Gut oder schlimm?

Norwegen: Ende der Staatskirche

Seit dem 1. Januar sind in Norwegen Kirche und Staat getrennt. Damit wird ein Prozess abgeschlossen, der vor acht Jahren durch einen Parlamentsbeschluss eingeläutet wurde.
Evangelisch-Lutherische Kirche in Norwegen

Seit fast 500 Jahren haben die Evangelisch-lutherische Kirche und der Staat in Norwegen eine enge Beziehung gepflegt. Der lutherische Glaube war die offizielle Staatsreligion. Nun sind Kirche und Staat getrennt; das bedeutet unter anderem, dass die rund 1250 Pfarrer und Bischöfe der evangelisch-lutherischen Kirche keine Staatsangestellten mehr sind. «Wir durchlaufen gerade die grösste organisatorische Veränderung in der Kirche seit der Reformation», sagt Jens-Petter Johnsen vom Nationalen Kirchenrat. Er sieht die Veränderung durchaus positiv: «Als wir Staatskirche waren, diskutierten wir immer, wieviel der Staat in der Kirche zu sagen hat. Jetzt besteht eher die Chance, dass die Kirchenmitglieder selbst über ihre Kirche entscheiden.» Und er ergänzt: «Jetzt geht es um die biblische Basis der Kirche – einer Gemeinschaft, aus der man als Christ nicht austreten kann.»

Von der Staatskirche zur «nationalen Kirche»

Obwohl diese Entscheidung deutliche Konsequenzen haben wird, geht die Trennung für einige noch nicht weit genug. Es wird in Norwegen nun zwar keine «offizielle Staatsreligion» mehr geben, die Kirche hält jedoch an der Resolution fest, dass «die Kirche von Norwegen, eine evangelisch-lutherische Kirche, die nationale Kirche in Norwegen bleiben und als solche vom Staat unterstützt wird.» Klar, dass das Atheisten zu wenig weit geht. So erklärt Kristin Mile, Generalsekretärin der Nowegischen Humanistischen Vereinigung: «So lange die Verfassung festhält, dass diese Kirche die nationale Kirche ist und vom Staat unterstützt wird, haben wir eben doch noch eine Staatskirche». Die Regierung sei eng mit der Kirche verbunden, weil eine konkrete Denomination und nicht nur eine Religion genannt werde.

Einfluss auf den Kirchenbesuch ungewiss

Ob die Resolution Einfluss auf den Kirchenbesuch in Norwegen haben wird, ist eine andere Frage. Die Zahl der Kirchenmitglieder war in der Vergangenheit ein Hauptfaktor, was staatliche Gelder anbetraf; darum haben viele Kirchen die Zahl ihrer Gottesdienstbesucher und Mitglieder aufgeblasen. Die Trennung von Kirche und Staat wird dieser Praxis ein Ende setzen und ehrlichere Zahlen produzieren.

Norwegen hat eine sehr niedrige Rate an Gottesdienstbesuchern: nur rund fünf Prozent der Bevölkerung besucht regelmässig die Kirche. Nachdem die Kirche in der Vergangenheit eine Website aufgeschaltet hatte, die ein leichteres Austreten ermöglichte, verliessen rund 15'000 Mitglieder in den ersten vier Tagen die Kirche. Trotzdem will die Kirche jetzt ihre Transparenz beibehalten. «Wir werden weiterhin eine breite und offene nationale Kirche sein. Aber keiner muss gegen seinen Willen Mitglied einer christlichen Gemeinschaft sein, darum bin ich froh, dass es diese Lösung gibt», sagte Kristin Raaum, Vorsitzende des Kirchenrates. «Die, die fälschlicherweise als Mitglieder der Kirche registriert sind oder die keine Mitglieder sein wollen, können jetzt leicht ihren Status ändern; das gibt uns eine klarere Vorstellung der wirklichen Mitgliederzahl.»

Zum Thema:
Verfassung wird geändert: Norwegen will Staatskirche abschaffen
Gesellschaftsrelevanz: «Fremdelt» die Kirche?

Datum: 08.01.2017
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christian Headlines

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung