Für Alt gibt es keinen Zweifel: Der ökologische Jesus, das ist jener Jesus, "der unendliches Vertrauen in die gute Schöpfung des himmlischen Vaters hat. Wer Gott vertraut, dem ist alles möglich." Dieser Satz aus dem Markusevangelium, der das Urvertrauen widerspiegelt, signalisiert zugleich die Möglichkeit zur Umkehr. Ungeachtet aller Zerstörungen, Katastrophen und drohenden Gefahren vermittelt Alt mit seinem Buch eine Botschaft der Hoffnung. Die Jesus-Strategie sieht Auswege selbst in scheinbar ausweglosen Situationen, betont er und verweist auf die Fülle wunderbarer und hilfreicher ökologischer Bilder in der Bibel. Alt's Anliegen ist es, "Jesus heute zu zeigen, ihn heimzuholen in die Wirklichkeit unserer Zeit". Dieser offene, historisch unbelastete Blick auf die Bibel erlaubt es ihm, hinter den Worten des Naturbeobachters und Naturpoeten Jesus den Weg zu einer religiösen und spirituellen Kreativität aufzuspüren. So enthält sein Buch eine Vielzahl praktischer Handlungsanweisungen für ein schöpfungsgemässes Leben, Arbeiten und Wirtschaften. Anhand zahlreicher Beispiele erläutert er, wie wir in den Bereichen Energie, Verkehr und Landwirtschaft eine ökologische Wende herbeiführen können. "Warum eigentlich holen wir noch immer Erdöl aus Saudi-Arabien und Kuwait, Erdgas aus Sibirien und Uran aus Südafrika nach Mitteleuropa, anstatt die heimischen Sonnenstrahlen, die heimischen Windströme, die heimische Wasserkraft und die heimische Energie vom Acker und Wald direkt vor unserer Haustür zu nutzen?" So fragt er und propagiert ein neues Solarzeitalter. "Die Sonne ist unbegrenzt verfügbar. Keine andere Energiequelle ist so umweltfreundlich und so preiswert." Alt zeigt auf, dass kluge Verkehrspolitik mehr sein kann als nur stupide Autopolitik und dass die wichtigsten Helfer der Landwirtschaft nicht die Chemiedünger sind, sondern Sonnenstrahlen, Regen, Würmer und Ameisen. Franz Alt entwirft in seinem Buch die Vision eines ökologischen Wirtschaftswunders im Gleichgewicht mit der Natur. Und er bringt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass wir im Vertrauen auf einen schöpferischen Vater dieses Wunder schaffen werden. Dabei hat er das positives Gottesbild vom allumfassenden liebenden Vater. "Vertrauen, hoffen, lieben", das ist für Alt die wichtigste Botschaft Jesu. Hier noch ein paar Auszüge aus seinen Thesen: „Die meisten Christen und Theologen haben offensichtlich vergessen, was Jesus über das Säen und Ernten, das Essen und Trinken, über Nahrung und Natur, über Wurm und Wolf, über die Vögel des Himmels und die Lilien des Feldes und über die Perlen, die man nicht vor die Säue werfen soll, gesagt hat. Der ökologische Jesus bringt neue Bilder in die Welt. Seine Theologie ist Vita-logie und Öko-logie im besten Sinne des Wortes. Jesu "Vater" ist verliebt in die gesamte Schöpfung - auch in Tiere und Pflanzen, in Wasser, Luft und Erde. Bei Jesus finden wir, wenn wir nur genau und sensibilisiert durch die heutige Öko-Krise hinschauen, die ethische Begründung für das Solarzeitalter. "Unser himmlischer Vater lässt seine Sonne scheinen auf böse wie auf gute Menschen", das heisst für alle, sagt Jesus mitten in der Bergpredigt. Für alle! Die "Sonne des Vaters" schickt uns jeden Tag 15.000 mal soviel Energie auf die Erde wie alle Menschen zur Zeit verbrauchen. Das macht sie voraussichtlich noch rund viereinhalb Milliarden Jahre, während das Erdöl in vierzig oder fünfzig Jahren zu Ende geht. Die Lösung aller Energieprobleme steht am Himmel. Und 70 Prozent aller Umweltprobleme sind Energieprobleme. „Wir müssen lernen, Jesu Anliegen heutig zu machen, seine Bilder zu übertragen mitten in die Probleme und Bedrängnisse unserer Zeit und ihn heimholen in unsere Wirklichkeit. Die äussere Energiekrise spiegelt unsere innere Energiekrise. Heilung und Rettung kann nur von innen kommen, meint Jesus: "Das Reich Gottes ist inwendig in euch." Jesus hat vor 2000 Jahren in seinen Geschichten vom Sämann und Acker, vom "Wasser des Lebens" und vom "Wunder des Wachsens" eine spirituelle Ökologie entwickelt und gelebt. In dieser Jesus-Strategie sieht Alt das Überlebensprogramm für das neue Jahrtausend. Jesus war so sehr Ökologe wie Theologe - seine Ökologie ist eine Tiefenökologie, die heute endlich die vielen technischen Umweltfortschritte mit einer zeitgemässen Überlebensethik verbinden und einzig dadurch den Durchbruch zu einer ökologischen Wirtschaft schaffen könnte. Die Umweltbewegung und Umweltpolitik bedürfen einer ökologischen Ethik und die Ethik muss endlich ökologisch werden. Sogar Michael Gorbatschow hat einmal in einem Interview gesagt, dass wir viel von Jesus lernen müssten, wenn das 21. Jahrhundert ein gutes werden soll. Die Jesus-Strategie