Männerforum in Aarau

Thomas Härry: «Wir sind fast wie Gott»

Der Theologe Thomas Härry spricht am nächsten Männertag des Männerforums am 7. November in Aarau. Der Titel seines Referats irritiert und provoziert. Was hat es damit auf sich?
Thomas Härry

idea Spektrum: Thomas Härry, Ihr Thema lautet: «Wir sind fast wie Gott». Das klingt ein bisschen anmassend.
Thomas Härry: Ja, das ist eine gewagte Aussage! Und doch entspricht es dem, was Psalm 8 über uns Menschen sagt: «Du hast ihn (den Menschen) wenig geringer gemacht als Gott». David drückt damit sein Erstaunen darüber aus, wie sehr Gott uns Menschen würdigt. Er hat uns als seine Ebenbilder, ihm ähnlich, geschaffen. Ein Ausleger deutet es so: Gott orientiert uns nach oben, an sich selbst, er vergleicht uns nicht nach unten. Das finde ich eine grossartige Perspektive!

Was verändert sich durch diese Perspektive?
Es gibt viele Christinnen und Christen, die sich in falscher Weise klein machen. Sie werten sich und andere ab. Trauen sich nichts zu. Gehen kein Risiko ein und ziehen sich aus dem Leben und aus der Verantwortung zurück. Würden wir neu verstehen, wer wir in Gottes Augen sind und welcher Gestaltungsauftrag uns in Familie, Gesellschaft, aber auch im ganz persönlichen Leben gegeben ist, wir würden mutiger für Gott auftreten und handeln – selbst angesichts mancher Schwächen und Gebrechen, die wir auch haben.

Warum ist diese Perspektive nicht mehr vorhanden?
Bei einigen hat es mit Minderwertigkeitsgefühlen zu tun. Bei anderen ist es die Folge einer einseitigen Theologie. Man hat ihnen nur das eine vermittelt: Dass der Mensch in erster Linie schwach, vergänglich, ein Sünder und zu nichts Gutem fähig sei. Doch das ist nur die halbe Wahrheit und auch nicht das Erste, was die Bibel über den Menschen sagt. Der von Gott geschaffene Mensch ist zuerst einmal ein reich beschenktes, gesegnetes, mit Würde und Hoheit ausgestattetes Geschöpf. Man lese 1. Mose, Kapitel 1 und 2.

Dennoch – wir sind nicht Gott ...
Die Bibel sagt, der Mensch sei in dieser Welt wie Gras, das verdorrt. Auch das ist wahr. Ein jüdisches Sprichwort sagt, der Mensch trage einen Mantel mit zwei Taschen. In der einen ist Gold, in der anderen Staub. Das beschreibt treffend diese doppelte, paradox erscheinende Wahrheit über uns: In uns ist dank Gott Hohes, Heiliges. In uns ist aber auch Begrenzung und Unvollkommenheit. Auch als Christ erlebe ich beides.

Ist die Aussage nicht eine Überforderung?
Nicht wenn ich diese beiden Seiten gut zusammenhalte und weder links noch rechts vom Pferd rutsche. Ein ehrlicher Blick in mein Leben zeigt mir, wo meine Grenzen sind. Ein mutiger Blick zu Gott erinnert mich, wie sehr er mich würdigt, segnet und wertschätzt.

Was möchten Sie besonders den Männern mit diesem Thema auf den Weg geben?
Ich möchte Männer ermutigend herausfordern, sich selbst als von Gott Gesegnete und Befähigte zu sehen. Ich möchte sie einladen, ihr ganzes Leben für Gott in die Waagschale zu werfen. Sich von Fehlern und Wunden nicht lähmen, sondern von Gottes lebendig machender Kraft berühren zu lassen.

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Datum: 27.10.2015
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: Idea Spektrum Schweiz

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