«Leben Live» in Thun

Modell einer erfolgreichen Grossevangelisation

Der Theologe und Evangelist Urs Schmid, Redner an «Leben Live» in Thun, hat das Erfolgsrezept der Veranstaltungsreihe analysiert und kommt zum Schluss: «Die Zeit der Grossevangelisationen ist nicht vorbei». Als erfolgreich weisen schon die Zahlen der Veranstaltungsreihe aus: Über 30 mitarbeitende Gemeinden, total 14'000 Besucher, über 350 freiwillige Helfer sowie überraschend viele Menschen – die Veranstalter nennen keine Zahlen –, welche sich für den Glauben an Christus oder eine Erneuerung ihres Glaubens entschieden haben.
Die Heilsarmee-Band Takasa auf der «Leben Live»-Bühne.
Der amerikanischer Erweckungsprediger Charles Finney
Der Musicaldarsteller Simon Frenzel sorgte mit Gospel-Soul-Sängerin Tracey Campbell für Stimmung.
Urs Schmid
christliche Werte

Aktualisiertes Konzept von Charles Finney

Urs Schmid, der selbst über Erweckungsgeschichte doktoriert hat, vergleicht das Konzept von Leben Live Thun in der Zeitschrift SPMzoom (September 2014) mit dem Konzept der Grossevangelisationen von Charles Finney. Dieser stellte für eine erfolgreiche evangelistische Grossveranstaltung die folgenden Bedingungen:

  • Sie soll mehrere Tage oder gar Wochen dauern.
  • Die Not des verlorenen Sünders soll in der Verkündigung thematisiert werden.
  • Der Sünder soll zur Entscheidung aufgerufen werden und nach vorne kommen.
  • Mit den Busswilligen wird eine Nachversammlung gehalten.

Finneys Meinung, dass eine Evangelisation mehrere Tage dauern soll, ist laut Schmid nach wie vor aktuell. Für Leben Live war es wichtig, dass die Veranstaltung mit dem hochprofessionellen Konzert «Hymns and Prayers» begann, bevor die eigentlichen acht evangelistischen Events starteten. Denn es ist für Schmid klar, dass eine Veranstaltungsreihe von einer Woche viel mehr Aufmerksamkeit erregt und Wirkung zeitigt als ein Sonntagsgottesdienst oder drei evangelistische Veranstaltungen an einem Wochenende.

Auf dem «Markt» bewährt

Finney hat laut Schmid die Kommunikationskultur seiner Zeit so genau getroffen, dass seine Veranstaltungen grossen Andrang auslösten. Seine Evangelisationen hätten sich «auf dem Markt» bewährt. Für Leben Live bedeutete dies, dass die Veranstaltungen ausnahmslos «fernsehtauglich» waren. Von Anfang an habe man darauf geachtet, dass auf der Bühne ein hoch professionelles Programm geboten werde. Musiker, Moderatoren, Interviewpartner, Pantomime, Theatereinlagen und Referenten: Alle wurden ausgesucht und angewiesen, eine bühnenreife Höchstleistung zu zeigen. Dadurch habe sich Leben Live auch «auf dem neuzeitlichen Markt» bewährt. Die hohe Qualität der Performance auf der Bühne habe die Besucher Abend für Abend überzeugt.

Verändertes Weltbild

Finney wollte den inneren Zustand des verlorenen Menschen thematisieren und ihn damit zur Umkehr bewegen. Das Weltbild hat sich aber seit der Zeit von Finney aber massiv verändert. Schmid: «Die Menschen der damaligen Zeit lebten noch in mittelalterlicher Gottesfurcht und in der Angst vor ewiger Verlorenheit.» Wie zur Zeit von Martin Luther war die Frage aktuell: «Wie kriege ich einen gnädigen Gott?».

Der Mensch in der postmodernen Zeit lebe jedoch keineswegs in diesem Weltbild. Doch er erlebt laut Schmid «die Verlorenheit in anderen Zusammenhängen hautnah: 1'000 Freunde auf Facebook – und doch allein! Die Frage nach dem Sinn des Lebens – oder eben der postmodernen Sinnlosigkeiten – bedrängt die Menschen heute so sehr, dass in der Schweiz jedes Jahr über 1'000 Suizide zu beklagen sind.» Die Leistungsgesellschaft messe den Wert einer Person an seiner Leistungsfähigkeit, was für zahllose Menschen zur drängenden Frage «Was bin ich wert?» führe. Leben Live wählte daher das Motto: «Weil das Leben Fragen stellt». Es prägte die Suche nach den richtigen Themen, geeigneten Interviewpartnern und Referenten.

