Alpha-Kurs für Stripperinnen
Schliesslich
legte Gott uns diesen Dienst nur deshalb auf unser Herz, weil es auf seinem lag»,
erklärt Lu Hardy im Interview mit Livenet.Livenet: Lu Hardy, Sie haben den
Soho-Alpha-Kurs begonnen – was ist die Geschichte dahinter?
Lu Hardy: Ich arbeite für eine
Wohltätigkeitsorganisation namens «Third Space Ministries», bei der es darum geht,
Gottes Liebe in diesen Teilen der Gesellschaft weiterzugeben. Als Teil von «Third
Space Ministries» betreiben wir einen Dienst namens «Illuminate Soho», wo wir drei
Stripclubs pro Woche besuchen.
Bei jedem Besuch bieten wir unter anderem an, für die Frauen zu beten. Im Laufe der Zeit haben wir festgestellt, dass die Frauen uns mehr Fragen über den Glauben stellen, und so war der Start eines Alpha-Kurses eine natürliche Antwort auf diese Neugier.
Wie hat dieser Kurs das Leben
der Menschen, die daran teilgenommen haben, verändert?
Da wir die Frauen im Strip-Club
besuchen, also sozusagen an ihrem Arbeitsplatz, haben wir jeweils nicht so viel Zeit zum
Plaudern . Die Teilnahme am Alpha-Kurs bot den Frauen dann einen sicheren Raum, um zu entdecken, Fragen zu stellen und einige der Themen
anzupacken, die sie beschäftigen.
Jede Woche war wirklich aufregend, wir waren gespannt, wer alles auftauchte! Im Laufe des Kurses war es unglaublich zu sehen, wie die Herzen offener wurden. Die Gäste konnten Schritt für Schritt ihre Zurückhaltung fallen lassen und einige der besprochenen Themen erkunden. Wir hatten auch immer etwa 40 Minuten Zeit, um an diesem Tag für all die Gäste zu beten. Es war immer eine so schöne Zeit – für uns war dies der kraftvollste Teil des Kurse.
Können Sie ein oder zwei
Zeugnisse von Personen erzählen, die durch diesen Kurs völlig verändert wurden?
Während des ganzen Kurses war
eine besondere Besucherin mit dabei. Sie nahm an jedem Treffen teil. In der
ersten Woche blieb sie nach ihrer Schicht im Club die ganze Nacht auf, um ein
köstliches Lamm-Biryani-Gericht und ein veganes Biryani-Gericht zu kochen, das
sie mitbrachte, damit wir alle davon essen konnten. Jede Woche kam sie mit
etwas Köstlichem an, ob es nun hausgemachte türkische Fleischklösse oder
leckere Nudeln waren. Wir haben diesen Gast nie
gebeten, etwas mitzubringen, aber es war ihre Art, uns ihre Liebe und Dankbarkeit zu zeigen.
Wenn wir für unseren Einsatz am Donnerstag die Stripclubs besuchen, bieten wir gerne Gebet an. So sind wir dort inzwischen wirklich als Menschen des Gebets bekannt. Während dem Alpha-Kurs war eine Besucherin vom Gebet fasziniert. Sie erzählte eine Woche lang, wie sie seit ihrer Teilnahme am Alpha-Kurs gelernt habe, dass sie über alles beten kann und dass Gott sie erhört.
Wie viele Kurse haben Sie
jetzt mit Leuten aus der Rotlicht-Zone abgeschlossen?
Das ist das erste Mal, dass
wir so etwas ausprobiert haben. Wir besuchen die Clubs nun schon seit 14 bis 18
Monaten. Es ist erstaunlich, dass wir die Frauen jetzt gut genug kennen, um sie
auch zu Dingen ausserhalb ihres Arbeitsplatzes einladen zu können.
Gibt es andere Orte in
England oder auf der ganzen Welt, wo sich eine ähnliche Arbeit entwickelt hat?
In den USA gibt es eine ganze
Reihe von christlichen Diensten für Frauen, die in dieser Branche tätig sind. Aber ob es auch im Vereinigten Königreich noch andere ähnliche Projekte gibt, habe ich nicht herausgefunden. Dadurch, dass diese Arbeit eher im Untergrund stattfindet, hört man auch nicht viel davon. Wir mussten einen Mittelweg
finden zwischen Vertraulichkeit und dem Schutz und der Ehre der Menschen, denen
wir dienen sowie dem Wunsch, Zeugnis von Gottes Wirken zu geben. Er hat in den
letzten Jahren einige unglaubliche Dinge getan.
Was sind Ihre nächsten Ziele
und Projekte?
Covid-19 hat bedeutet, den
Dienst online weiterzuführen. Die Clubs sind derzeit geschlossen, so dass wir
uns hauptsächlich auf die Jüngerschaft konzentriert haben. Wir wollen den Frauen, mit denen wir bereits
eine Verbindung haben, Liebe und Unterstützung anbieten.
Wir haben eine Seelsorgeaktion, bei der jede Woche eine Frau vorbeikommen und Gebet in Anspruch nehmen darf. Ich verbringe auch Zeit damit, einige der Frauen einzeln anzurufen. Ich begleite sie mit Gebeten, höre ihnen zu und biete ihnen auf jede mir mögliche andere Weise Unterstützung an.
Was bewegt Sie persönlich in
Ihrer Arbeit am meisten?
Ich denke, wenn Christen
hören, dass wir in Strip-Clubs gehen, könnten sie sich oft fragen, warum wir
uns für einen so «dunklen Ort» entscheiden. Aber wir haben Gott auf die
unglaublichste Weise wirken sehen. Wir gingen durch die Strassen von Soho und baten Gott, uns ein Herz
für den Ort zu schenken, dass wir die Gegend so sehen, wie Gott sie sieht. Wir
sprachen Worte der Liebe, des Lebens, der Freiheit und der Kreativität darüber.
Als wir unsere Einsätze in den Clubs begannen, konnte ich nicht glauben, wie
sehr Gott bereits im Leben der Frauen dort wirkte! Aber warum sollten wir überrascht sein?! Wir
hatten Monat für Monat gebetet, dass er an diesem Ort unterwegs sein würde, und
er war es!
Schliesslich legte Gott uns diesen Dienst nur deshalb auf unser Herz, weil es auf seinem lag. Es fühlt sich wirklich wie das grösste Privileg an, von diesen Frauen Vertrauen zu erhalten und dass ihnen mit Rat und Gebet beistehen zu dürfen.
Zum Thema:
Sehnsucht nach Reinheit: Zuerst duschen und dann beten
10 Jahre «Heartwings»: «Sexkauf ist kein Menschenrecht»
«Ich bin unbezahlbar»: Junge Niederländer fordern Ende der Prostitution
Datum: 23.06.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet