Flüchtlinge werden Botschafter
Der Sudan ist das drittgrösste Land Afrikas und flächenmässig etwa sechs Mal so gross wie Deutschland. Rund 26 Millionen Muslime leben dort. Nach Jahrzehnten des Bürgerkrieges wurde der Süd-Sudan mit seiner christlichen Bevölkerungsmehrheit im Juli 2011 ein eigener Staat. Die sudanesische Regierung verfolgt im eigenen Land seit längerer Zeit eine restriktive Islamisierungs- und Arabisierungspolitik und geht dabei auch mit militärischen Mitteln gegen die eigene Bevölkerung vor. Davon betroffen ist auch die Region der Nuba Berge an der Grenze zum Süd-Sudan.
Viele Menschen aus dieser Region haben Zuflucht in Flüchtlingslagern jenseits der Grenze im Süd-Sudan gefunden. Sie haben ihr Zuhause, Familienmitglieder, ihr Land und ihre Lebensgrundlage verloren, nachdem sie durch das sudanesische Militär wiederholt attackiert und bombardiert wurden.
Flüchtlinge wollen ihre Völker erreichen
Nun leben sie in Flüchtlingslagern, wo sie von verschiedenen Hilfsorganisationen mit dem Nötigsten versorgt werden und zum Teil selber Nahrungsmittel anbauen können. Unter diesen Flüchtlingen gibt es auch Christen und ehemalige Muslime, die zum Christentum konvertiert sind. Sie haben sich zu kleinen Gemeinden in den Lagern zusammengefunden. Ihr Anliegen ist es, ihre muslimischen Landsleute mit dem Evangelium zu erreichen.
Durch internationale Beziehungen kam das christliche Hilfswerk «ReachAcross» in Kontakt mit Leitern, die in einem dieser Lager arbeiten. Sie baten um Hilfe bei der Schulung einheimischer Gläubiger.
70 Stammesgruppen
Zahlreiche dieser Flüchtlinge sind daran interessiert zu lernen, wie sie Bibelgeschichten und ihr eigenes Erleben mit Gott weitergeben und dann auch neue Gläubige in kleinen Hauskirchen betreuen können. Die einheimischen Leiter haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, alle der über 70 Stammesgruppen in ihrem Flüchtlingscamp und ihrer Heimatregion zu erreichen.
Da es für ausländische Mitarbeiter praktisch unmöglich ist, im Sudan zu arbeiten, bietet sich hier im Camp im Süd-Sudan die einzigartige Möglichkeit, diese Volksgruppen während der Zeit ihres Aufenthaltes im Lager mit dem Evangelium bekannt zu machen und Kirchen zu gründen.
Gleiche Kultur
Wenn dann die Flüchtlinge in ihre angestammten Gebiete zurückkehren, kann auch die Gute Nachricht durch die jungen Christen in ihre alte Heimat gelangen und auch die erreichen, die nicht geflüchtet sind. Eine der grossen Herausforderungen ist, dass die allermeisten Volksgruppen im Camp orale Kulturen sind. Das heisst, die lokalen Sprachen sind gesprochene Sprachen ohne Schrift.
Es gibt zudem nur sehr wenige Einheimische, die lesen und schreiben können. Bibelübersetzungen in ihren Sprachen existieren nicht. Allerdings sind die Leute sehr geübt, mündlich zu kommunizieren und Geschichten zu erzählen. Zur ihrer Kultur gehört es, Geschichte und Tradition durch Erzählungen, Lieder und Tänze von Generation zu Generation weiterzugeben. So wird versucht, das Evangelium in einer Art und Weise zu vermitteln, wie sie diesen Menschen vertraut ist. Nach dem Vorbild von Jesus, der die Menschen mit Geschichten und Gleichnissen gelehrt hat, werden die Teilnehmer in den Schulungen befähigt, biblische Inhalte verständlich, genau und spannend wiederzugeben und auf Fragen ihrer muslimischen Landsleute zu antworten. Da diese einheimischen Gläubigen viel näher bei ihren Landsleuten sind, Sprache und Kultur kennen, können sie ihnen den Glauben einfacher und besser weitergeben.
Bis 2016 soll zweimal jährlich im Frühling und Herbst ein solches Ausbildungsprogramm stattfinden. Vorerst leistet «ReachAcross» dort Kurzzeiteinsätze, die jeweils rund einen Monat dauern.
Datum: 11.11.2013
Autor: Jürg Gugger
Quelle: ReachAcross