Buchneuerscheinung

CDU-Politiker: Menschen mit Behinderung sind eine Bereicherung

Frank Heinrich ist CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag und Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Der engagierte Theologe und Sozialpädagoge hat gerade zusammen mit Uwe Heimowski, Pastor und Referent für Menschenrechte, das Buch «Ich lebe! Ein Plädoyer für die Würde des Menschen» veröffentlicht.
CDU-Abgeordneter Frank Heinrich
Cover vom Buch «Ich Lebe!»

Schon das bundesdeutsche Grundgesetz unterstreicht: «Die Würde des Menschen ist unantastbar.» Doch was bedeutet das, wenn wir es mit kranken oder schwerbehinderten Menschen zu tun haben? Was bedeutet das, wenn wir vor der Frage stehen, ob sie zur Welt kommen dürfen? Frank Heinrich und Uwe Heimowski treten in ihrem Buch klar für den umfassenden Schutz des Lebens und die Würde des Menschen ein. Doch sie tun dies nicht aus einer programmatischen oder theologisch-theoretischen Perspektive. Stattdessen lassen sie Menschen zu Wort kommen, die von ihrem Alltag mit behinderten oder schwerkranken Angehörigen berichten. Es sind keine «Heile-Welt-Geschichten», längst nicht immer gibt es ein Happy End. Trotzdem unterstreichen alle Betroffenen ihr «Ja» zur Menschenwürde und zum Leben.

Talitha – eine falsche Prognose

Die Familie des Co-Autors Uwe Heimowski gehört selbst zu den Betroffenen. Sie erleben den Alptraum einer jungen Familie. Nach der ersten Freude über die Schwangerschaft mit ihrem dritten Kind erhalten sie die Diagnose: wahrscheinlich Down-Syndrom. Und in ihrer Angst und Betroffenheit hören sie immer wieder die Stimme des Arztes: «Man muss das Kind nicht bekommen.» Es folgt eine tiefe Krise für sie, in der sie sich schliesslich für das Kind entscheiden. Sie machen sich klar, dass bisher nur die Wahrscheinlichkeit auf eine Behinderung besteht – das Kind könnte ja auch gesund sein. Aber längst sagen sie: «Kind, sei willkommen! So wie du bist. Auch mit Behinderung.»

Tagebuchartig nehmen sie uns als Leser an die Hand und lassen sich über die Schulter und ins Herz schauen. Sie machen keinen Hehl aus ihren Zweifeln und Fragen. Und gleichzeitig wird ihr Glaube deutlich, der sie durch diese Zeit durchträgt. Als ihre Tochter schliesslich zur Welt kommt, erleben sie es wie ein Wunder, dass sie gesund ist. Sie wischen damit nicht die Probleme derjenigen weg, die tatsächlich ein Kind mit Down-Syndrom haben, aber ihr Umgang mit der Möglichkeit, dass ihr Kind behindert sein könnte, beeindruckt.

«David hat uns gerade noch gefehlt»

Als Kathrin und Andreas Körnich das vierte Kind erwarten, scheint erst alles normal, doch dann muss David mit einem Notkaiserschnitt auf die Welt geholt werden. Die Ärzte stellen eine Gaumenspalte fest, erklären den verunsicherten Eltern aber nicht, was das bedeutet – und die Informationsfülle des Internets ist auch nicht immer hilfreich. So erfahren siescheibchenweise die ganze Wahrheit: David ist körperlich und geistig schwer mehrfachbehindert. Nach dem ersten Schock fassen sie Mut und fördern ihn, so weit dies möglich ist. Die Mutter kümmert sich rund um die Uhr um David – eine grosse Belastung für die Familie. Doch trotz aller Schwierigkeiten merken sie: «David ist absolut lebensbejahend, er sprüht vor Lebensfreude und Mut, liebt und geniesst den Moment…

In der Kirchgemeinde in Zwickau ist David ein wichtiges Mitglied. Gerade seine grosse Lebensfreude ist ansteckend, und wie er seinen Glauben lebt, ist sehr motivierend für andere Menschen. Das bisherige Fazit der Eltern ist ein erschöpftes und doch augenzwinkerndes: «Grundsätzlich haben die Jahre mit David sehr viel Kraft und Zeit gekostet. Aber wir wollen sie nicht missen. Wir würden eher sagen: David hat uns gerade noch gefehlt!»

Tim – vom Herzfehler eingeholt

Als Tim zur Welt kommt, hat er einen irreparablen Herzfehler. Die Ärzte sagen Familie Friedel, dass ihr Sohn maximal zwei Jahre leben wird. Sie beschreiben das Wechselbad ihrer Gefühle, ein Leben zwischen Krankheiten, Fortschritten, Operationen, Rückfällen, Tränen und Freude. Sie erleben echte Hilfe und nervige Kommentare wie das Klassische: «Es wird schon wieder alles gut!» Nur, dass es nicht stimmt. Nach den ersten Startschwierigkeiten ist Tims Gesundheit lange erstaunlich stabil. Er geht sehr souverän mit seiner geringen Lebenserwartung um. «Weisst du, Mama, ich hab keine Angst vor dem Totsein, aber vor dem Sterben, weil ich nicht weiss, wie man das macht», erklärt er einmal. Mit 14 holt ihn seine Krankheit endgültig ein. Er lebt zwar noch ein paar Jahre, schafft sogar sein Abitur, doch mit 22 Jahren stirbt er – 20 Jahre später als prognostiziert.

Nicht vergleichbar und doch hilfreich

Keine der Lebensgeschichten im Buch erhebt den Anspruch: So solltest du es auch machen. Nirgendwo wird der moralische Zeigefinger gehoben. Doch trotzdem sprechen die Geschichten von Talitha, Ajmen, David, Marc, Tim und Marie eine deutliche Sprache. Auf seine Weise unterstreicht jedes einzelne Kind den Titel des Buches: «Ich lebe!» Bei der Buchvorstellung auf einer Pressekonferenz in Berlin unterstrich der Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe provozierend: «Menschen mit Down-Syndrom leiden nicht am Syndrom, sondern an den Reaktionen der Umwelt.» Menschen ohne Behinderung nannte er in diesem Zusammenhang «Schwerstmehrfachnormale», denn sie hätten nie gelernt, mit behinderten Menschen umzugehen, weil sie ihnen zu wenig begegnen würden. Sein Fazit wird dem Buch absolut gerecht: «Jeder Mensch ist deshalb wertvoll, weil er Mensch ist.»

Zum Buch:
«Ich lebe! Ein Plädoyer für die Würde des Menschen» (Schweiz / Deutschland)

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Datum: 29.02.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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