«Zweifel hat Gründe – Glaube auch»
«Mich interessieren gute Argumente, die gegen den Glauben an Gott sprechen», behauptet der Autor im Vorwort. Und das spürt man dem Buch auch ab. Ja, Alexander Garth ist ein Apologet, ein «Verteidiger des Glaubens». Aber er ist dabei kein Westernheld, der den Colt seiner Antwort immer noch schneller ziehen kann als der böse Gegner den seiner Fragen. Wohl vor allem deshalb, weil er den Zweifler und Frager gar nicht als Gegner sieht und begreift.
Zweifel – die haben wir alle
Garth geht den Zweifel humorvoll und realistisch an. Zitiert Matthias Beltz, den Kabarettisten, der meint: «Die einen sagen, dass Gott existiert, die anderen, dass Gott nicht existiert. Die Wahrheit wird, wie so oft, in der Mitte liegen.» Garth gefällt sich nicht dabei, keine Antworten zu geben, aber immer wieder stellt er die Möglichkeiten des Glaubens und des Unglaubens gleichberechtigt nebeneinander. Er lobt den Zweifel als notwendigen inneren Dialog, ganz egal, wie gläubig oder ungläubig man ist, und unterstreicht: «Seinen Zweifeln muss man sich stellen, statt sie zu verdrängen.»
Postmodern sind die Antworten, nicht die Fragen
Der Verlag bewirbt das Buch mit der Behauptung, dass es die Zweifel postmoderner Menschen auf den Punkt bringt. Vielleicht. Doch die Fragen, die es aufwirft, die Fragen, die Alexander Garth darin behandelt, sind die alten Fragen der Menschheit: Warum gibt es so viel Leid auf der Welt? Kann es sein, dass nur eine Religion die richtige ist? Warum leben so viele Christen nicht so, wie sie sollten – von den Kreuzzügen bis zu heutigen Missständen?
Was dieses Buch von vielen anderen unterscheidet, sind weniger die genannten Zweifel, die behandelten Fragen. Es ist der Umgang damit. Garth findet – und nennt – viele gute Argumente für den Glauben. Aber im nächsten Atemzug hält er fest, dass es auch gute Gründe für Atheismus und andere Lebensentwürfe gibt. Bei allem Analysieren, woher bestimmte Meinungen kommen, wie bestimmte Auffassungen zu bewerten sind, bei allem Argumentieren findet Garth seine tragfähigen Antworten stets in der Beziehung zu Gott und nicht in theoretischem Wissen, das man nur bejahen muss. Postmodern sind damit eher die Antworten als die Fragen – auf eine ermutigende und für mich sehr authentische und nachvollziehbare Art.
Gibt es Gewissheit?
Zweifel sind vorhanden, bei jedem. Richtig. Zweifel sind nicht das Ziel, sondern nur Durchgangsstadium. Richtig. Das Ziel ist Gewissheit. Falsch. Alexander Garth bricht eine Lanze dafür, dass unser Ziel mit Zweifeln der Umgang damit ist, unser innerer Dialog, den wir zulassen.
Gewissheit dagegen ist ein Geschenk, eine «Sternstunde der Spiritualität», nichts, was wir «machen» können. Ausserdem gibt es sie «nur frisch. Konservierte Gewissheit begegnet uns als Orthodoxie, als 'reine Lehre', als religiöses Prinzip, als dogmatische Rechthaberei. Lebendiger Glaube lebt mit dem Zweifel. Lebendiger Glaube überwindet den Zweifel, aber nicht ein für alle Mal, sondern immer wieder. Der Glaube muss sich zur Gewissheit durchglauben, jeweils neu.»
Klare Empfehlung!
Wer den inneren Dialog mit seinen eigenen Zweifeln beleben oder Fragen aus seinem Umfeld sprachfähig begegnen will, der bekommt mit dem Buch von Alexander Garth eine provozierende, inspirierende und ermutigende Basis dazu.
Zum Buch: «Zweifel hat Gründe – Glaube auch»
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Datum: 12.09.2014
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet