Äthiopien

«Bewahrer der Bundeslade» beerdigt

Am Donnerstag fand das Staatsbegräbnis für Abune Paulos, den verstorbenen Patriarchen der orthoxoden Kirche Äthiopiens, statt. Obschon sich laut Paulos die Bundeslade in Äthiopien befindet, liegt das Land auf dem Weltverfolgungsindex – und verschlechterte sich in den letzten Jahren sogar erheblich.
Abune Paulos

Der Patriarch der Äthiopischen Orthodoxen Kirche (EOC), Abune Paulos, verstarb vergangene Woche, am 16. August, im Alter von 76 Jahren an einer ungenannten Krankheit.

Seit dem Jahr 1992 führte Abune Paulos die 40 Millionen orthodoxen Christen Äthiopiens, also rund die Hälfte der Bevölkerung. Zum Kirchenführer gewählt worden war er ein Jahr nach dem Sturz der kommunistischen Regierung von Mengistu Haile Mariam. In den 1980er-Jahren sass Paulos unter dem Derg-Regime, also der Militärregierung, im Gefängnis, danach lebte er mehrere Jahre in den USA im Exil.
Neben Abune Paulos starb nun in der Nacht auf Dienstag auch Premierminister Meles Zenawi – womit innerhalb kürzester Zeit gleich zwei wichtige politische Akteure und Garanten der Stabilität verstarben. Viele sorgen sich nun, dass Äthiopien ins Wanken geraten könnte.

Bundeslade im Land

Laut der äthiopischen Kirche befindet sich die Bundeslade (enthält die jüdischen Gesetzestafeln) an einem sicheren Ort in der äthiopischen Stadt Aksum und wurde einst von Menelik, dem Sohn Salomos und der Königin von Saba nach Äthiopien gebracht. Dies bekräftigte der äthiopische Patriarch Abune Paulos unter anderem in einem Interview mit der Zeitung «Die Welt».

Die äthiopische Orthodoxie zählt zu den ältesten und traditionsreichsten der Welt. Abune setzte sich auch für die Versöhnung zwischen Äthiopien und Eritrea ein. Die orthodoxe Kirche wurde zu einer der grössten Hilfsorganisationen für Kriegsflüchtlinge im eigenen Lande, auch versuchte er Sudans Darfur-Krieg zu befrieden, wozu er den sudanesischen Präsidenten Omar el-Bashir traf.

Einst Druck durch die Kirche

In früheren Jahren litten evangelische Christen unter Druck der orthodoxen Kirche. Ging in der Vergangenheit noch Verfolgung von dieser Seite aus, ist dies heute kaum mehr der Fall.
Dennoch ist die Lage insgesamt nicht besser geworden. Innerhalb der letzten zwei Jahre wurden Christen vermehrt Opfer von Angriffen, insbesondere in Gegenden, wo viele Muslime leben, die rund vierzig Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Vermehrte Übergriffe

Zwar lebt in Äthiopien eine christliche Mehrheit und die Verfassung Äthiopiens verspricht Religionsfreiheit, allerdings geniessen die einzelnen Verwaltungszonen eine bestimmte Autonomie. Und so kommt es in Gebieten mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung, besonders im Osten und Südosten, zu Übergriffen auf Christen und Menschen, die den Islam verlassen haben. Kirchen wurden mehrfach angegriffen und niedergebrannt und Christen teils ermordet. In anderen Fällen wurden Christen gezwungen, zum Islam überzutreten.
Mehr als 3'000 Christen mussten im März letzten Jahres die Region Jimma verlassen, nach einer Hetzjagd durch Islamisten, die im Ort 59 Kirchen niederbrannten und 28 Häuser von Christen zerstörten. Als Auslöser hatte ein Gerücht gereicht, wonach ein Christ den Koran entweiht habe.

Äthiopien auf dem Weltverfolgungsindex

Wegen der steigenden Anzahl an Übergriffen verschlechtert sich die ostafrikanische Nation auf dem Weltverfolgungsindex erheblich. Auf dem Index 2011 lag Äthiopien noch auf Rang 43 mit 30 Prozentpunkten. Aufgrund der Attacken und der schwierigeren Situation in mehreren Landesteilen findet sich der Staat auf dem Index 2012 nun auf Platz 38 wieder, mit einem Wert von 36 Prozentpunkten. Das sind sogar zehn Punkte mehr, als vor zehn Jahren: Anno 2002 lag Äthiopien auf Rang 47 mit 26 Punkten.

Datum: 23.08.2012
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Open Doors

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