«Musik ist etwas Heiliges für mich»
Wie kam es dazu, dass Sie bei «Voice of Germany» mitmachen?
Noemi
Treude: Ich habe Ende letzten Jahres gedacht, ich möchte mehr singen.
Und ich habe mir vorgenommen, das zu tun, was mir in den Weg kommt. Ich
hatte im vergangenen Jahr schon mal eine Initiativbewerbung zu «The
Voice» geschickt, bin dann aber nicht zum Casting gegangen. Im Januar
bekam ich dann die Info, dass die Castings wieder anfangen. Da dachte
ich, ich probiere es einfach mal, und ging zum Casting nach Frankfurt.
Je weiter ich kam, umso mehr musste ich mich darauf fokussieren, dass es
jetzt auch ernst werden könnte. Als der Anruf zu den Blind Auditions
kam, war mir zum ersten Mal klar: Wenn ich das gewinne, dann bin ich im
Fernsehen. Im Jahr davor war ich dazu noch nicht bereit, weil ich auch
Angst hatte, kritisiert zu werden.
Sie
sind Christin, Ihnen ist der Glaube wichtig. Das haben Sie zum Beispiel
auch bei den Blind Auditions gezeigt, bei denen die Juroren die Sänger
zuerst nur hören und erst später sehen. Da haben Sie als Zugabe Ihren
eigenen Song über Ihren Glauben gesungen. Wie waren die Reaktionen
darauf?
Im Netz waren die
Reaktionen auf mein eigenes Lied viel grösser als auf den eigentlichen
Song der Blind Auditions. Das fand ich richtig heftig. Viele Leute haben
mir geschrieben, dass sie durch mein Lied berührt worden sind, und
haben gar nicht viel über das andere Lied gesagt.
Auch andere Teilnehmer bei der Castingshow sind gläubig. Kommen Sie miteinander ins Gespräch?
Richtig
kennengelernt haben wir Teilnehmer uns erst bei den Battles (die zweite
Runde, in der zwei Gesangspartner gegeneinander antreten, Anm. d.
Red.). Und auch da ist man zu achtzigst zusammen. Ganz zum Schluss habe
ich dann aber über Gespräche rausgefunden, dass die Chiara Christ ist
(Chiara Authenriet, Anm. d. Red.) und die wusste dann wieder von anderen
und auf einmal waren wir sechs Christen. Wir haben uns dann zum
Beispiel mal zum Beten getroffen. Man merkt, dass die Verbindung direkt
da ist, weil man den gleichen Glauben hat.
Sie sind in Spanien aufgewachsen, weil Ihr Vater dort Pastor war. Wie kamen Sie nach Deutschland?
Meine
Eltern sind Missionare in Spanien und seit 32 Jahren dort. Mein Papa
ist mittlerweile in Rente und meine Mama ist interkultureller Coach in
Valencia. Als Missionare gehörten sie zu der Marburger Mission. Meine
Brüder haben an der Evangelischen Hochschule Tabor und am Marburger
Bibelseminar studiert. Ich bin seit über sechs Jahren in Marburg. Eigentlich
wollte ich eine Ausbildung in Spanien machen, aber das war viel zu
teuer. Also wollte ich erstmal nur ein Jahr in Deutschland arbeiten.
Während des Heimataufenthalts meiner Eltern war ich aber länger krank
und konnte keinen Job finden, bei dem man so viel verdient, dass ich auf
eigenen Beinen stehen konnte. Ich
habe mich dann entschieden, hier eine Ausbildung anzufangen. Das war
die schwierigste Entscheidung in meinem Leben bisher. Denn ich hatte in
Barcelona, wo ich zu der Zeit lebte, zum ersten Mal eine feste
christliche Gruppe gefunden. Ich war damals in der Hillsong-Gemeinde.
Ich wollte unbedingt wieder nach Spanien zurück, aber die
Arbeitslosigkeit ist dort so hoch. Ich wusste: Wenn ich hier in
Deutschland eine Ausbildung anfange, werde ich erstmal hierbleiben.
Innerhalb von einer Woche hat sich dann alles gefunden, obwohl ich
eigentlich alle Fristen zu den Anmeldungen verpasst hatte. Auf einmal
sass ich im Klassenzimmer und konnte meine Ausbildung zur Erzieherin
anfangen. Das war ein Wendepunkt in meinem Leben, durch den ich auch
etwas gereift bin. Und jetzt habe ich mein ganzes Leben hier aufgebaut.
Wie hat die Zeit in Spanien Sie geprägt?
Ich
verdanke Spanien vieles. Wenn man irgendwo aufwächst, wo man einen
anderen Hintergrund hat als alle anderen, hinterfragt man viel mehr. Als
Kind möchte man genauso sein wie die anderen Kinder. Aber im Laufe der
Zeit überlegt man sich, was man von der anderen Kultur übernehmen möchte
und von der eigenen behalten will. Auch, was den Glauben betrifft. Meine
Schwester musste früher zum Beispiel immer das Klassenzimmer zusammen
mit den Muslimen und den Anhängern von Jehovas Zeugen verlassen, als
dort das Ave Maria gebetet wurde, weil sie evangelische Christin ist.
Man hat sich deshalb oft mit den Kindern anderen Glaubens beschäftigt
und seinen eigenen hinterfragt: Warum soll mein Glaube richtig sein? Man
reflektiert sich automatisch.
Wie gibt Ihnen der Glaube Halt im Leben?
Der
Glaube gibt mit gerade den grössten Halt. Ich merke, wie schnell man
sich von Kommentaren oder anderen Meinungen beeinflussen lässt – oder
auch von Verurteilungen. Ich habe von Anfang an in Interviews gesagt:
Sobald du an jemanden glaubst, dessen Meinung wichtiger ist als das, was
die Menschen über dich denken, rückt die Meinung der anderen in den
Hintergrund. Aber man muss sich das immer wieder in den Sinn rufen. Wenn
andere Sänger beliebter sind oder mehr Fans haben, heisst das nicht,
dass ich schlecht bin oder dass Gott schlechter von mir denkt. Das sind
einfach Meinungen von Menschen.
Welchen Stellenwert soll die Musik in Ihrem Leben in Zukunft einnehmen?
Musik
ist etwas, was mich mein ganzes Leben lang begleitet. Die Musik wird
immer ein Teil von mir sein. Bei meiner Arbeit im Kindergarten finde ich
es toll, das mit einzubeziehen. Wir machen sehr viel Musik mit den
Kindern. Es ist aber ein Unterschied, ob ich auf einer Bühne stehe, wo
man mich direkt nach einem Lied beurteilt, oder ob ich ein ganzes
Konzert geben darf. Darauf hätte ich richtig Lust. Einfach mal auf der
Bühne zu sein, um mit den Menschen etwas zu teilen. Denn Musik ist etwas
Heiliges für mich. Wenn das kritisiert wird, ist das für mich als
Künstlerin nicht einfach.
Zum Originalartikel:
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Datum: 29.10.2019
Autor: Swanhild Zacharias
Quelle: PRO Medienmagazin | www.pro-medienmagazin.de