Die sieben Triebkräfte der Verfolgung
Am 18. April 2007 wurde der deutsche Missionar Tilmann Geske auf brutale Weise in der Türkei ermordet. Geske war Absolvent der STH Basel, die nun einmal im Jahr mit Gedenkvorlesungen an den ehemaligen Studenten erinnern will. Gleichzeitig soll so auf die Lage verfolgter Christen und die christliche Mission aufmerksam gemacht werden.
Zur ersten Veranstaltung dieser Art am 11. Todestag war Geskes Witwe Susanne aus der Türkei angereist, wo sie bis heute lebt. Susanne Geske berichtete kurz von den vielschichtigen Entwicklungen im Land am Bosporus. Auf der einen Seite sei die Türkei weiterhin im Ausnahmezustand, die Repression durch die Regierung sei drückend. Anderseits würden dadurch viele Fragen in der Bevölkerung aufkommen. Sie stelle eine grössere Offenheit für das Evangelium fest.
Christenverfolgung und allgemeine Religionsfreiheit
Professor Christof Sauer gab im Anschluss einen Überblick über die Situation der Verfolgung auf der ganzen Welt. Der Vizedirektor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit gab zu bedenken, dass heute drei Viertel der Weltbevölkerung in Ländern leben, in denen die Religionsfreiheit stark eingeschränkt ist. Das sind meist dieselben Länder, in denen es um die Freiheit der Christen nicht gut bestellt ist. Darum solle man, wenn man von Christenverfolgung spreche, immer auch von allgemeiner Religionsfreiheit sprechen, betonte Sauer.
Islamismus und religiöser Nationialismus auf dem Vormarsch
Er zählte sieben «Triebkräfte der Verfolgung» auf, die heute besonders wirksam seien. Die erste und wichtigste sei nach wie vor die islamische Unterdrückung, und zwar nicht nur in traditionell islamischen Staaten, sondern vermehrt auch durch die Expansion und Radikalisierung von Muslimen, etwa in Nordafrika. Trauriges Beispiel ist Nigeria, wo Boko Haram sein Unwesen treibt. Auf dem Vormarsch sei aber auch der religiöse Nationalismus in Staaten wie Indien, Sri Lanka oder Bangladesch. Die Hindu-Bewegung in Indien geht mit grosser Rücksichtslosigkeit vor, vertreibt Pastoren, forciert Zwangskonversionen und übt auch Gewalt gegen Christen und andere Minderheiten aus.
Säkularismus im Westen
Leider gibt es laut Sauer auch immer noch Diskriminierung von Christen gegen andere Christen, wie etwa in Russland, wo die orthodoxe Kirche versucht, andere Konfessionen fernzuhalten. Auch die westliche «säkularistische Intoleranz» zählte er auf. Diese sei zwar vom Schweregrad der Verfolgung noch nicht vergleichbar mit anderen Situationen, aber Bestrebungen wie das Entfernen von religiösen Symbolen aus der Öffentlichkeit, die Ausgrenzung von christlichen Studentengruppen an deutschen Universitäten oder die Entlassung von Ärzten, die keine Abtreibungen vornehmen wollen, weise in eine ungute Richtung. Als weitere Triebkräfte nannte er ethno-religiöse Vorbehalte, kommunistische Unterdrückung, diktatorische Paranoia und das organisierte Verbrechen und Korruption.
Zum Thema:
Christenverfolgung: Open Doors veröffentlicht Weltverfolgungsindex 2018
Lukas Geske: «Ich vergebe den Mördern meines Vaters»
Neun Jahre danach: Malatya-Mörder bekommen lebenslange Haft
Datum: 24.04.2018
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Spektrum Schweiz