Muss der christliche Partner billiger sein?
Livenet: Bruno Jordi, Sie geben seit 29 Jahren das Verzeichnis christlicher Geschäftsleute heraus. Hat die Broschüre das Bewusstsein für die Solidarität mit und unter Geschäftsleuten verbessert?
Bruno Jordi: Im Laufe der Jahre haben sich zwischen 800 und 1000 Betriebe eintragen lassen. Sich auf diese Weise zu Jesus Christus zu bekennen, braucht eine Entscheidung, bringt aber auch den Segen. Seit wir regelmässig Apéros in der ganzen Schweiz organisieren, kennen sich viele persönlich. Die Apéros sind Türöffner für viele gute Geschäfte.
Hans-Ulrich Bigler, Gewerbedirektor und bekennender Christ, betont im ideaSpektrum, dass für ihn vor allem Preis und Qualität beim Einkauf massgebend sind. Denken nicht viele Christen so?
Die Qualität muss in jedem Fall stimmen. Christen sollen im Beruf Exzellenz anstreben, dann sind die Dienstleistungen gefragt und der Preis wird sekundär. Leider ist die «Geiz ist Geil»-Mentalität überall eingezogen. Nur noch die Tiefpreisschilder scheinen zu zählen. Diese Denkweise färbt auch auf Christen ab.
Betreffend dieser «Geiz ist geil»-Mentalität und der Haltung «Ich bin doch nicht blöd!» wies mich ein Kunde kürzlich auf die Bibelstelle in Sprüche 20,14 hin: «Viel zu teuer, viel zu teuer!, sagt der Käufer. Doch wenn er weggeht, reibt er sich die Hände.» Feilschen ist also nichts Neues.
Sie kennen die Frage: «What would Jesus do?» Können Sie sich Jesus vorstellen, wie er auf dem Markt mit den Händlern um die Preise feilscht?
Jesus predigte: Was der Mensch sät, das wird er ernten. – Liebe deinen Kunden wie dich selbst. – Behandle andere, so wie du selber behandelt werden willst. – Sei bereit zu vergeben.
Die Preisdiskussionen, denen wir heute ausgesetzt sind, bringen auch einen Vertrauensschwund zum Ausdruck. Für jede Anschaffung möglichst viele Offerten einholen – «Ich bin ja nicht blöd; ich lasse mich doch nicht über den Tisch ziehen!» Das Vertrauen zu uns Schweizer KMU ist ungebrochen da, aber bitte zum ausländischen Konkurrenzpreis.
Christliche Werke stehen oft unter starkem Sparzwang und sind daher geneigt, etwa Druckaufträge nach Osteuropa zu vergeben.
Sparzwang ist wie ein Joch, das man sich auferlegen kann. Es kommt auf die Herzenshaltung an. Ich verstehe das dualistische Denken einiger Einkäufer bei Nonprofitorganisationen nicht. Sie investieren und vergeben Arbeit im Ausland und wollen in der Schweiz Geld sammeln. Geben kann nur, wer verdient. Wir können nur spenden, wenn wir viel Arbeit haben. Normal bezahlte Angestellte geben ihren Anteil in die Reich Gottes Arbeit zurück.
Mit welchem Argument wollen Sie solche Leute zurückgewinnen?
Das ist sehr schwierig und geht nur bei optimalen technischen Bedingungen und ganz schlechten Preisen. Solche Preis-Ausnahmen gefährden die Existenz und sind nur ganz vereinzelt realisierbar. Ein Drucker in Osteuropa verdient drei- bis fünfmal weniger als in der Schweiz. Auch mit 24-Stundenbetrieb lässt sich dieses Lohngefälle nie kompensieren. Wir müssen nicht nur regional denken sondern auch handeln. Ich finde es schade, dass in den Kirchen diese wirtschaftliche Solidarität zu wenig Gewicht bekommt, obwohl ja die von Spenden getragenen Gemeinschaften ein Primärinteresse haben müssten. Aber es scheint ein Tabu zu sein.
Oft hindert die räumliche Entfernung Interessierte daran, bei einem christlich gesinnten Lieferanten einzukaufen. Haben Sie dafür Verständnis?
Nein, in der Schweiz sind wir extrem mobil. Die Distanzen sind kurz. Wir haben das dichteste öffentliche Verkehrsnetz der Welt. Wir reisen gerne. Einkaufen ist ein Erlebnis. Wenig Schweizer machen zuhause Balkonferien. Das ist für mich keine Entschuldigung. Zudem ist die horizontale Gemeinschaft genauso wichtig wie die vertikale. Am besten sich von oben führen lassen und dann hingehen und bei Geschwistern einkaufen. Es gibt in der Schweiz einen Grossanbieter im Nahrungsbereich. Wenn alle Christen in der Umgebung einer Grossstadt allen Food bei ihm einkaufen würden, ergäbe dies einen Umsatz zwischen 30 und 40 Mio.
Christliche Geschäftsleute erwarten die Solidarität der Christen, die Christen erwarten Sonderrabatt beim christlichen Anbieter. Wie lösen Sie diese Spannung auf?
Kürzlich liess ich den Boden in drei Zimmern neu machen. Ein Schreiner aus dem CGS-Einkaufsführer machte eine Offerte. Ich kenne sein missionarisches Herz und weiss, dass er die Situation nicht ausnützt. Ich vertraue ihm. Eine Gegenofferte ist da nicht (mehr) nötig. Das ist befreiend für ihn und für mich. Ich zahle mit Freude, was es kostet. Ich brauche keinen Rabatt. Er soll verdienen. Wie er dann mit dem Verdienten anderen Menschen dient, liegt in seiner Verantwortung.
Für mich ist ein guter «Verwalter», wer bei Gleichgesinnten einkauft, wobei der Preis sekundär ist. Für mich stimmt der Lieferant, wenn er seinen Gewinn nicht primär für sich persönlich behält, sondern grosszügig investiert in die Lokalgemeinde, in karitative Non-Profit-Organisationen, in die Mission, wenn er eben Gutes tut. Es gibt in der Schweiz einige Firmen, die wie Leuchttürme in der Geschäftswelt einen grossen Teil ihrer Gewinne ins Reich Gottes investieren. Sie haben eines gemeinsam: Sie glänzen mit Exzellenz, sind wirtschaftlich gesegnet und geben diesen Segen weiter. Die Weitergabe wirkt wie ein Katalysator: Die Segens-Spirale dreht sich nach oben.
Datum: 06.05.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet