Talk mit Matthias Theis

Kommt da etwas Neues in der Schweiz?

Pastor Matthias Theis
Matthias Theis, Leiter der Buchegg Church Zürich, einer der grössten Kirchen der Schweiz, ist ehrlich: Die Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber der christlichen Botschaft macht ihm Mühe. Aber im Gespräch mit Flo Wüthrich zeigt er Hoffnung.

«Noch nie haben nach der Statistik des Bundesamts die Kirchen in der Schweiz so viele Menschen verloren», stellt Matthias Theis fest. «Das sollte uns aufhorchen lassen. Die Bevölkerung wächst, aber die Zahl der Christen fast nicht. Dabei geht es in anderen Kontinenten genau umgekehrt»

Es scheint niemanden so richtig zu interessieren

Als Gemeindepastor weiss Theis: «Viele Christen machen die gleiche Erfahrung: es scheint niemanden so richtig zu interessieren, was wir glauben.» Er hat seine Überlegungen angesichts dieser Tatsache in einem Grundsatzreferat zusammengefasst: «Frust im persönlichen Glaubensleben». 

Eine der Überzeugungen, die er dabei gewonnen hat: «Gott hat ein anderes Timing. Meistens muss man bei uns Menschen fünf bis zehn Jahre begleiten, bis sie zu sich für den Glauben öffnen.» Er plädiert dafür, bei den Menschen dranzubleiben, nicht nur als «frommes Projekt, sondern als «verlässlicher Freund». Mit Flo Wüthrich ist er sich übrigens einig: Bei jungen Leuten kann dieser Prozess viel schneller gehen. Trotz Frust also: Theis ist nicht entmutigt.  

LiFe 3.0

Er hat mit vielen Christen aus seiner Gemeinde das bekannte «Life»-Seminar von Urs Schmid überarbeitet und es post-modernisiert: «Wir haben es kulturell angepasst. Wir haben die Argumentation verändert und auch den Stil: Es ist nicht mehr so konfrontativ, nicht so viele `Abers`. Wir haben uns gefragt: Wie läuft heute so ein Prozess ab, dass sich jemand auf den Glauben einlässt? Wir haben es getestet, mit Freunden besprochen, die Jesus nicht kennen und machen jetzt sehr gute Erfahrungen damit.» 

Der Kurs kann bekanntlich in jeder Gemeinde eingesetzt werden. Auch Flo Wüthrich hat LiFe 3.0 angeschaut: «Der Kurs begeistert mich extrem; er ist mehr auf eine jüngere Generation angepasst, kommt auf positive Art im Stil mehr vom 'Zeitgeist' her.»

An Ideen mangelt es nicht…

Ausser dem strukturierten LiFe-Kurs gibt es aber viele Ideen, das ganze Jahr durch Impulse auf Jesus hin zu geben. «Zum Beispiel: Feiert Weihnachten auf natürliche Art mit Freunden zusammen. Erzähl in einem Lebensbericht, was du erlebt hast. Bei uns hat jemand einen Kurzinput zum Thema Weihnachten gegeben, zum Beispiel die total bewegende Geschichte von 'O du fröhliche'», berichtet Theis. «Viele aus der Gemeinde haben Weihnachten mit Freunden gefeiert. `Ìch fühlte mich wie umarmt`, sagte eine Frau daraufhin, `ich will mal in einen von euren Gottesdiensten kommen.» Jemand anders reagierte: «Das würde mich schon interessieren mit diesem Gott. Ich könnte ja schon mal beten; aber 50 Jahre wollte ich nichts wissen von Gott, da kann ich doch heute nicht einfach so kommen.» Woraufhin Theis mit der Geschichte vom verlorenen Sohn antwortete…

Neuer Hunger bei Jungen

Im Blick auf 7000 Teilnehmer am Praise Camp, in Vorausschau auf die EXPLO in Zürich Ende des Jahres, aber auch im Gespräch mit Leitern von Gemeinden und Werken merken beide Gesprächspartner: Es ist etwas Neues am Kommen. Junge sind oft die Vorreiter. Theis: «Viele Junge merken, dass es nicht nur um sie selbst geht. Neuer Mut entsteht, weil sie realisieren: `Ich brauche Jesus selbst in meinem Leben – und das ist auch wichtig für meine Kollegen.» Flo Wüthrich doppelt nach: «Wenn die Begeisterung vom Praise Camp überspringt auf die EXPLO und die Lokalgemeinden, da kann Gott nochmal etwas machen. Der GenZ wird ja manches nachgesagt, was sie nicht können. Aber viele erleben heute das Gegenteil, dass die erst recht aufstehen

Zeit für einen gemeinsamen Prozess?

Matthias Theis fasst die überall wachsende Sehnsucht in einen strategischen Gedanken zusammen: «Es ist viel Betroffenheit und die grosse Frage da: Macht Gott nochmal was? Ich denke, die Zeit ist gekommen, wo Kirchen, Verbände und Werke noch mehr als bisher alle Kräfte bündeln sollten. Ein gemeinsamer Prozess und eine schweizweite Strategie wäre doch ein Weg, wo jede Kirche sich einklinken kann. Wir haben verschiedene Theologien, aber im Grundanliegen sind viele Tausende Christen in der Schweiz eins: dass es wieder einmal einen deutlichen geistlichen Aufbruch gibt.»

Sehen Sie sich hier den Talk an:

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Datum: 11.02.2025
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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