aber sieht Auswege selbst in scheinbar ausweglosen Situationen. Der verlorene Sohn wird von seinem Vater voller Freude aufgenommen. Das heisst: Umkehr und Wandel sind immer und grundsätzlich möglich. In der grössten Krise liegt immer und zugleich die grösste Chance, lehrt Jesus: "Wer Gott vertraut, dem ist alles möglich" (Markus 9, 23). Jesu Hinweise, dass wir immer nur ernten können, was wir säen, heisst für die heutige Landwirtschaftspolitik: Wer Chemie sät, erntet das Gift in seinen Produkten. Wer aber ökologische Landwirtschaft betreibt, dem gehört die Zukunft. Oder auch: Wer Atomkraftwerke baut, wird Atomunfälle ernten. Wer aber Sonne, Wind, Wasser und nachwachsende Rohstoffe als Energieträger nutzt, wird sichere, preiswerte, umweltfreundliche und klimaverträgliche Energie ernten. Jesus spricht von Blumen und Brot, vom Backen und Bauen, von der Erde und den Engeln, von Frucht und Frieden, von Geburt und Geld, von Gott und Gras und Geist, von Hecken und den Herden, von Leben und Licht, von Nahrung und Nattern, von Sonne, Sand und Senfkorn, von Regen, Reben und Reifen, vom Sämann, von Samen und vom Sauerteig, vom Schaf und Säugling, vom Sterben und von den Strömen lebendigen Wassers, von der Umkehr, vom Verstehen und Versöhnen, vom Verwüsten und von den Vögeln, vom Wachsen und Wundern, von Wein und Weiden, von der Weisheit und vom Weizen, von der Wurzel und von der Wüste. Und dieser Jesus, der in diesen Bildern sprach, soll nicht ökologisch sein? Das können bis heute nur eine total von der Natur und dem Leben entfremdete und verkopfte Theologie behaupten. Die ökologische Seite von Jesus macht es deutlich: Gott spiegelt sich in seiner Schöpfung. Die Natur ist die wahre Offenbarung seines schöpferischen Vaters. Die Natur wird denen treu sein, die dem ökologischen Jesus und seinem Vater vertrauen. Ein tiefes Verstehen des ökologischen Jesus würde revolutionäre Folgen haben. Seine Lehre und sein Leben handeln von der Heiligkeit der Schöpfung, das heisst von Heil-Sein und Wieder-Heil-Werden der Natur. Die heilige, das heisst unbeschädigte Schöpfung: das sind Schweine ohne Schweinepest, Rinder ohne Rinderwahn, Menschen ohne umweltbedingte Allergien und ohne Hautkrebs durch das Ozonloch. Heilige Schöpfung: Das ist reines Wasser und saubere Luft, gesunde Wale und gesunder Wald. In Markus-Evangelium sagt Jesus: "Mit der neuen Welt Gottes ist es wie mit der Saat und dem Bauern: Hat der Bauer gesät, legt er sich nachts schlafen, steht morgens wieder auf - und das viele Tage lang. Inzwischen geht die Saat auf und wächst; wie, das versteht der Bauer selber nicht. Ganz von selbst lässt der Boden die Pflanzen wachsen und Frucht bringen. Zuerst kommen die Halme, dann bilden sich die Ähren, und schliesslich füllen sie sich mit Körnern. Sobald das Korn reif ist, fängt der Bauer an zu mähen; dann ist Erntezeit" (Markus 4, 26-29). Das hier so selbstverständlich gesprochene "von selbst" ist der entscheidende Beweger aller Naturvorgänge. Dieses schöpferische Geschehen ist das Gegenteil des menschlichen Machens und Müssens. Hier herrscht göttliche Souveränität und nicht menschlicher Wille oder menschliches Wollen. Die Sonne scheint "von selbst", der Wind weht "von selbst", das Wasser fliesst "von selbst" und reinigt sich "von selbst" und Bäume und Pflanzen wachsen "von selbst" - wir müssen nur empfangen lernen, was die Natur uns weitgehend kostenlos zur Verfügung stellt. Sonne, Wasser und Wind schicken uns keine Rechnung. Jesus war kein Verzichtsapostel. Er postuliert im Gegenteil die "Fülle des Lebens" und ein "Leben im Überfluss" (Johannes 10, 10). Sein ganzes Wollen lässt sich so zusammenfassen: Liebe das Leben und lebe die Liebe, dann erfährst du die Fülle des Lebens." Franz Alt (Jahrgang 1938) studierte Politische Wissenschaften, Geschichte, Philosophie und Theologie. Seit 1968 arbeitet er beim SWF. 20 Jahre moderierte er das Politmagazin „Report”. Seit 1992 Leitung der Sendereihe „Zeitsprung” im SWF und seit 1997 des Magazins „Quer-Denker” in 3SAT. Neben den von ihm moderierten Sendungen hat sich Franz Alt als Buchautor einen Namen gemacht (”Frieden ist möglich”, 1983, „Liebe ist möglich”, 1985, ”Jesus - der erste neue Mann”, 1989 u.a.) sowie durch sein engagiertes Eintreten für ökologisches Handeln. Hierfür erhielt er u.a. den Umweltpreis „Goldene Schwalbe” (1992) sowie den „Europäischen Solarpreis”(1997). Franz Alt: "Der ökologische Jesus - Vertrauen in die Schöpfung"Überlebensprogramm
Ökologische Krise von innen verstehen
Von Jesus lernen
Grosser Naturbeobachter
Verlag Riemann
Umfang: 352 Seiten
Ladenpreis: € 13,00 [D] / € 13,40 [A] / sFr 23,30
ISBN: 3-570-50024-1
Datum: 28.05.2003
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch