Zwölf Leitsätze
1. Macht bejahen
Nehmen Sie Ihre Macht an und üben Sie sie aus, mit Mut und Vertrauen, Freude und Dank, aber auch mit Achtsamkeit und Respekt, Sorge und Furcht. Je mehr Macht Sie haben, desto mehr Verantwortung haben Sie für das Gute. Nehmen Sie auch Ihre Ohnmacht an, in Geduld und Demut. Tun Sie, was nötig und möglich ist: nicht mehr – Sie würden sich und andere überfordern, aber auch nicht weniger – Sie würden Ihrer Verantwortung nicht gerecht werden.
2. Zielen dienen
Überlegen Sie, welchen Zielen und Werten Ihr Handeln dient. Läutern Sie diese auf das Gute und Gerechte hin. Prüfen Sie nüchtern und ehrlich Ihre Motive. Stehen Sie zu Ihren Überzeugungen, auch wenn diese Ihrem Fortkommen schaden. Nachhaltigkeit ist wichtiger als Erfolg.
3. Kommunikation üben
Binden Sie die Ihnen anvertrauten Menschen in Entscheidungen ein. Suchen Sie das direkte und ehrliche Gespräch. Versuchen Sie, die Aussagen Ihrer Untergebenen eher zu retten als zu verurteilen. Behandeln Sie sie mit Respekt und Wohlwollen. Sie können nicht immer alles sagen, aber was Sie sagen, soll wahr sein.
4. Untergebene einbinden
Versuchen Sie, transparent und im Konsens mit den Betroffenen zu entscheiden. Delegieren Sie, was möglich ist. Motivieren Sie Ihre Untergebenen zum gemeinsamen Handeln. Wägen Sie vor einem allfälligen unpopulären und schmerzhaften Entscheid ab, ob der sachliche Vorteil den menschlichen Nachteil aufwiegt.
5. Interessen wägen
Prüfen Sie regelmässig, welchen Interessen Sie dienen: eigenen oder fremden, lauteren oder egoistischen, materiellen oder geistigen, denen der Institutionen oder denen der Menschen. Orientieren Sie die Interessen auf das allgemein Gute hin. Lernen Sie Ihre Schwäche kennen und suchen Sie Mittel, sie auszugleichen.
6. Beziehungen gestalten
Suchen Sie zu den Ihnen Anvertrauten sowohl Nähe und Vertrauen als auch Distanz und Sachlichkeit. Wägen Sie gut ab, mit wem und wie Sie Freund sein können. Nutzen Sie Beziehungen für das Wohl aller und tun Sie alles mit Liebe.
7. Leiden erdulden
Ertragen Sie die Unreife anderer, aber auch Ihre eigene. Lassen Sie sich nicht von Ungeordnetem und Chaotischem hinreissen. Halten Sie die Einsamkeit des Mächtigen aus und füllen Sie sie kreativ. Legen Sie öfter Ihr Machtgewand ab und pflegen Sie ein ausgleichendes Privatleben.
8. Wirklichkeit anerkennen
Seien Sie gehorsam gegenüber der Realität. Akzeptieren Sie Ihre Welt, wie sie ist – nicht, wie Sie sie haben möchten. Seien Sie nüchtern und demütig, und nehmen Sie sich nicht so wichtig.
9. Angst beherrschen
Lernen Sie Ihre Ängste kennen, vor Verlust und vor Untergang, vor Konkurrenz und vor Verachtung. Distanzieren Sie sich von den Ängsten und lernen Sie zu beurteilen, welche unbegründet, welche hingegen Indizien für Überforderung und Gefahr sind. Geben Sie Ihren Ängsten nicht zu schnell nach.
10. Hilfe suchen
Lassen Sie sich durch gute Freunde ehrliches Feedback geben, durch kompetente Fachleute kritisch begleiten und durch begabte Mitarbeiter tatkräftig helfen. Gute Berater sind solche, die nicht von Ihnen abhängen und frei urteilen. Nehmen Sie keine Aufgabe an, die Sie psychisch oder physisch überfordert.
11. Barmherzig sein
Seien Sie nachsichtig mit sich und mit anderen. Gott ist immer viel barmherziger, als wir uns das vorstellen, und verlangt von Ihnen nicht mehr, als Sie können. Daher hat auch kein anderer das Recht, Sie zu überfordern. Wenn Ihnen für die Bewältigung Ihrer Aufgabe bestimmte Gaben fehlen, gestehen Sie sich den Mangel ein und delegieren Sie die Arbeit.
12. Gott die Ehre geben
Suchen Sie nicht Ihre, sondern Gottes Ehre. Die Ehre Gottes besteht in Recht und Frieden, in lebendigen und frohen Menschen, in Liebe und Eintracht aller. Wenden Sie alle menschlichen Mittel an, als ob es keine göttlichen gäbe – und die göttlichen, als ob es keine menschlichen gäbe.
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Datum: 29.03.2019
Autor: Stefan Kiechle
Quelle: Magazin INSIST