Paddy Kelly singt MoTrips «Embryo»
Das Sendeformat «Sing meinen Song» gibt es schon seit 2014. Der Ablauf ist immer ähnlich: Sieben Topmusikerinnen und -musiker treffen sich an einem unbekannten Ort. Jeder Abend ist einem von ihnen gewidmet und die anderen sechs singen dafür seine Lieder und interpretieren sie auf ihre eigene Art. Am 26. Mai stand MoTrip im Mittelpunkt. Michael Patrick Kelly singt eines seiner Lieder. Dazu startet er einen alten Kassettenrekorder und eine Kinderstimme ertönt: «Hallo Mama, hallo Papa, ihr habt mich gezeugt / Ich höre mit, ihr sprecht Arabisch und ein bisschen Deutsch / Ich war schon da, doch euer Plan drehte sich um euch…» Und dann singt er MoTrips «Embryo», während der Rapper beim Zuhören in Tränen ausbricht.
Rapper ohne Maske
MoTrip (32) gehört zu den angesagten Rappern in Deutschland. Der gebürtige Libanese zeigt mit seiner Art und seinen Texten allerdings eine eher untypische Seite der sonst sehr derben und gewalttätigen Musik. Laut.de gegenüber erklärte der Sänger, der eigentlich Mohamed El Moussaoui heisst, einmal: «Was mich von den anderen unterscheidet, ist: Ich versteck mich hinter keiner Fassade oder Maske. Damit mein ich jetzt nicht den einen Rapper, der 'ne Maske trägt… Aber ich geb mich so wie ich bin.»
Das wird auch bei MoTrips Titel «Embryo» deutlich. Er hatte sich schon früh mit Larissa befreundet, die heute seine Verlobte ist. Sie zogen zusammen. Und Larissa wurde schwanger. Damals sahen sie keinen anderen Weg als eine Abtreibung. Es wusste fast niemand davon, also hätte MoTrip dieses dunkle Ereignis aus seiner Vergangenheit auch einfach verschweigen können. Doch das ging nicht. Ein Musikerkollege des Rappers brachte die Gefühlslage dazu einmal so auf den Punkt: «Als ich mich weigerte, meine Schuld zu bekennen, war ich schwach und elend, dass ich den ganzen Tag nur noch stöhnte und jammerte» (Psalm 32, Vers 3). Der biblische David wusste, wie sich MoTrip fühlt.
«Damals warst du noch ein Embryo
Ich trage diese Narben nicht umsonst
Du willst leben, doch man gab dir nicht die Chance
Damals warst du noch ein Embryo
Heute wärst du vier
Wegen mir bist du heute nicht mehr hier.»
Andere hatten dem Rapper bereits geraten, sein Herz nicht so sehr auf der Zunge zu tragen, sich lieber ein «Image» zuzulegen als über sein eigenes Leben und Erleben zu singen. Doch gerade wegen dieser Ehrlichkeit und dem Mut, sich den Gespenstern der eigenen Vergangenheit zu stellen, entschied sich Michael Patrick Kelly (42), der ehemalige Kinderstar «Paddy» der Kelly-Family, dafür, «Embryo» zu singen.
Purer Schmerz
Als Kelly das Lied für MoTrip singt, bricht dieser in Tränen aus. Auch die anderen Musikerinnen und Musiker sind tief betroffen. «Ich wollte nur das Licht der Welt erblicken, doch ich sollte nicht…» Die Idee von «Sing meinen Song» ist es, dass man beim Interpretieren des Stückes auch die eigene Persönlichkeit, eigene Elemente hineinbringt. Michael Patrick Kelly ändert nur wenig am Lied, aber er ergänzt einen wiederholten Schrei: «Verzeih!»
Am Schluss nehmen sich die beiden Künstler in den Arm. MoTrip erklärt, dass diese Erfahrung für ihn «purer Schmerz» war, aber gleichzeitig «befreiend». Tatsächlich bietet das Lied keinerlei Aufarbeitung oder «Moral von der Geschicht'». Doch nach dem Zuhören verbietet es sich fast von selbst, sich auf blosse Parolen zurückzuziehen und «Mein Bauch gehört mir!» zu tönen oder «Abtreibung ist Mord!» Zu tief lässt uns hier ein Mensch in seine verletzte Seele hineinschauen. «Vielleicht kann der Song dem einen oder anderen helfen», meint Kelly. «Das wäre das schönste, was dieser Song auslösen kann», ergänzt MoTrip und der bekennende Christ Michael Patrick Kelly schliesst: «Wir Songwriter schreiben über Leben und Tod, Liebe, Verlust, Glück, Unglück – und wir meinen das ernst!»
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Datum: 30.05.2020
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Jesus.ch