Raus aus dem Stress

Pilgerideen für den Urlaub

Ein Mann auf dem Jakobsweg mit der Pilgermuschel am Rucksack.
Man muss keine wochenlange Pilgerreise planen, um von Pilgerideen zu profitieren. Viele haben auch in einem normalen Urlaub Platz und helfen dazu, diesen zu etwas Besonderem zu machen.

Die Urlaubssaison beginnt! Und während einige sich glücklicherweise auf ein paar schöne Tage allein oder mit ihren Lieben freuen können, steigt für die meisten der Erwartungsdruck: zweieinhalb Wochen. Was muss da nicht alles hinein? Abenteuer und Erholung, Sport und Ruhe, natürlich sollte das Wetter passen und hoffentlich sind Unterkunft und Essen so gut wie erhofft. Dummerweise musst du vorher noch einmal Vollgas im Job geben, damit deine Arbeit wenigstens halbwegs geschafft ist und der Laptop nicht doch mit in den Urlaub muss. Gerade hat Anne Jeschke für die ZEIT über solche Ferien zwischen Vor- und Nacharbeiten, Überstunden und mitgenommene Diensthandys geschrieben: «Und das soll erholsam sein?»

Ein Patentrezept für den entspannten Urlaubsstart oder die sanfte Landung im Alltag danach kann sie natürlicherweise auch nicht bieten. Einige hilfreiche Ideen hat sie dennoch, weitere stecken zum Beispiel in der urchristlichen Praxis des Pilgerns – selbst ohne 889 Kilometer auf dem «Camino» zu laufen.

Runterfahren 20 Jahre nach Hape Kerkeling

Spannenderweise ist Pilgern immer noch ungebrochen im Trend. 2006 erschien Hape Kerkelings millionenfach verkaufter Bestseller «Ich bin dann mal weg» und löste eine wahre Pilgerwelle aus. Viele Pilgernde heute wissen gar nichts mehr von diesem Buch und sind trotzdem dabei, denn das Unterwegssein mit sich selbst, mit anderen und auch mit Gott entfaltet eine besondere Dynamik. «Pilgern als Glaube in Bewegung, das begeistert mich», hält Frank Karpa fest. Er ist Pilgerpastor der deutschen Nordkirche und leitet das Hamburger Pilgerzentrum. Wenn er die Vorzüge von Pilgerangeboten beschreibt, dann wird deutlich, dass es dabei nicht nur um Gewaltmärsche in Nordspanien geht, sondern eher um eine Haltung, die man eigentlich in jeden Urlaub mit hineinnehmen kann: «Pilgerwege sind selten so, wie man es geplant hat. Man muss in der Lage sein, das, was der Weg in der jeweiligen Situation neu von einem will, zu erkennen und darauf flexibel reagieren. Und dabei ist Humor eine total hilfreiche Eigenschaft, weil er einem hilft, sich selber und das eigene Vorhaben nicht zu ernst zu nehmen.»

Wie wäre es, wenn du einige Gedanken des Pilgerns in den normalen Jahresurlaub integrierst? Es geht nicht darum, aus einem Badeurlaub für die Familie eine grosse Wanderung zu machen, sondern Wege zum Abschalten, Erholen und Auftanken zu finden.

Pilgerideen für den Urlaub

  • Dein Urlaub beginnt nicht erst am Zielort: Der gesamte Weg gehört dazu. Geniesse die Strecke. Wenn du Zeit hast, fahr doch mal den schöneren Umweg. Und wenn nicht, dann nutze schon die Anfahrt zum Reden, zum Spielen oder einfach um dir klarzumachen, dass Gott gerade mit dir unterwegs ist.
     
  • Lass Langeweile zu. Klar ist das mit Kindern nicht so einfach, die nach wenigen Minuten fragen: «Was soll ich tun? Mir ist langweilig…» Aber du schaffst es problemlos, neben Aktivitäten auch unverplante Zeit zu haben. Zeit für dich. Zeit, die Gedanken einmal kreisen zu lassen – oder einfach gar nichts zu denken, einfach nur zu sein.
     
  • Sei draussen in der Natur. Selbst beim Städtetrip, wo du dir die Füsse auf der Strasse plattläufst, kannst du einen Abstecher in einen Park oder den botanischen Garten machen und einmal Natur auftanken. Du wirst staunen, wie positiv die Erinnerung daran nach einem vollen Kulturtag ist.
     
  • Geh spazieren. «Komm, Gott, wir drehen gerade mal eine Runde zusammen…» Das kann eine schöne Tageswanderung sein, zu der du Gott konkret einlädst. «Wenn du mir etwas sagen möchtest: Jetzt habe ich Zeit. Und sonst gehen wir einfach zusammen.» Aber das kann genauso ein zehnminütiger Spaziergang an jedem Abend sein.
     
  • Staune! Suche jeden Urlaubstag etwas, worüber du staunen kannst, was dich fasziniert, begeistert, freut. Egal ob das eine riesige gotische Kathedrale ist oder ein Gänseblümchen am Wegrand.
     
  • Rechne damit, dass Gott dir Menschen in den Weg stellt. Eine typische Pilgererfahrung ist es, dass man immer mal wieder mit Fremden ins Gespräch kommt, dass man immer wieder denselben Leuten über den Weg läuft. Stell dir vor, die Servicekraft im Hotel oder der nette Senior auf der Parkbank wären da, weil sie dir etwas von Gott auszurichten hätten. Oder kannst du ihnen etwas mitgeben?
     
  • Geh ruhig mal an deine Grenzen. Wer erholungsbedürftig ist, sucht oft lieber die Strandliege als die Anstrengung, dabei öffnet Schwitzen neue Horizonte. Frank Karpa meint: «Zum Pilgern gehört die Erschöpfung dazu. Seine körperlichen Grenzen kennenzulernen, das ist Teil der Übung. Wenn wir pilgern, verlassen wir ja bewusst unsere Komfortzone. Und dazu gehört auch, dass man manchmal an seine Grenzen geht und erlebt, wozu man in der Lage ist.»
     
  • Bleib unterwegs. Die «Peregrinatio», das Pilgern, ist eigentlich nichts anderes als ein «Leben in der Fremde». Ein Urlaub in Italien oder im Harz kann dieses Gefühl durchaus verstärken, unterwegs und noch nicht am Ziel angekommen zu sein. Es enthält einen gewissen Stressfaktor, aber in erster Linie ist es entspannend: «Das ist noch nicht das Ende. Ich bin noch nicht am Ziel, aber auf dem Weg dahin – und es tut gut, dass du, Gott, mit mir dorthin unterwegs bist.»

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Datum: 26.06.2024
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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