Crescendo

USA orientieren sich an Europa

Christliche Kulturschaffende aus den USA orientieren sich an Europa, beobachtet «Crescendo»-Leiter Beat Rink im Interview mit Livenet. Kunst und christlicher Glaube gehören laut Rink zusammen.
Beat Rink und seine Frau (Bild: zVg)

Beat Rink, wie ist Crescendo in die Zeit ohne Corona-Beschränkungen gestartet?
Beat Rink:
Wir haben gemerkt, wie sehr sich Musiker wieder auf Live-Treffen freuen, zum Beispiel in den lokalen Kreisen oder in drei grösseren Konferenzen, die wir in diesem Frühjahr durchführen konnten. Unser jährliches Sommersinstitut erlebte eine frühe Anmeldungswelle: Schliesslich kamen 160 Musikstudierende aus 38 Ländern. Und natürlich sind wir sehr dankbar, dass am17. Juni in Basel die «Nacht des Glaubens. Festival für Kunst und Kirche» stattfinden konnte.

Crescendo war Initiant dieses Festivals. Wie geht es damit weiter?
Viele Leute fragen, ob es einen jährlichen Rhythmus gibt. Das wäre unrealistisch. Wir haben nichts weiter geplant, sondern freuen uns an dem, was wir erleben durften: dass viele Künstlerinnen und Künstler auftreten und tausende Besucher gute Kunst erleben durften, die den christlichen Glauben zum Thema hat.

Während Corona organisierten sie grössere Zoom-Treffen mit Musikern aus den USA. Wie hat sich dies weiterentwickelt?
Crescendo Nordamerika hat sich tatsächlich dank Zoom rasant entwickelt – in zwölf Städte hinein von New York bis Vancouver. Im Mai konnten wir erstmals die Leiter live in Chicago treffen. Fast täglich stossen neue Leute aus Nordamerika zu unserem Netzwerk und es entstehen Kreise in neuen Städten oder überregional wie jetzt gerade eine Initiative unter Orchestermanagern, angestossen vom langjährigen Leiter des Sinfonieorchesters von San Francisco. Dabei hören wir von christlichen Musikern sehr oft, dass sie unseren europäischen Ansatz brauchen.

Was heisst das?
Durch die christlichen Kirchen der USA geht ein politischer Riss, unter dem viele leiden. Darum orientieren sich viele Kulturschaffende an Europa. Das andere ist, dass wir hier bei Crescendo neue Formate entwickelt haben, die bisherige missionarische Konzepte, wie sie die amerikanischen Christen kennen – sagen wir: ergänzen. Dazu gehört etwa die Pflege von Freundschaften unter Kolleginnen und Kollegen, wie sie beispielsweise im Sommerinstitut entstehen oder bei unseren öffentlichen Jam Sessions im Bereich Jazz.

Was ist bei Crescendo in den letzten zwei Jahren Neues entstanden?
Ich nenne einmal zwei Dinge: Wir haben mit «Crescendo Dance» einen neuen Arbeitsbereich unter professionellen Tänzerinnen und Tänzern aufgebaut. Tanzschaffende sind als Christen oft sehr allein – vor allem in den grossen Balettkompanien. Darum stossen immer mehr aus den ganz grossen Häusern dazu. Auf Zypern gab es diesen Sommer ein erstes Live-Treffen, auch das war ein Höhepunkt. Zweitens macht uns Freude, dass unser Format der künstlerischen «Kirche kreativ» in der protestantischen Kirche Frankreichs grosse Aufmerksamkeit gewonnen hat. Man erkennt darin ein Konzept, um kreative Gaben in den Gemeinden zu fördern und kirchenferne Menschen anzusprechen. Seit zwei Jahren führt Crescendo diese «cultes artistiques» in mehreren Städten durch.

Was sind die Crescendo-Schwerpunkte im zweiten Halbjahr 2022?
Wir sind ein Arbeitszweig von Campus für Christus. Die west- und ost-europäische Arbeit hat nun fusioniert, weshalb wir noch mehr im Osten Europas tätig werden. Wir haben jetzt keine ganz grossen Projekte mehr vor uns – ausser einem Festival in Moldawien, das in diesem Herbst läuft. Das gibt Luft für die Konsolidierung der bestehenden Crescendo-Initiativen in den verschiedenen Ländern oder da und dort für neue Anstösse. Dazu dient auch unsere jährliche internationale Leiterkonferenz, die im Oktober in Rumänien stattfinden wird.

Was sind die nächsten Aufgaben von Crescendo?
Momentan macht uns natürlich unsere ukrainische Arbeit grosse Sorge. Unsere Crescendo-Leiterin ist derzeit in ihrem Heimatland, weil dort besonders unter Musikstudenten viel aufbricht. Anastasia, so heisst sie, war lange Zeit in Ungarn, aber es zieht sie wieder zurück und wir begleiten sie dabei, so gut es geht. Dabei vergessen wir auch unsere Arbeit in Russland nicht. Zum Beispiel geht in Moskau, wo übrigens auch ukrainisch-stämmige Musiker dabei sind, Crescendo intensiv weiter. Eine Herausforderung ist nach der langen Covid-Pause der Neu-Start unserer Musikschule in Ruanda. Wir konnten jetzt einen Schweizer Klavierlehrer für ein Jahr hinunterschicken, der mit unseren Partnern, der protestantischen Kirche von Ruanda, alles daransetzt, dass der Unterricht wieder beginnen kann.

Was soll die Arbeit von Crescendo auslösen?
Musik- und Tanzschaffende – das ist unsere engere Zielgruppe – sollen wie andere Kunstschaffende erfahren, dass ihre Kunst und der christliche Glauben nicht zwei getrennte oder Bereiche sind, sondern zusammengehören. Wir wollen auch mit seelsorgerlichen Angeboten und gemeinsamem theologischen Nachdenken dazu beitragen, dass dies geschieht. Dann wird Heilung und kreative Freisetzung erfahrbar, die auch nach aussen ausstrahlt. Zweitens wollen wir Menschen, die in der säkularen Kunstszene zuhause sind, Gottes Liebe nahebringen und sie in ihrer Sprache auf Jesus Christus aufmerksam machen. Auch wollen wir dazu beitragen, dass Kulturschaffende Zugang zu Kirchen haben und dass in Kirchen gute Kunst «zuhause» ist.

Was hat Sie persönlich in den letzten Monaten bei Ihrer Arbeit besonders begeistert?
Dass uns immer wieder besondere Menschen über den Weg geschickt werden, wie etwa ein Musiker aus dem Teheraner Sinfonieorchester, mit dem wir seit dem Sommerinstitut in Kontakt sind.

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Datum: 10.09.2022
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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