Folgen der Finanzkrise

Warnung vor «neuer Weltunordnung»

Die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat vor einer "neuen Weltunordnung" infolge der Finanzkrise gewarnt.
Die Finanzkrise ärgert nicht nur die Banker - sie vertieft auch die Spaltung der Welt in Arm und Reich.
Heidemarie Wieczorek-Zeul fordert neue Standards für die Finanzmärkte: «Die Unterregulierung muss beendet werden.»

Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten könnten die Spaltung der Welt in Arm und Reich vertiefen und Gewalt hervorrufen, sagte Wieczorek-Zeul am Mittwoch in Berlin. Als Folge des Ölpreisschocks und der Finanzkrise hat nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) weltweit ein starker wirtschaftlicher Abschwung eingesetzt.

Kritik der Kirche

Auch der Präses der westfälischen evangelischen Kirche, Alfred Buß, warnte vor dramatischen Folgen für die Armen. "Als Kirchen in Deutschland und Amerika erheben wir Einspruch, wenn die globale Finanzpolitik dazu führt, dass Menschen in armen Ländern ihrer Lebensgrundlage beraubt werden", sagte er nach Angaben seiner Kirche auf einer Tagung in Washington. Zugleich warb er für den Erlass von Schulden armer Länder, die aus unrechtmässigen Geschäften, etwa mit Diktaturen, resultieren: "Wir sind mitverantwortlich, wenn unsere Regierung auf Kosten der Menschenrechte Geschäfte mit anderen Ländern macht."

Forderung nach mehr Regulation

Kurz vor der Herbsttagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) am Wochenende in Washington forderte Wieczorek-Zeul neue Standards für die Finanzmärkte. Die Unterregulierung müsse beendet werden, sagte sie. Auch angesichts der weiter steigenden Nahrungsmittelpreise und hohen Ölpreise müssten neue Ideen und Finanzierungsquellen gefunden werden. "Wir müssen für Entwicklungsländer eine angepasste Regulierung entwickeln und sie besser beraten", sagte Wieczorek-Zeul, die als Weltbank-Gouverneurin an der Herbsttagung teilnimmt.

Als Folge der Finanzkrise müssten Entwicklungsländer zudem mit einem Rückgang ihrer Exporte rechnen, weil die Nachfrage in Industrieländern sinke. Entschuldete Entwicklungsländer seien jetzt in der Gefahr, wieder neue Kredite aufnehmen zu müssen. Für die ärmsten Länder seien die Energiekosten in diesem Jahr schon um 50 Milliarden US-Dollar gestiegen.

Ausserdentlich unsicher

Der IWF rechnet mit einer Abschwächung des Wachstums der Weltwirtschaft auf etwa drei Prozent im kommenden Jahr. Das sei die niedrigste Rate seit 2002, sagte Forschungsdirektor Olivier Blanchard in Washington. Die Situation sei ausserordentlich unsicher und von hohen Risiken geprägt, hiess es weiter. 2007 wuchs die Weltwirtschaft noch um fünf Prozent. Für 2008 wird mit 3,9 Prozent gerechnet.

Das Wirtschaftswachstum in den Industrienationen werde sich gegen Null bewegen und erst in der zweiten Hälfte 2009 wieder langsam anziehen, erklärte Blanchard. In den Entwicklungs- und Schwellenländern werde sich die Wachstumsrate, zuletzt etwa sieben Prozent, um mindestens einen Prozentpunkt abschwächen. Diese Staaten müssten mit Kapitalabflüssen rechnen. Schwellenländer mit hohen Devisenreserven seien besser in der Lage, den Sturm zu überstehen.

Erhöhung der Entwicklungshilfe bedroht

Der Finanzexperte Wahl von der entwicklungspolitischen Organisation WEED sieht die geplante Erhöhung der Entwicklungshilfe bedroht. "Die Haushalte der Industrieländer werden durch die Rettungspakete für Banken dramatisch belastet", sagte er in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst epd. Um die Folgen der Krise für die ärmsten Länder abzumildern, forderte Wahl einen Notfonds unter Ägide der Vereinten Nationen. Sonst seien die Millenniumsziele zur Armutsbekämpfung nicht zu erreichen.

Bearbeitung: Livenet

Datum: 10.10.2008
Quelle: Epd

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