StopArmut im Gespräch mit Ökumenischer Kampagne
Am 10. Februar startet die diesjährige Ökumenische Kampagne. Heuer appelliert die Kampagne an die Verantwortung der Schweizer Unternehmen, menschenrechtskonform zu wirtschaften; im Fokus steht insbesondere der schmutzige Goldhandel in Burkina Faso. Hauptträger der fastenzeitlichen Spenden- und Informations-Offensive sind seit 1969 das katholische «Fastenopfer» und «Brot für alle» (BfA), die Entwicklungsorganisation der Evangelischen Kirchen.
Grosse inhaltliche Nähe
Ähnliche Themen wie die Ökumenische Kampagne bearbeitet die Bewegung «StopArmut», das freikirchliche Pendant der landeskirchlichen Hilfswerke. Immer wieder kommt es zu einer punktuellen Zusammenarbeit der drei christlichen Organisationen. Alle drei arbeiten beispielsweise heuer im Initiativkomitee der Konzernverantwortungsinitiative mit.
Die beiden evangelischen Hilfswerke, die sich ihrerseits wieder als Sammelbecken kirchlicher Hilfsorganisationen verstehen, zählen teilweise die gleichen Partnerwerke zu ihren Mitgliedern, so die Heilsarmee oder «Tearfund». Die Wege von «StopArmut» und «Brot für alle» haben sich gerade jüngst wieder bei einem Gottesdienst in der Lausanner Kathedrale gekreuzt, der den Startpunkt für die neuen UNO-Nachhaltigkeitsziele markierte.
Die Zeit ist gekommen
Gibt es einen Trend in Richtung Kooperation der kirchlichen Hilfswerke, der gar noch mehr Frucht bringen könnte? «Wir könnten uns vorstellen, dereinst auch bei der Ökumenischen Kampagne mitzumachen», bejaht Peter Seeberger, Kampagnenleiter bei «StopArmut».
Bereits vor zwei Jahren hat «StopArmut» bei den Verantwortlichen der Ökumenischen Kampagne angeklopft und eine Kooperation angeboten, weil sich damals beide Seiten den Themen Umweltschutz und Armutsbekämpfung widmeten. Man fand sich nicht – aus zeitlichen Gründen, wie Seeberger betont. Jetzt sähe er indes die Zeit gekommen, über weitere Kooperationsformen nachzudenken: «Unsere entwicklungs- und sozialpolitische Ausrichtung ist weitgehend deckungsgleich», argumentiert Seeberger. Die theologischen und liturgischen Differenzen, die es zu respektieren gelte, spielten hier kaum eine Rolle.
«Fastenopfer»/«Brot für alle»: Skepsis
Mit einem Ausbau der Zusammenarbeit würde die Ökumenische Kampagne mit einem Schlag 200'000 freikirchliche Christen zusätzlich erreichen. Eine Mitgift, die umso bedeutsamer erscheint, je mehr der christliche Spendenmarkt schrumpft.
Dennoch sind die Verantwortlichen der Landeskirchen-Hilfswerke eher skeptisch. Fastenopfer-Direktor Patrick Renz hegt zwar Verständnis für den «Effizienzgedanken» und lobt die punktuelle Zusammenarbeit mit «StopArmut», ein weiteres Zusammenrücken sei aber derzeit nicht geplant: «Wir müssen aufpassen, dass wir unsere treuen Spender nicht irritieren», mahnt Renz. Der zum Pompösen neigende Stil der Freikirchen, wie er jüngst wieder an der Grossveranstaltung «Explo15» in Luzern zelebriert wurde, riskiere zu fest zu irritieren.
Unterschied ist eine Chance
Während Peter Seeberger in den Stilunterschieden just «eine Chance» erkennt, sieht Renz darin eine Gefahr für die Fastenopfer-Identität – gibt aber auch zu, dass er selber noch nie eine «StopArmut»-Veranstaltung live miterlebt hat.
Auch bei «Brot für alle» gibt man sich zurückhaltend. «Die Ökumenische Kampagne ist schon heute sehr komplex», sagt BfA-Direktor Bernard DuPasquier. Es gelte jeweils, die Programmeinsätze vieler verschiedener Partner mit dem Kampagnenthema zu koordinieren, ohne das Profil zu verlieren. Ein zusätzlicher Partner würde diesen Prozess weiter erschweren.
«Wir verfolgen zwar die gleichen Ziele wie «StopArmut», aber das schliesst Diversität nicht aus», so DuPasquier. «Oft können gerade kleinere Werke klarere Ziele formulieren und pointierter auftreten.» Keine Bedenken hätte der BfA-Direktor wegen der unterschiedlichen Stiltraditionen in Frei- und Landeskirchen, die gleichen Vorbehalte würde er auch gegenüber einer verstärkten Kooperation mit einem säkularen Hilfswerk wie Helvetas vertreten.
Nüchterne Verbandslogik
«StopArmut» dürfte also einen schweren Stand haben, wenn es auf die Verantwortlichen der Ökumenischen Kampagne zugeht, um Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation auszuloten. Ein ökumenischer Idealismus, der mit der Bündelung der Kräfte die Hoffnung verbindet, der Welt ein glaubwürdigeres christliches Zeugnis zu geben, trifft auf nüchterne Verbandslogik und Wettbewerbs-Realismus.
Letzteren betont auch ein Experte: «Die etablierten Hilfswerke riskierten mit einer Öffnung ihre klare Positionierung preiszugeben, die ihre Organisation gegenüber den Mitbewerbern abgrenzt», formuliert Hans Lichtsteiner vom Institut für Verbandsmanagement der Universität Freiburg i. Ü. «Insofern wäre ich vorsichtig, zu schnell eine Kooperation einzugehen.»
Erfolgsprojekte wären Schlüssel
«StopArmut»-Kampagnenleiter Peter Seeberger lässt sich von der verbreiteten Skepsis nicht entmutigen. Er vertraut darauf, dass der Schwung zu ökumenischen Würfen immer zuerst in einem Schulterschluss von Persönlichkeiten entstand, die über Widerstände hinaus einer Vision folgten.
Selbst Fastenopfer-Direktor Patrick Renz schliesst einen überraschenden Elan nicht ganz aus: Dann nämlich, wenn man gemeinsam «Erfolgsprojekte» zustande brächte, zum Beispiel der Konzernverantwortungsinitiative zum Durchbruch verhelfen würde. Das heisst: Wer der Konzernverantwortungsinitiative zustimmt, hilft der Ökumene unter den christlichen Hilfswerken.
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Datum: 28.01.2016
Autor: Remo Wiegand
Quelle: Kath.ch