«Ich war ein Betrüger, bis mir Jesus begegnete»
Vor meinem inneren Auge liefen die vergangenen Ereignisse ab. Genervt von meinen Vorgesetzen, hatte ich die erste Chance zur Selbständigkeit genutzt und mich an einer kleinen Firma in der Hamburger Innenstadt beteiligt. Das Unternehmen war wirtschaftlich am Ende, aber ich glaubte, mit meinen verkäuferischen Fähigkeiten grosse Umsätze zu erzielen und eine sorgenfreie Zukunft vor mir zu haben. Ein Irrtum.
Betrug schleicht sich an
Drei Jahre arbeitete ich in meiner Firma als Kopiergeräte- und Büromaschinenverkäufer, ohne Urlaub und mit wenig Geld. In der Zeit entdeckte ich, wie leicht man durch Vorteilsgewährung Geld macht, auch aus geplatzten Geschäften Provisionen einstreicht, wichtigen Personen «Entscheidungsbeschleuniger» zusteckt, und so weiter.
Als die Universität Hamburg einen grossen Bestand Canon-Kopiergeräte mieten wollte, nahmen wir den Auftrag an, ohne zu wissen, wie wir den Einkauf finanzieren sollten. Schliesslich verkauften wir unseren Mietvertrag selbst an eine Leasinggesellschaft. Es gab nur einen Haken: Die Leasingfirma wollte das Geld erst nach Liefernachweis überweisen, und den gab es von der Uni erst, sobald die Geräte installiert waren. Ich fuhr mit einem Kollegen zur Universität und verwickelte den Organisationsleiter in ein Gespräch, während mein Mitarbeiter heimlich die Übernahmepapiere stempelte.
Das grosse Geld winkt
1986 kam ich auf einer Messe in Leipzig in Kontakt mit hohen Beamten der DDR. Einer von ihnen kaufte gegen Vorkasse abhörsichere Laptops und alle möglichen EDV-Geräte für das DDR-Aussenministerium. Durch ihn konnten wir uns nach der Wende Exklusivrechte zur Belieferung der Behörden sichern. Da es dort fast keine Geräte gab, konnten wir schneller vermieten als einkaufen – und vor allem finanzieren.
Irgendwann konnten wir die Maschinen nur noch zu Einkaufspreisen refinanzieren, Geld musste her. Wir kamen auf die Idee, Finanzierungspakete gleichzeitig an verschiedene Finanzierungsunternehmen zu verkaufen. Das war Kreditbetrug in grossem Umfang, aber wir sahen das nicht so eng. Wir glaubten ja, alles zurückzahlen zu können. Eine Illusion. Aber erst einmal wuchsen unsere Umsätze überdurchschnittlich und meine Einnahmen dank meiner Provision ebenso.
Der Rubel rollt
Unsere Freunde im Osten waren der Meinung, dass mit der Sowjetarmee sehr gute Geschäfte zu machen seien. Ich lernte den Generalstab und Divisionskommandeure kennen und wieder machten wir sehr gute Geschäfte – natürlich zum Vorteil aller Beteiligten. Unsere Umsätze stiegen, doch unsere Liquiditätsprobleme nahmen überhand. So fingen wir an, auch gefälschte Verträge zu refinanzieren.
Die Firma wuchs mit atemberaubender Geschwindigkeit, mehr als 270 Mitarbeiter arbeiteten nun für uns. Aber wir hatten den Durchblick verloren. Banken und Leasinggesellschaften wurden in immer grösserem Ausmass betrogen. Unsere Hausbank wusste Bescheid, trotzdem gab sie positive Auskünfte über uns weiter. Auch privat wurde ich langsam grössenwahnsinnig: Ich dachte, mir gehört die Welt.
Die Wende
Eines Tages erfuhr ich, dass ein Freund sehr krank war. Als er starb, erklärte mir seine Familie, dass er Christ geworden war. Was für ein Unsinn! Anlässlich seiner Beerdigung wurde auch meine Ehefrau Christ, was ich sehr komisch fand. Aber es brachte mich zum Nachdenken. Gab es Gott wirklich? Und wenn ja, konnte er mir aus meinen Schwierigkeiten helfen? Tatsächlich wurde auch ich gläubig.
Trotzdem liefen meine Geschäfte weiter wie zuvor. Geld, Macht und Lügen hielten mich fest im Griff. Unser finanzieller Druck wurde heftiger. Einer der russischen Generäle bot mir an, mit Waffen zu handeln. Ich sollte lediglich Rechnungen schreiben und das Geld verteilen. Meine finanziellen Sorgen hatten vor diesem Hintergrund nur noch die Grösse von Trinkgeldern!
Aber in diesem Augenblick hörte ich ganz deutlich und klar die Stimme von Jesus: «Jetzt musst du dich entscheiden. Für die andere Seite oder für mich.» Vor meinem geistigen Auge sah ich einen kleinen angolanischen Jungen, dem eine Mine den Fuss abgerissenen hatte. Und plötzlich wusste ich sehr genau, dass ich als Christ unmöglich Waffendeals machen konnte. Der Bann war gebrochen. Ich hatte mich für Jesus entschieden.
Einen Neuanfang wagen
Ich konnte keine krummen Sachen mehr machen und versuchte meine Unternehmensgruppe zu sanieren. Nach und nach machte ich meine Geldgeber mit der Wahrheit vertraut. Doch einer meiner Mitarbeiter denunzierte mich, ich wurde festgenommen und in Untersuchungshaft gebracht. Nach 21 sehr unangenehmen Tagen und einem ausführlichen Geständnis wurde ich gegen Auflagen entlassen.
Mein Strafverteidiger empfahl mir, mit den Geschädigten Vergleiche zu vereinbaren und Schäden wieder gut machen, was ich so gut wie möglich tat. Kurz vor Verjährung meiner Straftaten wurde ich angeklagt und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Keiner, der es nicht selbst erlebt hat, kann sich vorstellen, wie es im Gefängnis ist. Doch obwohl ich an einem Ort war, der für viele der letzte Abgrund ist, habe ich das mit Jesus durchgestanden. Nach 21 Monaten wurde ich vorzeitig aus der Haft entlassen. In dieser Zeit haben sechs Mitgefangene Jesus kennengelernt.
Leben mit Jesus
Heute berate ich Unternehmer, die in die Krise geraten sind. Viele Menschen, mit denen ich spreche, sind verzweifelt und haben Angst. Jeder muss irgendwann mit den Konsequenzen seines Handelns leben. Manche sehen keinen Ausweg und keine Zukunft. Diesen Menschen möchte ich Mut machen. Es ist nie zu spät umzukehren. Man kann Jesus absolut vertrauen. Mit ihm gibt es immer eine gute Zukunft, er regelt Dinge auf eine Art, wie wir uns nicht erträumen können.
Selbst die dunkelsten Tiefen verlieren ihren Schrecken. Er ist die Hoffnung, auch wenn man ganz unten ist. Er ist erfahrbar und greifbar. Jesus trägt einen und lässt einen nie im Stich. Der Neuanfang liegt in ihm und er gelingt unerwartet positiv. Ich habe das erlebt und möchte diese Erfahrung keinesfalls missen.
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Datum: 11.05.2013
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch