«Gott ist tolerant»
Toleranz ist ein sehr hoher Wert in unserer Gesellschaft. Anderen Meinungen und Lebensstilen gegenüber gilt es tolerant zu sein. Eigene Wertevorstellungen und Ansichten als absolut hinzustellen, wird als arrogant oder «hinterwäldlerisch» abgetan. Intolerant zu sein, kann sich der moderne Mensch kaum mehr leisten.
Wie gut und wichtig Toleranz auch sein kann, gilt es an dieser Stelle ganz schlicht festzuhalten: Gott ist NICHT tolerant. Er hat ganz konkrete Vorstellungen und duldet keine Abweichung. Da Gottes Gedanken höher sind als unsere, ist es natürlich weise, unser Verständnis nicht vorschnell als absolute Wahrheit hinzustellen. Doch auch dies ändert nichts daran, dass Gott nicht tolerant ist.
Vergeben ist nicht dasselbe wie tolerieren
«Es gibt nichts, das Gott nicht vergeben könnte!» In den Ohren eines modernen Europäers klingt das in etwa so wie «Gott ist tolerant». Doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Toleranz bedeutet, andere Werte und Vorstellungen zu akzeptieren. Die Distanz der eigenen Ansicht zu derjenigen der Mitmenschen wird als geringfügig und bedeutungslos erklärt.
Vergebung ist etwas ganz anderes. Der Vergebende sagt: «Was du mir getan hast, ist absolut nicht ok. Aber ich verzichte auf Rache, Genugtuung und rechne den Schaden für das, was unsere Beziehung belastet, nicht mehr an.» Somit zahlt der Vergebende den Preis für das Vergehen des anderen, während der Tolerante das Vergehen als bedeutungslos abtut.
Gott ist nicht tolerant! Er mag äusserst grosszügig sein, was Vergebung anbelangt, aber er ist nicht tolerant. Dass Gott gerne vergibt, bedeutet nicht, dass unsere Vergehen für ihn nebensächlich oder bedeutungslos sind. Aber es bedeutet, dass ihm unsere Gemeinschaft mit ihm wichtiger ist als Fehlerlosigkeit.
Kompromisslose Grosszügigkeit
Gott ist kompromisslos grosszügig, so dass wir ihn oft nicht verstehen. Er bietet seine Vergebung den grössten Verbrechern dieser Welt an: pädophilen Straftätern, Terroristen, Wirtschaftskriminellen, Lästerern – einfach allen. Er wartet sogar darauf, dass sich ihm diese Menschen zuwenden. Und er wartet manchmal solange, dass es scheint, ihm seien die Vergehen dieser Leute egal. Doch das Unrecht dieser Welt ist ihm genauso wenig egal wie diejenigen, die dieses anrichten. Er toleriert ihr Verhalten nicht – auch wenn ihr Handeln keine unmittelbare Konsequenzen nach sich zieht. Jesus hat mit seiner kompromisslosen Hingabe den Preis bezahlt, damit alle, die sich ihm zuwenden, nicht selbst die Konsequenz für ihr Handeln tragen müssen.
Der grosszügige Gott will mit jedem Menschen eine persönliche Beziehung. Er ist bereit, jedem zu vergeben, der sich nach seiner Vergebung ausstreckt. Aber er ist niemals tolerant und wird niemals darüber hinwegsehen, dass sein Wille missachtet wurde.
Wahre Einheit baut nicht auf Toleranz
Heute gilt die Einheit zwischen Christen als hohes Ziel. Sie ist auch Gottes Anliegen. Manche Christen glauben, dass Einheit erlangt wird, wenn wir die Andersartigkeit anderer Christen tolerieren. Gott hat ein grosses Herz für die Vielfalt und die sonderbaren Eigenarten der Christen. Aber er ist niemals tolerant, was seinen Willen anbelangt. Es liegt bestimmt nicht an uns, über Frömmigkeitsstile zu Gericht zu sitzen. Um zu echter Einheit zu gelangen, braucht es aber weder unsere Toleranz noch das Zelebrieren der Andersartigkeit des anderen (auch wenn dies durchaus mal heilsam sein kann).
Wahre Einheit finden wir allein in Jesus Christus. Menschen, die in einer lebendigen Beziehung mit Jesus leben, erleben eine gegenseitige Vertrautheit – und dies über jede konfessionelle, soziale und kulturelle Grenze hinweg. Sie brauchen keine Toleranz, sondern die Gemeinschaft mit Gott, der uns trotz unserer Mängel bedingungslos annimmt.
Respekt vor Gott
«Ist es denn ein Problem, tolerant zu sein?», mag nun jemand fragen. Wenn Gott nicht tolerant ist, dürfen wir es denn auch nicht sein?
Egal wie reif wir in unserem Glaubensleben sind, werden wir Gottes Wertmassstab nie ganz verinnerlichen können – dieser übersteigt unser Denken bei weitem. Und wenn wir Gottes Gnade nur ansatzweise verstanden haben, werden wir automatisch aufhören, das Verhalten der Mitmenschen zu beurteilen und ihnen ganz einfach in der Liebe Gottes begegnen.
Anzuerkennen, dass Gott nicht tolerant ist, führt aber zu Respekt vor ihm und dem Streben, seinen Willen immer besser zu erkennen und Menschen mit ihm bekannt zu machen. Gott wird allen, die ihn ernsthaft suchen, seinen Willen offenbaren. Gott zu respektieren schliesst dann auch das Bewusstsein ein, dass er weder ein selbsternanntes «Richteramt», noch chronisches Kritisieren toleriert.
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Datum: 19.03.2019
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet