Warum Evangelische in Lateinamerika wachsen
Das renommierte PEW-Forschungsinstitut (Washington DC) befragte 30'000 evangelische Gläubige in 18 Ländern Lateinamerikas in diesem Jahr persönlich nach ihrem Glauben. In Nicaragua, Uruguay, Brasilien und El Salvador beträgt der Rückgang der Katholiken jeweils über 20 Prozentpunkte. Ein Drittel der gegenwärtigen Protestanten in den untersuchten Ländern wurden noch als Katholiken erzogen. In den meisten Ländern finden Bekehrungen zum evangelischen Glauben unter 25 Jahren statt. Der Hauptgrund: 81% der Konvertiten gaben an, dass sie eine persönliche Beziehung zu Gott gesucht hätten, 69% suchten einen anderen Gottesdienststil.
Die PEW-Untersuchung hat weitere interessante Details über Glaubensinhalte und –praxis der evangelischen Christen in Lateinamerika ans Licht gebracht. Wir bringen einige der wichtigsten im Auszug.
Persönliche Evangelisation sehr unterschiedlich
In den meisten Ländern gibt ungefähr einer von drei Gläubigen seinen Glauben «mindestens einmal pro Woche» weiter. Am fleissigsten evangelisieren die Gläubigen in Guatemala (53%), El Salvador (45%) und Brasilien (43%), am wenigsten in Argentinien (18%), Chile (21%) und Uruguay (25%). Mehr als die Hälfte aller, die sich vom Katholizismus zum evangelischen Glauben bekehren, sagen, dass ihre neue Gemeinde sie aktiv erreicht hätte.
Pfingstler ist nicht gleich Geisterfahrung
Während sich 2 von 3 Protestanten in Lateinamerika zur Pfingstbewegung zählen, bezeugen nur 20-50% der Gläubigen einen «hohen Grad an Erfahrungen mit den Gaben des Heiligen Geistes» wie Heilung, Befreiung von Dämonen, Sprachenrede oder Prophetie. Spitzenreiter sind hier Brasilien (52%), die Dominikanische Republik (51%), Panama (48%) und Kolumbien (47%). Am anderen Ende der Skala der Geisterfahrungen liegen Bolivien (21%), Paraguay (22%), Mexiko (22%) und Chile (24%).
Wohlstandsevangelium
Obwohl weit verbreitet, ist das Wohlstandsevangelium lange nicht überall die Hauptansicht unter Protestanten in Lateinamerika. Mit dem Satz «Gott wird den Gläubigen Reichtum und Gesundheit schenken, die genug Glauben haben» sind einverstanden: Brasilien (56%), Chile (59%), Puerto Rico (60%) und Uruguay (62%). Auf der anderen Seite bejahen in Venezuela 91%, in Guatemala 90% und in Bolivien 89% der evangelischen Christen das Wohlstandsevangelium.
Gebet und Gottesdienstbesuch
In den meisten Ländern geben etwa die Hälfte der Protestanten an, «täglich zu beten und wöchentlich die Gemeinde zu besuchen». Am fleissigsten auf diesem Gebiet sind die evangelischen Christen in Guatemala (75%), El Salvador (71%), der Dominikanischen Republik (65%), von Honduras (63%) und Kolumbien (62%). Am nachlässigsten sind Gläubige in Mexiko und Chile (je 37%), Uruguay (38%) und Argentinien (41%).
Evangelisation oder soziale Aktion?
Was die alte Debatte anbetrifft, ob Evangelisation oder soziale Arbeit zuerst kommen müsse, betonen die meisten Evangelischen die Evangelisation, aber in einigen Ländern steht die soziale Aktion im Vordergrund. Dass Evangelisation den Armen am meisten hilft, glauben in Paraguay 68 %, in der dominikanischen Republik 66 % und in Venezuela 60 %. Auf der anderen Seite glauben in Mexiko 56 %, in Guatemala 55 % und in Chile und Puerto Rico je 48 %, dass praktische Taten der Liebe den Armen am meisten helfen. In Honduras, in Kolumbien und in Paraguay glauben je rund 20 % der Evangelischen, dass Christen zuerst ihre Regierung überzeugen sollten, die Armen zu schützen.
Sind Katholiken Christen?
Die Protestanten sind durchaus geteilter Meinung, ob Katholiken Mitchristen sind. Diese Frage wird in Argentinien (81 %), Paraguay (80 %), Puerto Rico (76 %) und Brasilien (74 %) positiv beantwortet. Auf der anderen Seite akzeptieren in Venezuela nur 51 %, in Ecuador 52 %, in Peru 53 %, in Bolivien und in Guatemala je 54 % der Evangelischen, dass Katholiken auch Christen sind. Argentinien ist übrigens das einzige Land, in dem Katholiken Evangelische eher als Christen akzeptieren als umgekehrt.
Datum: 21.11.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet/ Christianity Today