Sich vergessen

Vom Selfiekult und der Likessucht

Wo man geht und steht, das gleiche Bild: Frauen, Männer oder kleine Gruppen starren in ihr Smartphone und drücken ab. Um dann in den Sozialen Medien möglichst viele Likes dafür zu bekommen. Ist die Sucht unaufhaltsam?
Pärchen macht im Urlaub ein Selfie

Im Internet gibt es rund 13'000 Youtube-Seiten mit Anleitungen, wie man das richtige Selfie macht. Das ist die Botschaft: «Ich bin ich, und ich war…» (nach Belieben einfüllen: vor dem Eiffelturm, in Düsseldorf, auf der chinesischen Mauer, vor dem Verkehrsunfall, im Restaurant X oder im Badezimmer). Es müssen Milliarden Selfies sein, die jede Woche irgendwo geschossen und dann veröffentlicht werden.

Nie genug

In Kombination mit Facebook hat sich der Ego-Kult im 21. Jahrhundert zu unvorstellbaren Dimensionen entwickelt. Dass sich Menschen so wichtig nehmen, hat natürlich seine Gründe. Nach allgemein kultureller Definition bekomme ich meinen Wert davon, wie andere über mich denken. Je mehr die Leute mich mögen, um so mehr bin ich wert. Ich bin permanent auf der Suche nach Bestätigung. Irgendetwas in unserem Gehirn verändert sich, und jedes «Like» gibt uns eine kleine Dosis Dopamin. Es gibt Geschichten von Teenagern, die sich das Leben nahmen oder zumindest in eine Depression fielen, weil sie nicht mehr genügend «Likes» bekommen haben oder gemobbt wurden.

Das Problem der Menschen, die an der «Likessucht» leiden, ist natürlich, dass sie nie genug Anerkennung bekommen – und Kritik gegenüber höchst empfindlich reagieren (was das Zusammenleben nicht gerade einfacher macht). Denn Kritik bedeutet in ihrem Empfinden Ablehnung.

Die radikale Gegenposition

Solch ein narzisstisches – und in der Tiefe neurotisches – Verhalten macht uns nicht stärker, sondern schwach. Interessant ist, dass Jesus uns genau zum Gegenteil rät – und damit Wege aufzeigt, wie wir zu Persönlichkeiten werden können, die nicht vom Beifall ihrer Mitmenschen abhängig sind. Schon damals gab es Leute, die bei allem, was sie taten, darauf schielten, dass andere es bloss gut fanden. In der Bergpredigt (Matthäus, Kapitel 6) heisst es: «Hütet euch davor, nur deshalb Gutes zu tun, damit die Leute euch bewundern. Sonst könnt ihr von eurem Vater im Himmel keinen Lohn mehr erwarten. Wenn du einem Armen etwas gibst, dann posaune es nicht hinaus wie die Heuchler… Sie wollen wegen ihrer Wohltätigkeit von allen gelobt werden.» Und: «Betet nicht wie die Heuchler! Sie beten gern in den Synagogen und an den Strassenecken, um gesehen zu werden. Ich sage euch: Diese Leute haben sich ihren Lohn schon selber ausbezahlt!» Hart, gell? Menschen, die bei allem (sogar bei der Religion) auf den Beifall ihrer Mitmenschen schielen, sind «Heuchler».

Der Rat von Jesus, wie man aus dieser Falle (die wir natürlich alle kennen) rauskommt: Tue was Verborgenes. Tu Gutes, wo dich keiner sieht! «Wenn du jemandem hilfst, dann soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut; niemand soll davon erfahren.» Nur einer erfährt davon – und dessen Beifall ist viel wichtiger als tausend Selfies in den Sozialen Medien: «Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen» (Matthäus, Kapitel 6, Vers 4).

Einer statt viele

Das ändert die Blickrichtung total und befreit letztlich vom Beifall der Vielen. Auf die Dauer kann man nur eins: entweder wie ein Schwarzes Loch den Beifall anderer Menschen in sich reinziehen – oder vor dem lebendigen Gott stehen. «Wenn ich den Menschen noch gefallen wollte, wäre ich kein Diener von Christus», sagt Paulus (Galaterbrief, Kapitel 1, Vers 10). Die Folge: «Mir ist es nicht wichtig, ob ich von euch oder von irgend einem menschlichen Gericht beurteilt werde» (1. Korintherbrief, Kapitel 4, Vers 3). So einfach ist das: Wer vor dem Einen steht, wird zu einer Persönlichkeit, die Boden unter den Füssen hat.

«Es ist mir egal»

Das ist enorm befreiend! «Es ist mir egal!» Wenn das nächste Mal jemand Ihren Geschmack oder Ihre Figur komisch findet, antworten Sie: «Es ist mir egal!» Wenn niemand Ihren Facebook-Eintrag beachtet: «Es ist mir egal!» Wenn Sie in der Stadt 70 statt 50 fahren: «Es ist…» Na ja, es hat Grenzen.

Diese innere Unabhängigkeit bekommen Sie, wenn Sie wissen, dass Gott Sie bejaht. Er hat alles dafür gegeben, dass Sie vor Ihm stehen können. Wenn Sie mit Jesus leben, werden Sie stark gegenüber der Meinung von anderen. Sie können sich in einem guten Sinn vergessen. Welche Befreiung!

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Datum: 18.01.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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