«Game of Thrones»: Schuld, Macht, Sex, Erfolg
Die Filme basieren auf den Romanen «Das Lied von Feuer und Eis» des Schriftstellers George R.R. Martin, der auch am Filmprojekt mitwirkt.
Gerade aus christlicher Perspektive gibt es viele Stimmen, die die explizite Darstellung von Gewalt und Sex stark ablehnen. Gleichzeitig sehen auch christliche Medien eine realistische Darstellung von Schuld und ihren Folgen in der Serie – so auch Christian Today. Klar ist, dass «Game of Thrones» polarisiert. Wikipedia zitiert eine Kritik mit den scheinbar widersprüchlichen Begriffen: «Als kantige, brutale, bewegende, angenehm komplexe, dunkel-lustige, temporeiche, Nacktheit bejahende und mit einem ganzen Heer fesselnder Figuren besetzte Serie ist HBOs 'Game of Thrones' beste Unterhaltung und die beste neue Serie der Saison …» Doch was macht sie so erfolgreich?
Erfolgreich
Fantasy ist bereits seit Längerem «in», doch das erklärt bei weitem nicht den Erfolg der Filme, genauso wenig wie die vielfach kritisierte Nacktheit. Die Serie spielt in einer mittelalterlich geprägten fiktiven Welt auf den Kontinenten Westeros und Essos. Sie wird bestimmt von Machtkämpfen und Intrigen, von sieben Königreichen, Prinzen, Prinzessinnen und Drachen. Allerdings sind die von Martin kreierten Figuren nicht so holzschnittartig wie sonst für das Genre üblich.
Alle klassischen Elemente einer Fantasyerzählung kommen vor, gleichzeitig gibt es hier nicht den Helden – auch wichtige Protagonisten sterben –, die Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmt und weicht einer komplexeren Handlung, die «Fantasy und Realität vermählt» (Denis Scheck). Wie man inhaltlich oder moralisch darüber denkt, ist eine andere Frage, klar ist: Autor George R. R. Martin und das Team der Drehbuchautoren verstehen ihr Handwerk und haben aus bekannten Elementen etwas durchaus Neues im Bereich der Fantasy aufgebaut.
Archaisch
Fantasy bedient genau wie historische Romane Sehnsüchte, die in unserer Umgebung als moderne Menschen eigentlich keinen Platz haben: Es geht in ihr nicht um komplexe, lange Abstimmungsprozesse einer Demokratie – ein Herrscher entscheidet. Gerechtigkeit entsteht mit Stärke und Schwert – nicht durch aufwändige Prozesse aufgrund von Paragrafen. Selbst wenn die Figuren komplexer gezeichnet sind als sonst im Genre üblich, sind viele gesellschaftliche Muster festgeschrieben: Hierarchien, Geschlechterrollen etc. Wenn man sie kritisieren will, würde man von völlig veralteten, rückständigen Werten reden. Wenn man diesen Part ausblendet, nennt man sie «archaisch» – das bedeutet dasselbe, klingt aber besser. Zu Beginn der Serie erklärt eine der Figuren diese Grundhaltung mit den Worten: «Wer das Spiel der Throne (Game of Thrones) spielt, der gewinnt oder stirbt. Es gibt keinen Mittelweg.»
Brutal
Mord, Totschlag, Vergewaltigung und Prügeleien sind normale Bestandteile jeder Episode. Einerseits muss das fast so sein – schliesslich passt es zum «realistischen» Bild der beschriebenen Epoche. Gleichzeitig ist es ein gewollter Abschied vom Schönen, von positiven Werten, die genauso ihren Platz in dieser Welt haben könnten. Und ob in einer Zeit, wo IS-Milizen Enthauptungen filmen und in allen Details ins Netz stellen, dasselbe für eine Fernsehsendung gelten muss, ist doch sehr fraglich. «Game of Thrones» teilt hier das Schicksal vieler Kriegsfilme, bei denen man sich auch sehr berechtigt fragt: Wie viel Gewaltdarstellung ist nötig, um die Grausamkeit eines Krieges zu brandmarken, und wo fängt die Gewaltverherrlichung an?
Zwiespältig
Martin gibt an, dass der Christ J.R.R. Tolkien mit seinem «Herrn der Ringe» durchaus zu seinen Vorbildern gehört. Doch wo man diesem oder auch C.S. Lewis mit seinen «Narnia-Chroniken» manchmal unrealistisch positive Darstellungen vorwirft, erscheint die Welt von «Game of Thrones» unrealistisch düster. Das rührt sicherlich auch daher, dass Martins Absichten einer realistischen Darstellung von Menschen und Handlungen ihre Wurzeln in seinem agnostischen Gottesbild haben. Religion und Götter kommen in seiner Geschichte vor, doch sie haben keinerlei positiven Einfluss. Seine Charaktere sind komplex, sind und bleiben aber eher «grau». Eine echte Zukunft, ein Ziel über das blosse Dasein hinaus, kommt nicht vor.
Jonathan Ryan (Christianity Today) drückte es einmal so aus: «Es gibt keinerlei Widerhall von Calvins Beschreibung des Menschen als 'herrliche Ruinen' – gebrochen, aber immer noch fähig, das Bild Gottes zu tragen.»
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Datum: 08.03.2018
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet