Arne Kopfermann: Auf zu neuen Ufern
2014 starb die damals 10-jährige Sara Kopfermann bei einem Autounfall. Dieses Ereignis begleitet die Familie seitdem jeden einzelnen Tag. Jeder geht anders damit um. Arne Kopfermann (53) als Künstler, der Dinge in Worte fassen muss, begann früh, darüber zu reden, zu singen und zu schreiben. Seine Lieder gewannen eine neue Tiefe, Moll tat den begeisterten Worshipsongs gut. 2017 verarbeitete er das Geschehen in dem sehr persönlichen, ehrlichen und lesenswerten Buch «Mitten aus dem Leben» und gab auch eine gleichnamige CD heraus.
Inzwischen sind weitere drei Jahre vergangen und wieder liegt ein Buch von ihm in den Buchläden: «Auf zu neuen Ufern». Und wieder geht es darum, den eigenen Glauben «trotzdem» zu leben.
«Ist es nicht irgendwann einmal genug?»
Manch eine Leserin oder Leser fragt sich vielleicht: Okay, ich verstehe ja, dass dieser Unfall ein traumatisches Erlebnis war. Aber ist es nicht irgendwann einmal genug? Auch genug, darüber zu reden und schreiben und das Ganze wieder hervorzuholen? Die kurze Antwort: Nein. Die längere: Abgesehen davon, dass es Erlebnisse gibt, die einfach nie «vorbei» sind, bricht Kopfermann mit seinem ehrlichen Schreiben über die Tiefpunkte seines Lebens, sein Streiten mit Gott und seine persönlichen Kämpfe eine der unausgesprochenen Regeln der christlichen Szene: Probleme sind okay – sie müssen aber nach sechs Wochen durch Gebet gelöst sein. Und gerade mit seinem konsequenten Nein dazu und dem Immer-wieder-Klagen inmitten von fröhlichen Liedern ist er vielen Menschen Hilfe und Vorbild.
Auf der Suche nach einer tragfähigen Theologie
Nun also ist sein neues Buch erschienen. Mit «Auf zu neuen Ufern» setzt Kopfermann allerdings ganz andere Schwerpunkte. Auch hier gehören berührende Liedtexte und persönliche Einsichten dazu, doch der Musiker hat sich auf den Weg gemacht, seine Lebens- und Glaubensreise zu beschreiben, zu verstehen und einzuordnen. Kleine Kostprobe? «Mündiger Glaube beinhaltet das Recht und die Pflicht, Glaubessätze hinter mir zu lassen, weil ich nicht (mehr) hinter ihnen stehen kann. Solche Sätze muss ich auf Dauer durch neue ersetzen. Eine Frage zur Selbstüberprüfung lautet: Helfen mir die neuen Sätze besser dabei, mir einen Reim aus meinem Leben zu machen und gleichzeitig Christus ähnlicher zu werden?» (S. 118)
Fragen wie diese geht Kopfermann damit an, die geistliche Entwicklung unserer Zeit und verschiedene gesellschaftliche Strömungen zu durchleuchten. Gleichzeitig wird er sehr persönlich, wenn er zum Beispiel für sich zu dem Schluss kommt, dass er «kein Charismatiker mehr» ist – eine Nachricht, die Ende letzten Jahres für einigen Aufruhr sorgte (siehe z.B. pro-Medienmagazin). Im Buch schafft Kopfermann es spannenderweise, solche Entscheidungen darzustellen, ohne dabei «Gefolgschaft» zu suchen, im Sinne eines plumpen «und deshalb solltest du auch …».
Sein Buch setzt starke theologische Akzente, aber dabei macht er deutlich: «Ich bin überzeugt: Es kann keine tragfähige Theologie geben ohne Einbezug der eigenen Lebensgeschichte!» (S. 58)
Andere fragen und sich neu finden
Nach einem tiefen Hineinhören in sich selbst im ersten Buch wendet sich Kopfermann hier an viele andere und fragt sie: Wie gehst du mit Leiden um? Was bedeutet Wachstum für dich? Wie schaffst du es weiterzuglauben, wenn dein Leben in seine Einzelteile zerfällt? Und aus den Antworten oder auch Fragen von evangelikalen und liberalen Theologen, Frauen und Männern, Philosophen und Dichtern entsteht zusammen mit eigenen Liedtexten ein Kintsugi-Puzzle der Hoffnung (Kintsugi ist eine japanische Technik, bei der Brüche in Tongefässen mit Silber oder Gold repariert werden und so die Verletzungen als Schmuck ins neue Ganze übernommen werden.)
Wer sich anhand von gesellschaftlichen Entwicklungen oder dem eigenen Erleben fragt, wie er oder sie da einen «ehrlichen Glauben, der trägt» entwickeln oder erhalten kann, der wird bei Arne Kopfermann fündig. Und Ermutigung gibt es gratis obendrein!
«Denn wenn du glaubst, schon wer
zu sein
Dann hast du aufgehört zu werden
Doch wenn du nach der Wahrheit
suchst, findet sie dich.»
(Arne Kopfermann)
Zum Buch:
Arne Kopfermann: Auf zu neuen
Ufern. Befreit zu einem ehrlichen Glauben, der trägt
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Datum: 16.09.2020
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet