Aktion Gratishilfe

Die Liebe Gottes zeigen und Fenster putzen

Die Baptistengemeinde Bülach entschied sich, etwas für das Gemeinwohl zu tun. Während zwei Wochen pro Jahr bietet sie private Gratishilfe im Alltag an. Braucht das überhaupt jemand?
Aktion Gratishilfe in Bülach
Freiwillige Helfer der Aktion Gratishilfe in Bülach

Vor ein paar Jahren wurde ein Bülacher Stadtrat an der Jubiläumsfeier der Baptistengemeinde gefragt, was dem Ort fehlen würde, wenn es die Freikirche nicht gäbe. Der Mann nahm kein Blatt vor den Mund. Seine ernüchternde Antwort war: «Nichts!»

«Das hat uns aufgerüttelt», erinnert sich Helena Gysin, Sekretärin der besagten Gemeinde. Man musste sich eingestehen: «Es ist wirklich so, wir machen nichts für die Stadt.» Damit das nicht so bleibt, wandte sich die Gemeinde an Campus für Christus und deren «Aktion Gratishilfe». Nun führen sie die Kampagne bereits zum dritten Mal durch. Mit dabei sind auch die Täufergemeinde (ETG), die Gemeinde für Christus (GfC) sowie die Vineyard.

«Trifft den Nerv der Zeit»

Die reformierte Kirchgemeinde blieb auf Distanz, da sie gerade selbst dabei war, ein Nachbarschaftshilfe-Projekt auf die Beine zu stellen. Diese Spannung hat sich mittlerweile in Wohlwollen aufgelöst. Auch deshalb, weil die Freikirchen allfällige Spendengelder direkt an das Projekt der reformierten Kirche weitergeben. «Es hat sich eine freundschaftliche Beziehung entwickelt», freut sich Helena Gysin. Auch die Reaktionen der politischen Gemeinden waren geteilt. Während ein Gemeindeblatt nicht einmal ein bezahltes Inserat für die Aktion annehmen wollte, veröffentlichte ein anderes das Inserat gratis, es handle sich ja um eine «gute Sache».

Und die Bevölkerung? Braucht überhaupt jemand in unserem Sozialstaat so ein gut gemeintes Angebot? Helena Gysin zögert nicht lange: «Ja, absolut! Wir hatten schon zwei Wochen vor der Aktion Anfragen.» Bevor der erste Einsatz stattfand, waren bereits 80 Aufträge eingegangen, insgesamt werden es über 100 sein. Eine Frau meldete sich sogar aus Winterthur, was wegen der Distanz leider abgelehnt werden musste. «Die Gratishilfe trifft den Nerv der Zeit, jedenfalls bei uns», meint Gysin.

Auch Millionäre können anrufen

Die angebotenen Hilfeleistungen reichen von verschiedenen Beratungen über Gartenarbeiten, Einkäufen, bis hin zu Kinderbetreuung. In diesem Jahr sei jedoch das Fensterputzen der grosse Renner. Gysin betont, dass man nicht hinterfrage, ob die Hilfe tatsächlich benötigt wird oder ob jemand einfach zu faul ist, seine Fenster selbst zu putzen. «Es könnte auch ein Millionär anrufen und wir würden ihm helfen.» Es gehe schlicht darum, Gottes Liebe in die Häuser zu bringen – bedingungslos. Dabei sei es auch nicht das Ziel, über den Glauben zu reden. «In Tat und Wahrheit kommt man über den Smalltalk allerdings durchaus zu solchen Themen», so Helena Gysin.

Nicht Windows, sondern Fenster

Oliver Rüegger, der ETG-Jugendpastor, macht schon zum dritten Mal mit. Sein Gebiet ist eigentlich der Computersupport, doch diesmal kam auch er nicht um das Fensterputzen herum. «Es macht mehr Spass, als ich gedacht habe», zeigt er sich erleichtert. «Die Frau, der wir geholfen haben, war sehr dankbar, dann macht man die Arbeit auch gerne.» Sie habe wegen einer Schulteroperation die Arbeiten nicht selbst erledigen können. «Wir wollen den Leuten einfach Gutes tun und mit praktischer Hilfe etwas von der Liebe Gottes weitergeben.» Auf Misstrauen stosse man dabei kaum, sonst hätten sich die Betreffenden gar nicht erst gemeldet. Conni Bänninger besucht die Baptistengemeinde. Sie ergänzt: «Es gibt viele ältere und körperlich beeinträchtigte Personen, die zu wenig Hilfe erhalten. Ich will ihnen zeigen, dass es Menschen gibt, die unverbindlich helfen und anderen gerne einen Gefallen tun.» Wenn die Leute merken würden, dass man es einfach gut meine, seien sie sehr aufgeschlossen und erfreut. Bänninger hat die Erfahrung gemacht, dass manche Kontakte durch die Hilfeleistung auch nach der Aktion weiterbestehen bleiben.

Bleibt zu hoffen, dass die Aktion im Ort bemerkt wird und die Antwort des Bülacher Stadtrats bei der nächsten Jubiläumsfeier etwas ausführlicher und vor allem positiver ausfällt.

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Datum: 31.03.2015
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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