«Ohne Jesus würde ich heute nicht mehr leben»
Michel Ferrand (52), aufgewachsen in Muri (AG), war jahrzehntelange auf der Suche nach Lebenssinn und Zugehörigkeit. «Damals wollte ich einfach anders sein als die andern.» Michel wusste nicht, womit er sich identifizieren wollte und konnte auch seine Träume nicht in Worte fassen. Schon während der Schulzeit fand er eine Clique und kam dadurch in Berührung mit Suchtmitteln.
Am Tiefpunkt angekommen
2003 brach Michel als 38-Jähriger auf der Strasse zusammen. Per Ambulanz wurde er ins Kantonsspital Basel geliefert. Durch seinen jahrzehntelangen Drogenkonsum hatte er seine Gesundheit ruiniert. Und jetzt, nach zwei Wochen mit hohem Fieber, machte sein Herz ernsthafte Probleme. Eine lebensgefährliche Herzoperation war nötig, um Michel überhaupt eine Chance zum Überleben zu geben. Sollte er jetzt am Lebensende angekommen sein? «Das kann doch nicht alles gewesen sein?», fragte er sich. Obwohl er in seinem Leben noch immer keinen tieferen Sinn erkennen konnte, wollte er doch nicht sterben.
Im Spital
In einem Zweierzimmer des Krankenhauses lernte Michel Josef kennen. «Der väterliche Mann gewann mein Vertrauen schnell», erinnert er sich. Seinen eigenen Vater hatte er einige Jahre zuvor verloren. Einen Verlust, den er nie richtig verarbeitet hatte – er war ja ständig unter Drogen: Kiffen, Alkohol, Kokain, Heroin und sporadisch auch andere Drogen. Die Zeit im Spital liess ihn jetzt zur Ruhe kommen. Und die vielen Gespräche mit Josef taten Michel gut. «Probier es mit Jesus!», forderte ihn Josef auf. «Erzähl ihm, was dich beschäftigt und dass du von den Drogen wegkommen möchtest.» Diesen Rat beherzigte er und erlebte sofort aufkeimende Hoffnung. Könnte ein sinnerfülltes Leben ohne Drogen doch Realität werden?
Scham überwinden
Eine gescheiterte Beziehung lag hinter ihm und Michel war sich seines Verschuldens dabei sehr wohl bewusst. Mehrmals verlor er auch seine Arbeitsstelle. Er sah sich gezwungen, über seine Süchte und anderen Probleme zu sprechen. Viel zu lange hatte er sich geschämt, von irgendjemandem Hilfe anzunehmen. «Als ich begann, Jesus meine Situation zu schildern, öffnete ich mich auch dafür, Hilfe von Menschen anzunehmen.» Josef hatte ihm eine Bibel und einen Kalender mit täglichen kurzen Andachten geschenkt. Diese las er regelmässig. Hin und wieder schlug Michel die vorgeschlagenen Texte sogar in der Bibel nach. Hoffnung auf ein normales Leben wuchs. Trotzdem konsumierte er weiterhin Drogen aller Art.
Kapitulation
Nach anderthalb Jahren erkannte Michel, dass er sein Leben nicht im Griff hatte. Er kapitulierte. In einer einsamen Stunde übergab er sein zerbrochenes Leben Jesus und meldete sich für eine dreiwöchige Entzugstherapie an. «Damals wurde mir klar, dass ich allein für mein Leben verantwortlich war.» Danach folgte Suchtberatung und er besuchte regelmässig die «Anonymen Alkoholiker» und eine christliche Gemeinde. Sein Drogenkonsum wurde immer geringer.
Angekommen
Er schloss sich verschiedenen christlichen Lebensgemeinschaften an, was ihm die nötige Stabilität zum Gesundwerden schenkte. Gleichzeitig merkte Michel, wie er anderen Menschen helfen konnte, ihr Leben auf Jesus zu bauen. Er wurde in Schulen eingeladen, um mit seiner Lebensgeschichte über die Gefahren von Suchtverhalten zu informieren. Er erzählte Arbeitskollegen und Mitbewohnern aus seinem Leben und wies sie unermüdlich auf Jesus hin. Anderen ein Wegweiser auf Jesus zu sein, gab Michels Leben einen tieferen Sinn. Heute lebt er in Thun, geht einer geregelten Arbeit nach und hat vor einigen Monaten geheiratet. «Ich habe gelernt, dass mein Leben nicht perfekt sein muss, um bedeutungsvoll zu sein. In Jesus erfahre ich heute die Zugehörigkeit, nach der ich mich immer sehnte. Meinen Glauben mit meiner Frau Priska und Freunden teilen zu dürfen, macht mein Leben reich!»
Ein Einzelfall?
Ja, Michel steckte wirklich tief in seinen Süchten. Vielen gelingt es nicht, nach derartigem Drogenkonsum jemals wirklich frei zu werden. Ein Grund, weshalb vielen Süchtigen kein Neuanfang gelingt, sieht Michel darin, dass sie sich zu wenig Zeit geben. «Mit dem Entzug ist es nicht getan. Gründliche Heilungsprozesse dauern Jahre. In dieser Zeit brauchen sie Begleitung und ein stabiles Umfeld.» So war es auch bei ihm. Trotz des langsamen Prozesses waren viele über Michels Veränderung positiv überrascht. «Du hast Glück gehabt!», sagte jemand. Doch Michel ist es wichtig, auf Jesus hinzuweisen. «Ohne Jesus würde ich heute kaum mehr leben. Und durch ihn gibt es Hoffnung für jeden – egal wie tief er in Problemen steckt.»
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Datum: 23.12.2017
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet