Schweizer Klimaschutz-Bericht

Die Rolle der Kirchen im Klimaschutz

Der offizielle Bericht des Bundesrates über die Schweizer Beteiligung an den Entwicklungskosten zum Klimaschutz wurde von der katholischen Presse als ungenügend taxiert. Aber wie sieht das Engagement der Kirchen auf diesem Gebiet aus, was können SchweizerInnen tun, und ist der Beitrag der Kirche ausreichend?
Weltklima in Gefahr
Die Folgen des Klimawandels treffen besonders die Ärmsten.
Patrik Berlinger
Katastrophenvorsorge ist eine Massnahme, um Entwicklungsländer auf dem Weg aus der Armut und in eine nachhaltige, klimaresiliente Zukunft zu unterstützen.

«Die Bereitschaft der offiziellen Schweiz zur Unterstützung armer Länder im Klimaschutz und bei der Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels bleibt, aus Sicht der Caritas, deutlich unter den Erwartungen», berichtete die katholische Presse über den Entscheid des Bundesrates, wie er die Finanzierung gestalten will.

Damit sich Entwicklungsländer klimaverträglich und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähig entwickeln können, seien sie auf Unterstützung angewiesen; auch aus der Schweiz. Nötig seien nebst der Entwicklungszusammenarbeit zusätzliche Gelder für Klimaprojekte im globalen Süden.

Im Bewusstsein der unmittelbaren Relevanz von Katastrophen und den Folgen des Klimawandels für das (Über-)Leben armer Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern, engagiert sich Caritas Schweiz durch die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und Katastrophenvorsorge.

Livenet sprach mit dem Leiter der Fachstelle Entwicklungspolitik der Caritas Schweiz, Patrik Berlinger.

Livenet: Wie sehen Sie die Verantwortung der Kirchen zum Thema?
Patrik Berlinger: Als Verursacher des Klimawandels tragen Kirchen wohl wenig Verantwortung, auch weil sie sich für ein verantwortungs-, mass- und rücksichtsvolles Leben aussprechen.
Kirchen sind wichtig bei der Aufklärungsarbeit: Sie können das Thema des menschengemachten Klimawandels in Messen und Predigten einbauen und die Menschen auf ihre individuelle, persönliche Verantwortung beim Klimaschutz hinweisen. Kirchen leisten wichtige humanitäre Projekte im globalen Süden. Es wäre wohl möglich, dies noch auszubauen, insbesondere im Bereich langfristiger, nachhaltiger Klimaprojekte. Wichtig dabei ist, Menschen befähigen, damit sie sich selber gegen die negativen Folgen des Klimawandels schützen können.

Wie unterstützt Caritas die Anliegen?
Klimawandel ist eines von sechs Arbeitsfeldern von Caritas. Caritas setzt unterschiedliche Instrumente ein: 1) die Schweizer Öffentlichkeit informieren und Politik beeinflussen; 2) langfristig angelegte und nachhaltige klimarelevante Projekte im globalen Süden umsetzen (beispielsweise Waldaufforstung, angepasstes Saatgut, Frühwarnung bei Naturkatastrophen, Schulung für Katastrophenfälle).

Was kann die Schweiz tun, Schweizerische Organisationen und auch der Einzelne?
Die Schweiz sollte unbedingt ihre offizielle Entwicklungszusammenarbeit (aide publique au développement, APD) mindestens auf die von der UNO geforderte Marke von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) erhöhen. Derzeit erreicht die Schweiz gerademal ein halbes Prozent. Und es wird weiter gespart anstatt ausgebaut. Darüber hinaus braucht es öffentliche und private Gelder für die internationale Klimafinanzierung (vgl. Mediencommuniqué zum Pariser Klimaabkommen 2015 und zum Bericht des Bundesrates zur internationalen Klimafinanzierung).

Vom Klimawandel sind die Ärmsten in Entwicklungsländern am meisten betroffen. Sie brauchen mehr Hilfe von uns. Aufgrund des Klimawandels braucht es neue, zusätzliche Projekte im globalen Süden, welche nicht die bestehenden und wichtigen Projekte in Bereichen wie Ernährungssicherheit, Wasser/Hygiene, Gesundheit usw. verdrängen. Caritas ist derzeit dabei, Projekte im Bereich Klima auszubauen. Dabei sind wir angewiesen auf private Spenden und vor allem auf Gelder der DEZA (Bundesverwaltung). Wenn dort gespart wird, hat dies auch entsprechende Auswirkungen auf unsere Arbeit.

Der einzelne Schweizer kann seinen Lebensstil anpassen, bzw. seinen ökologischen Fussabdruck vermindern. Dies geschieht durch nachhaltige Konsummuster, weniger häufig das Auto oder Flugzeug benützen (die Schweizer fliegen rekordverdächtig häufig), Ferien in der Region machen, Abfall vermeiden, in einer 2000-Watt-Wohnung wohnen, Bio aus der Region kaufen usw. Und: Jeder einzelne kann sich über den Klimawandel informieren und bei Abstimmungen (beispielsweise für die Energiestrategie 2050) die schweizerische Politik mitbestimmen.

Gibt es Unterschiede beim Bewusstsein bei reformierten und katholischen Kirchen sowie Freikirchen?
Darüber kann ich nicht viel sagen. Gut wäre auf jeden Fall, ohne Vorbehalte anzuerkennen, dass der Klimawandel eine Realität ist und von Menschen verursacht wird. Die Wissenschaft ist sich einig.

Können Sie eine Zukunftsprognose bezüglich Klima-Entwicklung und Engagement wagen?
Ich bin kein Klimaexperte, sondern befasse mich mit klimapolitischen Fragestellungen. Klar ist: Selbst wenn wir endlich entschieden handeln, wird die Erderwärmung noch eine Zeit lang weitergehen, verbunden mit vielen negativen Auswirkungen auf Ernährungssicherheit, Gesundheit und Lebensgrundlagen, insbesondere im globalen Süden. Es ist zu befürchten, dass die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens nicht eingehalten werden können. Die globale Staatengemeinschaft zeigt sich zwar bemüht, den Klimawandel zu stoppen. Doch die Ambitionen vieler einzelner Länder reichen nicht.

Bis 2050 müssen wir weg kommen von den fossilen Energieträgern. Es braucht eine vollständige Dekarbonisierung, das heisst Netto-Null-Emissionen. Schaffen können wir dies durch erneuerbare Energien, mehr Energieeffizienz, weniger Energieverbrauch. Ebenfalls entscheidend ist, dass wir reichen Länder die Entwicklungsländer finanziell und technisch unterstützen, auf ihrem Weg in eine nachhaltige und klimaresiliente Zukunft.

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Datum: 26.05.2017
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet / Caritas

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