Kommentar

Das Unheil einer strukturellen Sünde der Schweiz

Endlich kommt Bewegung in die leidige Debatte um das Bankgeheimnis. Was man gerne als Standortvorteil des Schweizer Finanzplatzes verkauft hat, entpuppt sich jetzt als verletzliche Achillesferse. Und dies mitten in der schwierigsten Finanzkrise der jüngeren Zeit. Christliche Kreise, Ethiker und ethisch denkende Banker hatten vor dieser Entwicklung allerdings schon länger gewarnt (1).
Unsaubere Konten bringen den Schweizer Banken jährlich rund 4 Milliarden Franken ein. (Bild: Hauptsitz der UBS in Zürich)
Hanspeter Schmutz

Habgier - die Wurzel der aktuellen Finanzkrise - ist auch das Hauptmotiv, das zum dickköpfigen Festhalten am Bankgeheimnis führt - dies bis in CVP-Kreise hinein! Schliesslich hat uns der Trick mit der Geheimnistuerei viel Geld eingebracht. In der Zeitung "Bund" vom 24.2.09 wird geschätzt, dass der jährliche Nutzen für die beiden Grossbanken dank den Kommissionserträgen von unsauberen Konten rund 4 Milliarden Fragen beträgt; der indirekte Nutzen über den dadurch ausgelösten Konsum bzw. die möglichen Investitionen beläuft sich für die Schweizer Volkswirtschaft in einer vorsichtigen Schätzung auf 5 bis 10 Milliarden Franken, das macht jährlich etwa 1000 Franken pro Schweizer Kopf.

Der Trick, zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu unterscheiden, verfängt aber nicht länger. Schliesslich ist auch Steuerhinterziehung ein Steuerbetrug, bewusst oder fahrlässig. Die Unterscheidung wurde gemacht, um es ausländischen Steuerbehörden zu erschweren, nicht versteuerte Gelder auf Schweizer Banken aufzuspüren.

Steuern sind Abgaben, die dazu dienen, gemeinsame Aufgaben wahrzunehmen. Ob sie zu hoch sind oder nicht, ist eine Frage, die in jedem Land politisch gelöst werden muss. Dass Schweizer Banken in den letzten Jahrzehnten schlaumeierisch mitgeholfen haben, Steuern zu hinterziehen, ist ethisch höchst bedenklich. Wir mischen uns damit in den Haushalt fremder Staaten ein, verspotten alle ehrlichen Steuerzahler, befördern kriminelle Energie (Simbabwe-Chef Mugabe soll sein Vermögen in der Schweiz deponiert haben) und schlagen den Ärmsten dieser Welt ins Gesicht (die in die Schweiz ausgelagerten Vermögen aus der Dritten Welt übersteigen die Entwicklungshilfe um ein Mehrfaches).

Ehrliche Menschen haben von der Anpassung des Bankgeheimnisses nichts zu befürchten. Gegen einen angepassten Schutz der Privatsphäre ist zudem wenig einzuwenden. Dazu berechtigte ausländische Behörden sollen aber bei Verdacht Steuerhinterziehung aufdecken können, ohne dass ihnen von Schweizer Banken Steine in den Weg gelegt werden.

Dass diese neue Transparenz für alle Steueroasen gelten muss, liegt auf der Hand. Die Schweiz hat aber zu viel Dreck am Stecken, als dass sie mit diesem auf andere zeigen könnte.

Höchste Zeit, dass diese strukturelle Sünde der Schweiz bereinigt wird. Und von einer "gereinigten" Schweiz wird mehr Segen ausgehen, als von einer helvetischen Bananenrepublik, die es nötig hat, sich mit Lug und Trug zu bereichern.

(1) Siehe die Studie "Das kleine Geheimnis der Schweizer Banken" von 2006 auf www.insist.ch (unter "Downloads").

Hanspeter Schmutz ist Publizist und Leiter des Instituts INSIST.

Datum: 25.02.2009
Autor: Hanspeter Schmutz
Quelle: Livenet.ch

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