Punkbraut, Fledermaus und andere Paradiesvögel
Ja, da versammelt sich ein Teil der Braut Christi, nur mit dem Speziellen, dass viele davon schwarz gekleidet sind. Nach einem Jahr Pause mit Geländesuche geht das legendäre Festival der Jesus-Freaks bereits zum 23. Mal in Deutschland über die Bühne; dies im Gut Haarbecke, in der Nähe von Lüdenscheid.
Dass die jungen Wilden vom Gründungsjahr 1991 auch älter werden, zeigt sich besonders am Familienprogramm und den Kids-Angeboten mit rund 500 Kindern.
Internationale Schweizer
Auf dem «Freakstock» tummelten sich rund 3000 schwarzgekleidete Alternative, farbige Paradiesvögel und einige «Normalos». Die Holländer sind als Stimmungsmacher berühmtberüchtigt, sie stellten Poffertjes her und sorgten für eine Knaller-Tanzparty – ob Britney Spears-Lieder zu den Freaks passen, wird wohl erst in der Ewigkeit beantwortet werden.
Einige der Schweizer Freak-Fraktion infiltrierten das sogenannte «Artland», wo Künstler ihre Werke ausstellen konnten. Sowieso ist auffällig, dass sich immer wieder neue Besucher das Festival reinziehen und schnuppern wollen. So war zum Beispiel eine junge Gruppe aus dem Zürcher Oberland zum ersten Mal angereist und war begeistert. Wie in der christlichen Schweizer Alternativ-Szene, machten auch hier die Metaller einen beachtlichen Anteil aus – auffällige Langhaar-Stammgäste mit echtem Trinkhorn und in schwarzen Lederklamotten.
In derselben Halle, in der sich das Artland befindet, wurde eine Skater-Rampe aufgebaut, was für zusätzliche Bewegung und Begegnungen sorgte. Und in der hintersten Ecke war beim «Tausch-Rausch» reger Kleiderwechsel angesagt.
Mit Kröte und Fledermaus
Aus genau dieser Ecke flüchtete urplötzlich eine Fledermaus und hängte sich direkt an eine Ausstellungswand – welch ein Original-Kunstwerk. Als ihr der Tumult zuviel wurde, flog sie zurück; hoffentlich überlebte sie all den Lärm und die laute Musik. Auch eine Kröte wurde bei der Waschstation gesichtet. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie unmittelbar nahe das Gelände an Bach und Wald grenzte.
Jedenfalls passten diese tierischen Mitbewohner gut zu den naturnahen Workshops wie «Gegen die Strömung – Bachexkursion» und der Wald- und Wiesenkathedrale.
Nachhaltigkeit schreibt sich das Festival im Verpflegungs- und Sanitärbereich sowieso bewusst gross auf die Fahne; und dies nicht nur als Alibi-Übung.
Die rund 50 Workshops waren natürlich auch mit Glaubens- und Lebensthemen bespickt: Von «Mehr Himmel auf Erden – Das Vaterunser leben» bis hin zu «Gesprächsrunde für Alleinerziehende». Das neue Festivalgelände hat schonmal die Feuertaufe bestanden, obwohl bei vorübergehend überfliessender Sickergrube «Wassertaufe» wohl passender ist.
Weshalb es die Jesus-Freaks braucht
Es ist ähnlich wie beim Hauskreis, wo gesagt wird, dass man offen für Aussenstehende sei, jedoch nicht selber aktiv wird. Also kommen dann in der Regel auch keine Neuen dazu. So ist die durchschnittliche Kirche auch offen für alternative Menschen, erreicht sie jedoch in der Regel nicht. Dann macht es Sinn, wenn sich Gleichgesinnte selber organisieren. Dies gilt für die Hip-Hopper ebenso wie für Künstlertypen.
Die deutsche Hauptbewegung der Freaks befindet sich in einem Neustart, wo Leitungspersonen mit vielen engagierten Einzelfreaks das Schiff wieder auf Kurs bringen und mit neuem Schub versehen wollen. Es läuft ein Zusammenspiel der ersten Generation, wo viele direkt aus der säkularen Welt in die Familie Gottes geboren wurden und den «Frokis», fromme Kids, die im christlichen Elternhaus aufwuchsen. Es ist zu wünschen, dass es ein fruchtbares Miteinander wird, wo die Stärken der jeweiligen Wurzeln zum Zuge kommen.
Aktuell bewegt die Bewegung, dass Ehepaare und somit auch Familien in Zerreissproben stecken oder zum Beispiel neue Formen von geistlicher Gemeinschaft gesucht werden. Obwohl auch viele Jesus-Freaks den Weg in herkömmliche Gemeinden gefunden haben. Dies sind Themen, welche vielerorts im christlichen und gesellschaftlichen Umfeld mehr oder weniger brennend sind, nicht nur bei den Freaks.
Einem Weiterfeiern und -beten in den nächsten Jahren steht also nichts im Wege, so Gott will und wir leben und wiederum genügend motivierte Hände und Köpfe anpacken.
Zurück zur Kröte: Vielleicht war es ihre Gebetserhörung, dass bald einmal der ganze Duschbereich wegen Übernutzung geflutet war.
Zur Webseite:
Freakstock
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Datum: 16.08.2018
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet