«Jede Methode braucht Mut und Kühnheit»
Livenet: Martin Benz,was macht Ihnen am meisten Freude an Ihrer Gemeinde?
Martin Benz: Die Offenheit und Beweglichkeit der Gemeinde. Die Menschen sind bereit, sich auf neue Themen einzulassen und sich mit heiklen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Sie haben ein Herz für die Armen und Randständigen. Viele helfen mit, Lebensmittel an Bedürftige zu verteilen. Ich freue mich über die vielen tollen und wertvollen Menschen.
Wo sehen Sie die grössten Chancen für die Entwicklung Ihrer Gemeinde?
In der Kombination aus sehr konkreter und praktischer Jüngerschaft mit dem Anliegen, den Glauben im Alltag, unter den Menschen und unterwegs zu leben und zu bezeugen.
Gibt es in Ihrer Gemeinde Barrieren für neue Besucher, die abgebaut werden müssten?
Zu oft sind die Mitglieder miteinander beschäftigt und nehmen Gäste zu wenig wahr. Daran müssen wir arbeiten.
Wie kommen heute Ihrer Erfahrung nach Menschen am häufigsten zum Glauben?
Wir erleben seit Jahren den grössten Zuwachs in unserer Gemeinde durch Menschen, die in unserem jährlichen Gospelwochenende zu unsrer Gospelnight kommen. Da machen sie eine erste gute Erfahrung mit der Gemeinde und wagen auch einmal den Besuch in einem Gottesdienst. Gerade vor wenigen Wochen hat sich ein junger Mann bekehrt, der auch gleich getauft wurde, der klassisch durch Evangelisation auf der Strasse zum Glauben kam.
Grundsätzlich sind alle Methoden zweitrangig und es gibt sicherlich bessere und auch richtig schlechte. Wesentlich sind unser Mut und unsere Kühnheit. Genau das hat der Heilige Geist an Pfingsten ausgegossen: Mut und Kühnheit. Ohne das wird keine noch so gute Methode angewendet und gelebt. Da blockiert uns unsere Feigheit und Menschenfurcht.
Welche Themen verdienen eine breitere Beachtung in Landes- und Freikirchen?
Jüngerschaft und Evangelisation. Und neutestamentliche Ethik! Christen sind vor allem moralisch, haben aber wenig ethischen Überbau, der sie befähigt, gerade bei neuen Fragestellungen gute moralische Entscheidungen abzuleiten. Sonst bleiben wir entweder stur altmodisch oder geben irgendwann den Widerstand auf und machen einfach mit.
Zweitens das Thema Barmherzigkeit mit allen Facetten (den Armen dienen, Bewahrung der Schöpfung, Umgang mit Zerbruch…).
Wie halten Sie sich körperlich und geistlich fit für Ihre Aufgabe?
Körperlich: Ich mache ausgedehnte Spaziergänge und Wanderungen, nutze ein Laufband oder mache Gymnastik bei der Volkshochschule. Ich versuche mich auch gut zu entspannen und zur Ruhe zu kommen.
Geistlich: Ich pflege meine Stille Zeit und mache mehrmals in der Woche Gebetsspaziergänge. Ich versuche, meine Level an Inspiration hoch zu halten, damit ich innerlich bewegt bleibe, mit Themen schwanger gehe und im Gespräch mit Gott und der Bibel bleibe. Zudem begleitet mich seit Jahren ein persönlicher Mentor, der mich unterstützt und herausfordert.
Welches war für Sie das beste evangelistische Projekt im letzten Jahr?
Da wir in einer neuen Aufbauphase sind, kam das im letzten Jahr zu kurz. Am besten war ein gemeindeweites Grillwochenende, bei dem jeder seine Freunde und Nachbarn einladen konnte.
Beschreiben Sie drei zentrale Werte Ihrer Gemeinde.
Wir leben bewusst in der Spannung vom «schon jetzt» und dem «noch nicht» des Reiches Gottes. So glauben wir an Wunder, können aber auch Schweres und Leid leichter einordnen.
Barmherzigkeit: Wir sind davon überzeugt, dass die Gemeinde Jesu der barmherzigste Ort der Welt sein muss.
Wir sind «bei Gott zuhause und zu den Menschen unterwegs». Christsein braucht beides: Eine tiefe Verwurzelung in Gottes Gnade und Liebe, Jüngerschaft, persönliche Entfaltung, Veränderung und Wachstum. Aber ebenso ein Unterwegs-Sein, ein Ausgerichtet-Sein auf unsere Mitmenschen, ein Hingehen, einen Auftrag in dieser Welt, der uns aktiv macht und nach aussen orientiert sein lässt.
Gibt es ein besonderes diakonisches Projekt in Ihrer Gemeinde?
Den «Heiland Sack»: Jede Woche verteilen wir an fast 200 Familien Lebensmittel. Pro Jahr ca. 50 Tonnen. Zudem helfen wir den Menschen, Wohnungen oder Arbeitsstellen zu finden, vermitteln mit Behörden, bieten Sprachkurse an, feiern mit ihnen Weihnachten und integrieren sie in die Arbeit als Mitarbeiter.
Ihr Lieblingsbibelvers – weshalb?
Da gibt es zu viele. Viele Verse begleiten und prägen mich oder fordern mich heraus.
Was wir seit einem Jahr jeden Sonntag gemeinsam im Gottesdienst beten, ist 2. Korinther, Kapitel 4, Vers 16: «Darum verliere ich nicht den Mut. Die Lebenskräfte, die ich von Natur aus habe, werden aufgerieben; aber das Leben, das Gott mir schenkt, erneuert sich jeden Tag.»
Ich brauche diese tägliche Erneuerung meines inneren Menschen. Sonst brenne ich aus und mute mir zu viel zu.
Zur Person
Zivilstand, Familie: Verheiratet, 3 erwachsene Kinder
Name der Gemeinde: Basileia Vineyard Basel
Gründung: 1995
Gehört zum Verband: Vineyard DACH
Anzahl der Besucher, Mitglieder: 100 Gottesdienst-Besucher, 150 Mitglieder
Gemeindeslogan: Glaube, der Sinn macht, Kirche, die Spass macht
Besondere Aktivitäten: Heiland Sack / Gospelnight / EE-Kurse / geistliche Fitnessabende
Gemeindeadresse: Grenzacherstrasse 10, 4058 Basel
Webseite: www.vineyard-basel.ch
Datum: 01.11.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet