nahm uns zu [meinem ersten Football-Spiel] mit. Ich erinnere mich einzig daran, dass er betrunken war, herumschrie und sich als Giants-Fan mit den Eagles-Fans anlegte», erinnert sich Jason Romano. «Und an die Rückfahrt, bei der ich verängstigt auf dem Rücksitz sass, weil mein Vater und meine Stiefmutter sich stritten und mein Vater über die gesamte Fahrbahn kurvte, weil er zu viel getrunken hatte. Das ist eine der frühesten Erinnerungen, die ich von ihm habe…»
Verpasste Momente
Jasons Eltern liessen sich scheiden, als er sechs Jahre alt war. Bald darauf begann sein Vater, exzessiv zu trinken. Und so beschreibt er die Beziehung mit seinem Vater auch als «Achterbahn zwischen gut und sehr, sehr schlecht». Wenn sein Vater nüchtern war, konnten sie gut miteinander reden – nur der Alkohol zerstörte vieles. Und er verhinderte, dass sein Vater an seinem Leben teilnahm. «Das erste Mal, als er eine Entzugskur machte, verpasste er mein Abitur. Er war auch in der Entzugsanstalt, als ich den Uniabschluss machte, zur Geburt meiner Tochter, zu unserer Hochzeit… Es waren viele dieser grossen Momente für einen Menschen und mein Vater war bei keinem dabei…»
Nach und nach setzte sich Verbitterung, Groll und Wut, ja sogar Hass gegenüber seinem Vater in ihm fest. Im betrunkenen Zustand rief der Vater seinen mittlerweile erwachsenen Sohn an und warf ihm unschöne Dinge an den Kopf. Und so verbot er seinem Vater jeglichen Kontakt mit der Familie.
«Vergib, so wie ich dir vergeben habe»
Mit 28 Jahren, im Jahr 2001, traf Jason die Entscheidung, sein Leben mit Jesus Christus zu leben. Er begann, in der Bibel zu lesen und erkannte, was Jesus am Kreuz für ihn und jeden Menschen getan hatte. Doch erst 2013, als sein Vater den Tiefpunkt erreichte, änderten sich die Dinge. «Ich begann, mich in ihn einzufühlen», erklärt der zu dem Zeitpunkt erfolgreiche ESPN-Produzent. «Ich begann, wirklich für ihn zu beten und die Bibel zu durchforsten, um zu sehen, was Christus dazu sagt. Und er sagte mir: 'Du musst vergeben, so wie ich dir vergeben habe…' Das sagte er mir ständig, jedes Mal. Und ich dachte: 'Ok, ich vermute, das beinhaltet auch meinen Vater…' Ich musste ihn wortwörtlich auf dasselbe Spielfeld setzen wie mich und uns mit den Augen Jesu anschauen.» Ihm wurde klar: Wenn er seinem Vater nicht vergab, war er der grösste Scheinheilige… wie konnte er sich noch Christ nennen, aber nicht vergeben wollen?
Befreit
Der Schritt zur Vergebung war letztlich nicht so sehr für seinen Vater, sondern vielmehr für Jason Romano selbst, denn es befreite ihn von dem Schmerz und der Wut, die er immer verspürt hatte. «Wenn wir uns entscheiden zu vergeben und für Vergebung leben, dann befreien wir uns selbst von der Wut, der Verbitterung und den Fesseln, die wir durchlebt haben.»
Seit 2013 ist Romanos Vater nüchtern. Die zwei konnten sich versöhnen und haben mittlerweile eine gute Beziehung. Doch Jason Romano weiss, dass Vergebung und Versöhnung nicht immer Hand in Hand gehen. «Viele Menschen machen Situationen durch, wo es Misshandlung seitens des ex-Mannes oder der ex-Frau gab. Mit diesem Menschen wird man sich vermutlich nicht versöhnen. Aber Sie können sich entscheiden, der Person zu vergeben, nicht weil sie es verdient haben, sondern weil Sie dadurch frei werden. Das ist die Idee dahinter.»
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Datum: 26.01.2018
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / CBN