«Schneller-Schulen» helfen in Libanon und Jordanien
In Syrien steigert sich die Not der Zivilbevölkerung im Bürgerkrieg täglich. Wer sich über die türkische, libanesische oder jordanische Grenze retten kann, entgeht zwar der Lebensgefahr, gerät aber in neues Elend. In der Türkei und Jordanien werden die syrischen Flüchtlinge in Lagern zusammengepfercht, die Verpflegung ist knapp, Kriminalität und Drogen grassieren.
In Libanon müssen sich die Vertriebenen selbst Unterkünfte in Privathäusern suchen. Es sind in erster Linie sunnitische Muslime und Christen aller Konfessionen, die in Syriens kleinem Nachbarland Zuflucht suchen. Im dritten Bürgerkriegsjahr sind das schon 1,5 Millionen Menschen, die zu den 4 Millionen Libanesen stossen. Da wird der Platz knapp, Reibungsflächen zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen tun sich auf, die anfängliche Hilfsbereitschaft weicht der Ablehnung.
Auf sich selbst angewiesen
Im Unterschied zur Türkei und Jordanien, wo mit der Kasernierung immerhin die dringendsten Versorgungsfragen gelöst und medizinische Grundversorgungen gewährleistet sind, müssen die Menschen aus Syrien bei den libanesischen Nachbarn für alles selbst sorgen. Da es sich bei vier Fünfteln von ihnen um Frauen und Kinder handelt, können sie sich nur schwer durchschlagen. «Normale» Arbeiten sind kaum zu haben, wenn auch die Libanesen schon darüber klagen, dass ihnen billige syrische Schwarzarbeiterinnen und Taglöhner die Arbeitsplätze wegnehmen.
Viele der aus Syrien eingeschleppten hygienebedingten Krankheiten breiten sich nun in Libanon weiter aus, da wirksame Medikamente für die Flüchtlinge einfach unerschwinglich sind. Junge Mütter verkaufen sich für fünf Franken, um Medizin für ihre kranken Kinder zusammenzukratzen. Zwar stehen internationale Hilfswerke den Entwurzelten aus Syrien bei, doch sind das bisher nur Tropfen auf den heissen Stein. Ausserdem bleibt den Kindern der Schulunterricht verwehrt.
Ein Lichtblick
Eine der wenigen Ausnahmen sind die Schneller-Schulen in Libanon und auch Jordanien. Sie gehen auf den legendären «Vater (Ludwig) Schneller» (1820-1896) von der Chrischona-Mission zurück. Als es 1860 den ersten Exodus von Christen und anderen Verfolgten aus Damaskus und weiteren Teilen Syriens gab, gründete er in Jerusalem das bald berühmte «Syrische Waisenhaus». Später wurden die Einrichtungen als Folge des Zweiten Weltkriegs nach Jordanien und in den Libanon verlegt. Das nach ihm benannte Schul- und Sozialwerk hat heute wieder offene Türen und Herzen für Kinder aus Syrien. Getreu Schnellers Grundsatz: «Was ist bildsamer, was ist verheissungsvoller als ein Kind?»
Datum: 06.05.2013
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet