Angstforscher zitiert Bibel als Lebenshilfe
Nach dem fürchterlichen Attentat am Weihnachtsmarkt in Magdeburg im Dezember 2024 erinnerte der Thüringer Landtagspräsident Thadäus König (CDU) an die christliche Weihnachtsbotschaft «Fürchtet euch nicht. Gott ist bei euch», schreibt das Mitteldeutsche Fernsehen MDR. Oft schüren auch die Medien Ängste, weil sie viel mehr negative Nachrichten bringen als positive oder mit ihrer Aufmachung Panik provozieren.
In unserem Leben gibt es immer wieder Situationen, die das Fürchten lehren und die uns das vermeintliche Sicherheitsgefühl rauben. Die Angst greift schnell nach uns: «ich schaff das nicht.» Es gibt so viele Gründe, Angst zu haben – vor Überfremdung, vor Putin und den Chinesen, vor dem Klimawandel, vor Künstlicher Intelligenz oder vor einer Wirtschaftskrise. Ganz zu schweigen von den persönlichen Ängsten. Besonders am Anfang eines neuen Jahres kann einen das Gefühl der Angst beschleichen. Darum wird Gott nicht müde, uns zu sagen: «Fürchte dich nicht!».
Angst verhindert Neues
Angst hindert uns daran, zu wachsen. Und sie hindert uns daran, Neues zu wagen. Es verwundert nicht, dass das «Fürchte dich nicht» in er Bibel gerade auch dann vorkommt, wenn etwas Neues beginnt. Wenn etwas Neues beginnen kann oder soll, fürchte dich nicht, es anzupacken. Selbst wenn etwas nicht gelingen sollte. Was kann schon passieren? Machen wir es so wie König David: «In Zeiten, da mir Angst ist, vertrau ich auf dich! Mit Gottes Hilfe werde ich sein Wort rühmen. Auf Gott vertrau’ ich, fürchte mich nicht; was können Menschen mir antun?“ (Psalm 56, Verse 4-5; Menge Bibel)
«Fürchte dich nicht», dieser Zuspruch ist nicht naiv. Er ist das grosse «Trotzdem» angesichts all dem, was uns Angst macht. Der Zuspruch befreit nicht von Angst, aber er widerspricht der Resignation. Der christliche Glauben versteht Hoffnung nicht als blossen Optimismus, sondern als ein tiefes Vertrauen in Gottes Treue. Hoffnung ist die Gewissheit, dass Gott die Menschen niemals im Stich lässt, selbst in den dunkelsten Momenten des Lebens.
Kraft aus der biblischen Botschaft
Der Göttinger Psychiater und Angstforscher Prof. Dr. Borwin Bandelow plädiert dafür, in kriegs- und krisengeprägten Zeiten Kraft aus der Botschaft der biblischen Weihnachtsgeschichte zu ziehen. Mit Blick auf den daraus vermutlich am meisten zitierten Satz «Fürchtet euch nicht» betonte Borwin Bandelow im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): «Ja, wir leben in einer schwierigen Zeit. Trotzdem ragt die Bedrohungslage heute nicht besonders heraus. Insofern hat die Aufforderung, sich nicht zu fürchten, ihre Berechtigung.» Selbst in Ländern, in denen «ständig Bomben fliegen, wo Menschen entführt oder auf der Strasse erschossen werden», gebe es Momente der Fröhlichkeit. «Und das liegt daran, dass Menschen sich wirklich sehr gut anpassen können, auch an gefährliche, problematische Zeiten», erläuterte Bandelow. «In Rio tanzt man weiter Samba, obwohl die Gefährdungslage dort deutlich stärker ist als etwa in Hamburg.»
Besser klarkommen
Er selbst erwarte als «bekennender Agnostiker» nicht, dass Gott ihm in einer schwierigen Situation helfe. Dennoch könne der biblische Zuspruch Gläubigen wie Nicht-Gläubigen dabei helfen, mit einer schwierigen Lage besser klarzukommen. Auch Lebenserfahrung sei dabei hilfreich. «Das ist der Vorteil beim Älterwerden, dass man die Erfahrung gemacht hat, dass es manchmal verblüffende Lösungen gab, wo man keine Lösung erwartet hat», sagte Borwin Bandelow, der an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen lehrt.
Dieser Artikel erschien im Dienstagsmail Nr. 851.
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