Professionelles Begleitprogramm

Das professionell moderierte Vorprogramm habe ausserdem die Verbindung von Unterhaltung, Show und Einführung in die Thematik der Veranstaltung geschaffen. Das Referat war mit rund 30 Minuten kurz und klar. Jede Botschaft führte zum Kreuz von Jesus Christus und gipfelte im Aufruf, sich für die Beziehung zu Jesus zu entscheiden. Das Resultat: Jeden Abend folgten grössere und kleinere Gruppen dem Aufruf.

Schmid zieht daraus das Fazit: «Ohne Zweifel ist das postmoderne Denken unserer Zeit eine Herausforderung für die evangelistische Verkündigung! Ein Rückfall in die mittelalterliche Bildsprache ist kontraproduktiv, weil sie keinen sinnvollen Zusammenhang mit dem Denken und Erleben des Zuhörers hat.» Doch das Evangelium hat in jeder Kultur Kraft. Das biblische Motto: «Weisst du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr leitet» (Römer 2,4) ist auch für den postmodernen Zuhörer ausserordentlich stark: Jesus gibt seine Liebe, Vergebung, Zugang zum Vaterhaus, Sinn und Wert, Orientierung und Beziehung.

Anspruchsvoll: Der Ruf zum Kreuz

Besonders anstössig ist für viele der öffentliche Aufruf, der «Ruf zum Kreuz». Auch er ist ein Erbe von Charles Finney. Urs Schmid räumt ein, es sei für Gäste in der Tat anspruchsvoll, in einer unbekannten und fremden Umgebung «nach vorne» zu kommen. Und es sei für den Redner anspruchsvoll, diesen «Ruf» in der richtigen Art und Weise – einladend, abholend, ernst und freundlich – zu gestalten.

Laut Schmid darf dieser «Ruf zum Kreuz» dennoch nicht fehlen: «Er gehört zur Evangelisation im Sinn von Finney wie das Amen zum Schluss eines Gottesdienstes! Ohne diese evangelistische Spitze verliert die ganze Veranstaltung das eigentliche Herzstück und kann sich nicht mehr als Fortsetzung von Evangelisation im Sinn vom Finney verstehen.» Denn die Notwendigkeit der Hingabe an Jesus solle für jeden Besucher unmissverständlich klar werden. Gleichzeitig solle eine «Entscheidung in Freiheit und als Antwort auf Gottes gewaltige Liebe» getroffen werden.

Weitere Elemente einer nachhaltigen Grossevangelisation sind laut Schmid auch die weitere Begleitung von Menschen, die eine Glaubensentscheidung getroffen haben und die Verkündigung in den Gemeinden. Bei Leben Live war die Seelsorge nach der Einschätzung von Schmid so gut organisiert, dass alle, die dem «Ruf zum Kreuz» folgten, auch einen qualifizierten Gesprächspartner oder eine ausgebildete Begleiterin erhielten. Entscheidend war für ihn auch die tragende Gemeinschaft der Gemeinden innerhalb der Evangelischen Allianz, die auch über die eigentlichen Veranstaltungen hinaus reicht.

Schmid zieht daher das Schlussfazit: «Leben Live Thun im Mai 2014 hat gezeigt, dass in der postmodernen Zeit Menschen sehr wohl Hunger nach Sinn, Orientierung, Glück und der Beziehung zu Gott haben. Wenn wir ihnen das Evangelium in heutiger Form und mit den heute relevanten Bildern und Gedanken weitergeben, nehmen sie es mit Freude an.»

Den vollständigen Text finden Sie in der September-Ausgabe von SPMzoom (erscheint Ende September 2014).

Zur Webseite:
Leben Live Thun
Schweizerische Pfingstmission
Bless2n

Datum: 21.08.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet/ SPMzoom

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