Mörder wird Christ
Ich bin in der DDR aufgewachsen. Meine Eltern lösten ihre Probleme immer mit Gewalt. Als ich sieben war, wollte meine Mutter sich vor mir erhängen, mit zehn hätte mich mein Vater fast totgeschlagen. So wurde ich selbst zum Gewalttäter – und ich war gut darin. Ich war völlig orientierungslos, lieblos, beziehungslos und hemmungslos.
Mit 18 Jahren sass ich das erste Mal im Gefängnis. Aber danach änderte sich nicht mein Verhalten, sondern nur das Strafmass. Immer wieder landete ich hinter Gittern. Ich kam einfach nicht mit meinem eigenen Leben klar. Gewalt war für mich normal.
Der Pakt mit dem Teufel
Als meine erste langjährige Freundin mit mir Schluss machte, war ich total am Ende. Ich sass alleine in meiner Wohnung, war depressiv und hatte das Leben satt. Ich hatte das Gefühl, dass ich allen egal bin. Aber um Schluss zu machen, war ich zu feige.
Auf einmal kam mir Goethes Faust in den Sinn. Und so sagte ich in eine unsichtbare Wirklichkeit hinein: «Du kannst meine Seele haben, ich scheiss auf mein Leben und will sie nicht mehr. Aber dafür will ich leben wie ein König auf dieser Welt.» Damit entschied ich mich bewusst für das Böse.
Geld, Macht und Mord
Kurz darauf hatte ich die Chance in den grössten Autoschiebering Europas einzusteigen. Ich verdiente 90'000 Dollar in der Woche, entwickelte mich zum Kopf der Bande und lebte wie ein König. Aber je voller mein Konto wurde, umso leerer wurde es in mir.
Die Organisation wuchs auf 50 Jungs an und ich führte die kriminelle Truppe durch Druck und Angst. Einer der Jungs hiess Dieter, wie mein Vater. Er versuchte, meine Position in Frage zu stellen. Um zu zeigen, wer der Boss ist, erschoss ich ihn kaltblütig. Ich bin ein Mörder.
Allein
Wenig später flog die ganze Organisation auf. Als Kopf der Bande kam ich sofort in Einzelhaft. Auch wenn man mir den Mord nicht nachweisen konnte, hatte ich genug auf dem Kerbholz, um fünf Jahre eingesperrt zu werden. In dieser Zeit sah ich niemanden ausser den Wärter, der mir das Essen brachte. Meine ganzen Unzulänglichkeiten konnte ich nicht mehr auf andere projizieren. Ich fing an, mir Fragen zu stellen, warum ich so gewalttätig, verlogen und aggressiv bin. Es dauerte fünf Jahre, bis ich wusste, wer ich bin. Und was ich sah, war schlimm. Ich bin in meinem Leben keinem bösartigeren Menschen begegnet als mir selbst. Diese Erkenntnis lastete schwer auf mir. Meine eigene Schuld erdrückte meine Seele.
Wohin mit dieser Schuld?
An Ostern schaute ich mir einen Jesus-Film an. Danach schrieb ich in mein Tagebuch: «He, Jesus, du Sohn Gottes, du hast deine Auferstehung gehabt, gib auch mir eine zweite Chance. Schenk auch mir ein neues Leben.»
Ein paar Wochen später, ich kämpfte innerlich gerade wieder einmal mit meiner Schuld, sah ich, wie der Vorhang meines Zimmers durch den Wind an das Fensterkreuz gedrückt wurde. Das Kreuz erinnerte mich an Jesus. Und ohne zu wissen, was beten ist, tat ich es. Ich sagte: «Gott, ich weiss nicht, ob es dich gibt. Aber wenn ja, dann schenk mir bitte ein neues Leben, ich will dieses Leben nicht mehr.» Während ich weinte, antwortete eine Stimme glasklar: «Ich weiss.» Sie sagte nicht: «Was hast du nur getan?», sondern war voller Barmherzigkeit und Liebe. In diesem Moment begriff ich, dass es Gott gibt, dass er mein Leben genau kennt und mir trotzdem in Erbarmen begegnet. Das erschütterte mich zutiefst.
Verändert
Von diesem Tag an war alles wie neu. Ich bekam eine Bibel und das erste, was ich las, war 1. Johannes, Kapitel 1, Vers 9: «Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht und vergibt uns unsere Schuld.» Ich war überwältigt. Konnte Gott mir wirklich vergeben? Alles, was ich in der Bibel las, deutete klar darauf hin. Ich war geschockt von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Wenig später legte ich ein volles Geständnis über den Mord ab – auch wenn das bedeutete, dass ich noch weiter einsitzen musste. Dann liess ich mich in der Gefängniskapelle taufen. Die Liebe Gottes hat mich völlig verändert.
Insgesamt sass ich mehr als 20 Jahre meines Lebens im Gefängnis. Heute kümmere ich mich mit meiner Frau um straffällig gewordene Jugendliche. Ich möchte ihnen weitergeben, dass Gott Menschen liebt, egal, was sie getan haben. Denn nur eine persönliche Beziehung zu Gott kann wirklich glücklich machen und ein Leben verändern.
Torsten Hartung hat ein Buch über sein Leben geschrieben: «Du musst dran glauben», erschienen im adeo-Verlag.
Beitrag von FENSTER ZUM SONNTAG-Talk über Torsten Hartung:
Zum Buch:
«Du musst dran glauben»
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Datum: 08.04.2015
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch / kath.net / youmagazin.de / youtube.de / ERF Medien