Lopez Lomong

Als Kind entführt, in Kirche «entdeckt», jetzt an WM

Im Südsudan war Lopez Lomong einst entführt worden. Später konnte er flüchten. Heute startet er für die USA und setzt sich für die Kinder in seiner früheren Heimat ein.
Lopez Lomong

Lopez Lomong war im Südsudan zusammen mit anderen Kindern auf dem Weg zur Kirche. Plötzlich drangen Milizen ins Dorf ein, verschleppten Frauen und Kinder, darunter auch den sechsjährigen Jungen Lopez. Das war 1991 in seinem Heimatdorf Kimotong. Später sollte er als Kindersoldat dienen.

Nachdem er wochenlang im Lager mit ansehen musste, wie andere Kinder unter den harten Bedingungen der Gefangenschaft starben, floh er zusammen mit drei anderen Gefangenen. Drei Tage und Nächte rannten sie um ihr Leben, bis sie die Grenze nach Kenia überqueren konnten. «Die drei Tage, an denen wir flohen, waren die anstrengendsten und schlimmsten meines Lebens», erinnert sich Lopez Lumong.

Nach der erfolgreichen Flucht in die Freiheit folgten zehn Jahre im Flüchtlingslager, wo das von seiner Familie getrennte Kind mit anderen elternlosen Jungen eine Hütte teilte und wenig zu essen bekam. «Das Leben war hart. Dem ganzen Mangel um mich herum konnte ich immer nur durch das Rennen und durch Fussball entkommen», so Lomong.

Olympia – was ist das?

Einmal verdiente er sich mühselig etwas Geld mit Kamelehüten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nie etwas von einer Olympiade gehört. Doch eine solche fand gerade statt. Seine Kollegen wollten diese sehen. Und so ging die Gruppe acht Kilometer zum einzigen Kenianer, der damals in der Nähe einen Fernseher hatte. Eine kleine, schwarzweisse Flimmerkiste. Er verlangte Eintritt, fünf kenianische Schilling. Lomong war sein hart verdientes Geld wieder los.

In der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ) erinnerte er sich: «Damals sah man gerade den 400-Meter-Endlauf mit Michael Johnson. Das hat uns alles nichts gesagt. Aber ich habe wenigstens so viel verstanden: Dieser Typ rennt. Eine Menge Leute feuern ihn begeistert an. Und dann gewinnt er das Rennen, steht auf dem Siegerpodest und weint. Warum muss er das machen und trägt dabei das Trikot der amerikanischen Mannschaft? Ich habe das nicht begriffen. Aber ich habe mir gesagt: Ich will so schnell laufen wie dieser Typ. Und ich will dieses Trikot anziehen. Das bedeutete: Ich muss eines Tages für dieses Land an den Start gehen dürfen.»

Vom Flüchtling zum Fahnenträger

Ein Jahr später wurde die Erfüllung dieses Traums eingeleitet: «In unsere Kirche, in der wir sonntags zum Gottesdienst gingen, erhielten wir Besuch vom Mitarbeiter einer amerikanischen Hilfsorganisation. Der sagte: Die Vereinigten Staaten wollen 3500 'Lost Boys of Sudan' aufnehmen. Ich war sechzehn. Ich setzte mich in unserem Zelt hin und schrieb einen Text, in dem ich erklärte, weshalb ich in die Vereinigten Staaten wollte ... Ich weinte. Und ich nahm mir vor, an diesem Rennen teilzunehmen.»

Als 16-Jähriger wurde er von einer amerikanischen Familie adoptiert und entdeckte an seiner Schule bald, dass er zu den schnellsten Läufern gehörte. Er besuchte die Universität, stiess zur Olympiamannschaft und wurde 2008 in Peking als Fahnenträger der USA auserkoren.

Hilfe für Südsudan

Neben seinen sportlichen Zielen verfolgt er auch ein politisch-humanitäres Anliegen: Sein Erfolg soll Aufmerksamkeit und Hilfe für die leidgeprüften und noch immer vom Krieg bedrohten Menschen in Darfur (Westsudan) bringen. Auch steht er den Leuten im neu gegründeten Staat Südsudan bei. Dazu hat die Lopez Lomong-Stiftung gemeinsam mit dem Kinderhilfswerk World Vision die Partnerschaft «4Sudan» ins Leben gerufen.

Im Rahmen der Partnerschaft sollen notleidende Menschen mit Trinkwasser, medizinischer Hilfe, Nahrung und Bildungsangeboten versorgt werden. Dazu lieferte der Athlet laut «World Vision» kurz vor den Spielen in London 2012 folgende Begründung: «Der Südsudan hat erst vor etwas mehr als einem Jahr seine Unabhängigkeit erreicht, und die Menschen dort kämpfen mit vielen Problemen. Ein 15-jähriges Mädchen stirbt eher bei der Geburt eines Kindes, als dass es die Schule beendet, und mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.»

Zum Thema:

Datum: 15.08.2013
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch / World Vision / FAZ

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