«You & Us. UBS»
Der UBS wurde geholfen, weil die wirtschaftliche Entwicklung und das Ansehen der Schweiz mit ihr eng verknüpft sind. Zu eng? Schweizer werden im Ausland mit den Banken identifiziert. Normalerweise leben wir damit gut, zu gut; das Hilfspaket ist die dramatische Kehrseite.
Scheichs am Paradeplatz
Offenbar erkannten auch Bundesrat und Nationalbank nach den staatlichen Stützungsaktionen im EU-Raum dringenden Handlungsbedarf. "Beeindruckend" nennt das Wirtschaftsblatt NZZ die Dimensionen des Pakets: maximal 54 Milliarden Dollar von der Nationalbank für die neue Zweckgesellschaft der UBS, sechs Milliarden Dollar vom Bund für ihr Eigenkapital. Dass nun auch bei der zweiten Grossbank, Credit Suisse, Scheichs vom Golf ein gewichtiges Wörtchen mitreden, war an diesem Tag kaum der Rede wert.
Ungeheuer
Was Nationalbank und Bund vorkehren, ist ungeheuer - wenn man das übliche politische Feilschen etwa in der Familienpolitik zum Vergleich nimmt. Aber bei der UBS sprengt alles die vertrauten Proportionen, auch das Sündenregister, das die Eidgenössische Bankenkommission gestern auf 16 Seiten publizierte.
Im Dokument, das beim Berner Donnerschlag vorerst unterging, heisst es zur Blindheit der UBS-Oberen gegenüber dem Ausmass der Risiken bei minderwertigen US-Hypotheken: "Darin liegt eine bedeutende organisatorische Fehlleistung, welche in einem aussergewöhnlichen Marktumfeld verheerende Folgen hatte." Die interne Revision habe bis zum Krisenausbruch im August 2007 bei der Investmentbank nie (!) auf die Risiken der Subprime-Papiere hingewiesen.
Nachgereichte Ohrfeige
Die UBS hat sich selbst demontiert und der Schweiz schwer geschadet. Dass der Staat der Bank unter die Arme greife, müsse Schweizern als "demütigender Niedergang" vorkommen, schreibt die New York Times.
Die Öffentlichkeit muss es als nachgereichte Ohrfeige der Ära Ospel empfinden, wenn - wie die Bankenkommission schreibt - die Verantwortlichen im Investmentbereich bei ihrem unrühmlichen Abgang "teils hohe Abgangsentschädigungen in bar" erhielten. Dies auch wenn sie "vertraglich vereinbart und deshalb auch geschuldet waren".
Die Quittung
Die UBS verlor im dritten Quartal 2008 gegen 80 Milliarden Franken an Kundengeldern, und im Oktober muss sich die Abwanderung beschleunigt haben. Das Vertrauen sei "klar angekratzt", gab Konzernchef Marcel Rohner in der Tagesschau zu. Zugleich drosch er die Phrasen weiter ("Problematik definitiv gelöst", "umfassende Lösung gefunden", "können sehr positiv in die Zukunft schauen", "Probleme schnell und abschliessend lösen"), die sich mit dem Vertrauensschwund abgenutzt haben. Der Mann ist nicht zu beneiden.
Weiterhin Boni
Dass nicht nur der Präsident der Grünen, sondern auch jener der Wirtschaftspartei FDP von den Absturz-Verantwortlichen der UBS eine nachträgliche Rückgabe der Boni fordert: das gab es noch nicht. Die skandalösen Boni standen bezeichnenderweise auch im Zentrum des Gesprächs, das die NZZ mit dem neuen Chef Peter Kurer führte. Dieser gab zu, mit fixen Obergrenzen könnte man den Zorn in der Öffentlichkeit dämpfen. Er sei bereit, gratis zu arbeiten - aber es wäre absurd, wenn seine Mitarbeiter dabei sehr gut bezahlt wären. Offenbar können einzelne Leute der Grossbank (jene aus ihren profitablen Bereichen) immer noch mit Boni in zweistelliger Millionenhöhe rechnen.
Gott oder Mammon
Der Mammon ist ein blendender, aber unberechenbarer und ungerechter Tyrann. Regierung und Notenbank der reichen Schweiz haben einen "Rettungsring" ausgeworfen. Ein Befreiungsschlag mag es sein, hoffentlich stabilisierend. Christen wissen indes: Wir werden erst gerettet, wenn wir dem Mammon absagen. "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon": Werden die Schweizer den Satz von Jesus neu buchstabieren?
Links zum Thema:
Die Bibel über Reichtum und Besitz, Geld und Gier
Peter Kurer in der NZZ
Der Subprime-Bericht der Bankenkommission
Die New York Times zur Staatshilfe für die UBS
Büsst die Schweiz wie die UBS?
Datum: 17.10.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch