Hosni Mubarak sorgt sich um eine Kirchentoilette

Am 10. November forderten Senator Sam Brownback und der Kongressabgeordnete Frank Wolf gemeinsam mit Vertretern der US-Kopten ein Ende der Christenverfolgung in Ägypten.

Die Kopten sind die unterdrückte christliche Minderheit Ägyptens. An einer Konferenz in Washington fordern Exil-Kopten ihre Rechte ein. Livenet.ch berichtet direkt aus der US-Hauptstadt.

In Washington trifft sich zur Zeit die Crème de la Crème der Exil-Kopten. Vertreter aus Amerika, Australien, Europa und Nordafrika sind dabei. Ihr Ziel ist Gleichberechtigung für die grosse christliche Minderheit Ägyptens (nach eigenen Angaben 12 Millionen, nach anderen 8-9 Millionen). Deren Rechte sind beschnitten.

Präsident erlaubt Toilettenrenovierung!

Anschauung lieferte Staatspräsident Hosni Mubarak höchstpersönlich. In diesem Sommer erlaubte Mubarak die Renovierung der Mauern und der Toilette einer einzelnen Kirche. Dass dem Präsident eines 70-Millionenstaats der Zustand der Sanitäranlage einer Kirche am Herzen liegt, ist rührend. Man kann sich freilich ausmalen, wie es um die Rechte einer Religionsgemeinschaft steht, wenn der Staatspräsident über eine Toilettensanierung befinden muss. Grundsätzlich dürfen die Kopten in Ägypten mit ihrem eigenen Geld keine Kirchen bauen oder sanieren. Im Vergleich: Moscheen werden mit Steuergeldern gebaut. Also auch mit denen der Kopten. Für Moscheebau oder -renovierungen braucht es Mubaraks Unterschrift nicht.

Erschwerter Alltag

Die Diskriminierung der Kopten reicht vom erschwerten Alltag (höhere Taxen, kein Zugang zu Beamtenstellen) über das Kidnappen von jungen Frauen und Vergewaltigungen bis hin zum Abbrennen und Verwüsten von Kirchen, wie im Oktober 2005 in Alexandria.

Der langjährige NZZ-Korrespondent Dr. Heinz Gstrein war in Ägypten Mitglied eines Sportclubs. „Plötzlich wurde der Beitrag für die Christen massiv erhöht. Weil ich jüdische Wurzeln habe, fragte ich vorwitzig: Kriegen Juden eine Vergünstigung? Da haben sie mich gleich raus geworfen.“

Der „Schweizer Moses“ fehlt

Bekanntester Abwesender der laufenden Konferenz ist der „Schweizer Moses“ Adly Youssef. Während der biblische Moses im Alter von 80 Jahren die Hebräer aus der Sklaverei führte, brachte der 85-jährige Youssef die weltweit verstreuten Vertreter des Koptentums im letzten Jahr nach Zürich. An die zweite Koptenkonferenz konnte der schweizerisch-ägyptische Doppelbürger nicht kommen (per Video war er zugeschaltet). Der erste Konferenztag wurde via Internet von über 11'000 Personen mitverfolgt. Gerechnet hatte man mit tausend.

Besuch auf dem Kapitol

Die letztjährige Konferenz in Zürich wurde von der ägyptischen Regierung weitgehend ignoriert. Bis zuletzt drängte man Adly Youssef, die Konferenz nicht durchzuführen. Die in Zürich verabschiedete Erklärung forderte Gleichberechtigung. Diese wurde aber nicht gewährt. Die 150 Teilnehmer der Washingtoner Konferenz begaben sich aufs Kapitol, um ihre Anliegen der parlamentarischen Arbeitsgruppe „Congressional Human Rights Caucus“ vorzutragen.

Mehr US-Druck auf Ägypten?

Phil English, Mitglied der Menschenrechtsgruppe im US-Kongress, äusserte: „Die koptischen Christen, die grösste nichtmuslimische Gruppe in der arabischen Welt, werden attackiert, unterdrückt und schlecht behandelt – in ihrem Heimatland Ägypten.“

Elizabeth Prodromou, Vertreterin der US-Kommission für Religionsfreiheit, fügte hinzu: „Ägypten ist das Land, das von der USA am zweitmeisten Hilfsgelder erhält. Die beiden Länder kämpfen gemeinsam gegen den Terror.“ Amerika solle sich stärker für die Menschenrechte in Ägypten einsetzen und darauf hinwirken, dass die Diskriminierung in den Medien und im Bildungssystem aufhört. Prodromou will zum Beispiel, dass antisemitische Hassschriften wie „Die Protokolle der Weisen von Zion“ nicht weiter verbreitet werden können.


Protest von US-Kopten gegen die Verfolgung in Alexandria

Datum: 18.11.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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