«Unser Herz hat sich nicht verändert»
Johannes Tobler, was macht
«Acts» in der aktuellen Situation?
Johannes Tobler: Unser Herz hat
sich nicht verändert, auch nicht, was wir tun. Wir suchen die bestmögliche Art,
wie wir die Menschen zu Erntearbeitern befähigen können – das heisst suchen,
befähigen, fördern und wieder aussenden dorthin, wo Gott sie will. Das
gemeinsame Leben können wir weiterhin pflegen, dadurch, dass wir in unserer WG
Internat-ähnlich zusammen wohnen. Auch wenn es ein paar Einschränkungen gibt,
wir dürfen zum Beispiel keinen Besuch empfangen. Dafür kultivieren wir die persönlichen Kontakte im
Freundesbereich oder jene, die wir auf der Arbeit haben, wo Menschen jetzt
plötzlich Fragen haben und wir Hoffnung weitergeben können. Wir entwickeln das
mit unseren Studenten und tragen es in unser Umfeld weiter.
Wie verändert sich Ihre Arbeit in diesen Tagen und
Wochen?
Das Herz ist das gleiche geblieben, der Auftrag auch.
Das Wichtigste ist, dass wir uns auf den Auftrag ausrichten, den Gott uns
gegeben hat, und dass wir die Form anpassen müssen. «Geht hinaus in alle Welt,
tauft, lehrt sie halten…», all das ist das Gleiche geblieben. Der Auftrag ist
da, auch mit Corona – es geht darum, neue Formen zu finden.
Wie gehen Sie jetzt auf die Leute zu?
Wir standen schon immer dafür ein, dass wir unser
Umfeld erreichen. Gott hat uns ein solches gegeben, für dieses sind wir
verantwortlich. Das sind die Leute bei der Arbeit, Nachbarn, der
Bekanntenkreis. Es geht darum, Gottes Liebe erfahrbar, spürbar, erlebbar zu
machen und davon zu erzählen. Unser Fokus war schon immer darauf gerichtet, wo
Gott uns die Verantwortung gab. Wöchentlich gehen wir mit den Studenten ihre Kontakte
durch, mit wem sie zum Beispiel telefonieren könnten, um die Temperatur zu
erhöhen, zum Beispiel, indem sie erzählen, was für eine Schule sie besuchen. Wir
schauen die Kontakte an und beten und hören, was Gott will, dass wir tun. Das kann zum Beispiel eine Kollegin von früher sein,
die man mal anrufen kann. Eine Woche später schauen wir jeweils, was passiert
ist.
Wie offen sind die Menschen heute?
Ich habe nicht das Gefühl, dass sie direkt wegen
Corona offener geworden sind. Oft geht es darum, warum die Menschen so fest mit
Corona beschäftigt sind, dann kann man mehr dazu herausfinden und anknüpfen.
Welche Innovation ist in der Krise entstanden?
Was wir neu machen, ist, dass gewisse Lehrabende nun online durchgeführt werden. Am 12. November spricht «Kuno» (Matthias Kuhn) darüber,
wie kann man Leute zu Jünger machen kann. Dadurch, dass es online ist, wird es auch
breiter gestreut werden. Online bieten wir auch einen Leiterschaftstest an, wo
wir mit jungen Leitern in Kontakt kommen, um ihr Potenzial zu fördern.
Was ist bislang entstanden, seit es das «Acts» gibt?
Wir existieren nun seit zwölf Jahren, uns freut, dass
wir in diesem Jahr die 200. Anmeldung erhalten haben. Das ist eine grosse
Freude. Unter anderem ist durch ehemalige Studenten «BlessThun» entstanden,
bald folgt «BlessSolothurn». Gerade im Oktober sind zwei ehemalige Studenten
nach Jordanien respektive Senegal in die Mission gegangen und verschiedene
Gemeindegründungen, wie zum Beispiel die «Glow Church» in Luzern, wurden durch
ehemalige Studenten von uns ins Leben gerufen. Weitere Projekte wie das
Cultures oder die Kulturschule wurden ebenfalls durch ehemalige Studenten
initiiert. Viele andere Studenten sind heute als Jugendpastoren unterwegs. Ein Ehepaar, welches das Acts machte, ist heute in
Wien in einem Bezirk, wo 100'000 Menschen leben und keine Gemeinde existiert.
Gerade in der schweren Zeit jetzt in Wien haben wir fünf Menschen vor Ort. Sie
bieten Aufgabenhilfe an, essen mit den Leuten und erzählen das Evangelium.
Was sind die nächsten Projekte?
Ich möchte noch mehr sehen, wie Leute Neues wagen und
dass wir über die Verbände hinaus sehen. Ich möchte sehen, wie neue
Volkgruppen, Quartiere und Städte erreicht werden. Dafür wollen wir uns
investieren, dass in der Schweiz, egal in welchen Verbänden, viele neue
Gemeinden und Projekte gegründet werden.
Über
«Acts»
Das
Intensivprogramm von «Acts» in Thun beginnt jeweils im Sommer und dauert elf
Monate. Die Studenten werden geschult in Gemeindegründung und Leadership, was
gleich auch in die Praxis umgesetzt wird. Der Leitsatz lautet «Leiten, Leben und
Gründen». Gelebt wird in einer WG, der Lebensunterhalt wird in einem Teilzeitjob
von zirka 70 Prozent bestritten.
Zum Thema:
Lehre und Leben verbinden: «Acts» schickt Studenten zuerst ohne Geld auf die Strasse
«& Acts»: «Wir träumen von neuen Gemeinden und Jesusbewegungen»
Matthias «Kuno» Kuhn : «Jüngerschaft beginnt zu Hause»
Datum: 10.11.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet