«Niemand hielt es in meiner Nähe aus…»
Mit nur 17 Jahren geriet José Eduardo da Silva durch die falschen Freunde in den Drogensumpf. Mit 26, verheiratet und mit einer Tochter, entschied er sich endgültig für die Sucht und landete schliesslich auf der Strasse.
Drei Jahre lang lebte er in den Strassen der brasilianischen Stadt Porto Alegre. «Ich war dünn, hatte lange Haare und lief barfuss in schmutziger, zerfetzter Kleidung herum», berichtet Eduardo heute. «Niemand hielt es in meiner Nähe aus, noch nicht einmal die anderen Bettler… Als ich mich für die Sucht entschied, verlor ich alles, alles was ich hatte. Ich verlor meine Familie, meine Freunde, meine Würde. Ich lebte wie ein Tier und ass Essensreste aus dem Müll.»
Ein Teller Suppe mit Folgen
Doch dann änderte sich alles schlagartig. Eduardo hörte von einer sozialen Arbeit der evangelischen Gemeinde «Templo de Oração» (Gebetstempel) im Süden der Stadt. «Ich wollte nichts von Religion wissen, aber ich war sehr hungrig. Als ich sah, dass sie den Menschen, die auf der Strasse leben, Essen verteilten, ging ich hin und erhielt ebenfalls einen Teller voller Suppe. Dann begann ich, auf das zu hören, was der Pastor da erzählte. Alles machte Sinn für mich. Deshalb stellte ich mich ihm hinterher vor und bat die Gemeinde um Hilfe.»
Nur wenig später übergab er sein Leben Jesus Christus. Er durfte in der Gemeinde wohnen und mit der Hilfe von zwei Pastoren kam er ohne ein spezielles Rehabilitationsprogramm von den Drogen los. Bis heute hatte er keinen Rückfall. Doch dass er sich jetzt, nur zwei Jahre später, vollständig erholt hat, das schreibt José allein seinem Glauben an Jesus Christus zu.
«Ich weiss, wie viel Zuwendung sie brauchen!»
Heute ist Eduardo da Silva erneut verheiratet, seine Tochter kommt ihn jedes Wochenende besuchen. Doch einfach nur ein neues Leben war ihm nicht genug. Die extreme Veränderung, die er erleben durfte, weckte in ihm den Wunsch, anderen zu helfen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. «Ein Bettler ist für die Gesellschaft unsichtbar. Die Leute gehen an ihm vorbei, sie sehen in ihm keinen Menschen. Ich war einer von ihnen, deshalb weiss ich, wie viel Zuwendung sie brauchen!»
Vor einem Jahr gründete der heute 30-Jährige mit dem Rückhalt der Gemeinde, zu der er gehört, das Projekt «Missiões e Evangelismo Valentes de Davi» (Mission und Evangelisation Die Mutigen Davids). Er sammelt Lebensmittelspenden, Kleidung und Geld, um sie an Bedürftige weiterzugeben. Ausserdem kocht er jeden Tag in der eigenen Küche Essen für 20 Personen, das er dort dann an Obdachlose verteilt. Er spricht mit jedem Einzelnen, erzählt ihnen vom Evangelium und betet mit ihnen. «Das Schlimmste ist, wenn ich gerade den letzten Rest aus dem Topf gekratzt habe, und dann noch ein weiterer Obdachloser kommt, um zu essen. Dann könnte ich weinen, weil ich ihm nichts mehr anbieten kann…» Sein grösster Wunsch ist, die Möglichkeit zu haben, täglich für 200 Bedürftige zu kochen.
Einsatz für die Zukunft der Menschheit
Nachmittags verteilt er ausserdem Snacks und Milch an Kinder, die in den Dörfern in der Umgebung von Porto Alegre leben. «Ich habe mich entschlossen, auch Kindern, die in extremer Armut leben, zu helfen, weil sie die Zukunft der Menschheit darstellen», erklärt José Eduardo. «Wenn sie älter sind, werden sie sich an diese Geste der Zuneigung erinnern, und das könnte die Richtung ihres Lebens beeinflussen.» Das Essen verteilt er ganz allein, manchmal auf dem Fahrrad, manchmal zu Fuss. «Wenn ich heute sterben sollte, und es geschafft habe, eine Person zurückzugewinnen, dann hat sich die ganze Mühe gelohnt!»
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Datum: 14.09.2015
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Diario Gaucho / Acontecer Cristiano