«Jesus hat mein Leben umgekrempelt»
Das Thema Religion war für mich immer ein rotes Tuch. Es nervte mich, wenn ich mich mit Christen unterhielt und sie bei jeder Gelegenheit Bibelverse zitierten. Der christliche Glaube war für mich reine Provokation, ich verabscheute diese konservative Denkweise. Nicht ohne Grund. Ich war eine feministische Lesbe und wollte mir von niemandem sagen lassen, wie ich zu leben habe.
Auf der Suche nach Munition
Um Argumente gegen Christen zu sammeln, fing ich an, die mir verhasste Bibel zu lesen. Einmal schrieb ich einen ketzerischen Artikel gegen drei Dinge, die mir zuwider waren: Jesus, die Republikaner und das Patriarchat. Die Reaktion darauf war enorm, nur ein Brief fiel aus der Reihe. Es waren liebevolle und zugleich herausfordernde Worte eines Pfarrers. Er fragte, wie ich zu meiner Sichtweise gekommen sei, woher ich wisse, dass ich Recht habe und ob ich an Gott glaube. Er ging nicht weiter auf meinen Artikel ein, sondern ermutigte mich, meine Theorien zu hinterfragen. Wenig später luden er und seine Frau mich zum Abendessen ein und es passierte etwas völlig Unerwartetes: Wir wurden Freunde.
Freundschaft mit dem Feind
Ken und seine Frau Floy waren anders als alle Christen, die ich bis dahin kennen gelernt hatte. Sie interessierten sich wirklich für mich und hatten keine Berührungsängste mit meinem Lebensstil und meinen homosexuellen Freunden. Sie versuchten auch nicht, mich zu bekehren. Wenn Ken vor dem Essen betete, tat er das so innig, als wäre er mit Gott vertraut. Er wirkte dabei fast verletzlich.
Ich las weiter in der Bibel, bis mich eines Tages eine Freundin aus der Szene ansprach. Sie meinte, dass ich mich durch die Bibel verändert hätte. Und ich wusste, dass sie Recht hat. Ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob die Bibel nicht doch wahr ist. Ob Jesus nicht doch auferstanden ist. Ich kämpfte gegen diese Gedanken an, doch es gelang mir nicht. Irgendwann fing ich an, mit Ken und Floy in den Gottesdienst zu gehen.
Der Kampf in mir
Ich spürte sehr wohl, dass ich anders war. Aber war mein homosexueller Lebensstil wirklich Sünde? Ich wollte nicht blind an etwas glauben, ohne es zu verstehen. Nur war ich mir gar nicht sicher, ob ich Gottes Sicht darauf verstehen wollte. Es stand ja mein ganzes Leben auf dem Spiel.
Eines Abends betete ich, dass Gott mir die Wahrheit zeigen und mir helfen möge, damit umzugehen. Ich betete die ganze Nacht und dann wagte ich den Blick in mein Herz. Ich fragte mich: Bin ich wirklich eine Lesbe? Oder habe ich eine falsche Identität angenommen? Wer bin ich wirklich? Wer bin ich in Gottes Augen?
Und dann kam der Tag, an dem ich mich für Jesus entschied. Es war keine leichte und keine heldenhafte Entscheidung. Ich kam mit leeren Händen und einem sehr zaghaften Glauben. Ich wollte mein Leben und das, was ich liebte, nicht verlieren. Aber ich dachte: Wenn Jesus den Tod besiegt hat, dann soll er auch mein Leben in seinen Händen halten. Mit meiner Entscheidung für Gott kam ein tiefer Friede, als würde Gott ein hoffnungsvolles Liebeslied in die Trümmer meiner Situation singen und mich einhüllen in seinen tiefen Trost.
Heute bin ich mit einem Mann verheiratet und bin Mutter. In Jesus habe ich echten Frieden gefunden. Und auch wenn mich mein altes Leben manchmal wieder einholt, bin ich unendlich dankbar für die Liebe und Gnade, die Gott mit uns Menschen hat.
Datum: 17.05.2014
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Christianity today