«100 Prozent sunnitisch»

Wahlen auf restriktivem Insel-Paradies Malediven

Die Malediven - so wie wir das Land für gewöhnlich kennen
Auf den Malediven wird am 9. September die Präsidentenwahl durchgeführt. Offiziell ist das Land zu 100 Prozent islamisch. Das Christentum und andere Glaubensrichtungen werden nicht toleriert – basierend auf der Staatsverfassung.

Sicherlich ist sie nicht die ganz alltägliche Bettlektüre, die Verfassung der Malediven. Doch die recht neue, aus dem Jahr 2008 stammende Verfassung, hilft einem zu verstehen, dass es auf dem malerischen Inselstaat nicht weit her mit Menschenrechten und Glaubensfreiheit ist. So ist gleich einleitend (Seite 16, Kapitel 1, Absatz 2) festgehalten, dass die Republik auf den Prinzipien des Islams basiert.

Staatsbürger muss Muslim sein

Was dies konkret bedeutet, ist rasch ersichtlich, so kann zum Beispiel ein Nicht-Muslim nicht Bürger der Malediven werden (Kapitel 1, Absatz 9d). Ein Schweizer, der nicht zum Islam konvertiert, würde nicht mit dem maledivischen Pass ausgerüstet.

Staatsreligion ist ebenfalls der Islam und er dient als Basis der Gesetzgebung. Kein Gesetz darf auf der Inselrepublik implementiert werden, das dem Islam zuwiderläuft (Kapitel 1, Absatz 10a und b).

Freiheit per Verfassung limitiert

Rechte und Freiheit müssen dahingehend begrenzt sein, wo es gilt, den Islam zu beschützen (Kapitel 2, Absatz 16,6). Die Bürger sind jedoch frei, alles zu tun, das nicht entweder dem Gesetz oder dem islamischen Scharia-Recht wiederspricht (Kapitel 2, Absatz 19).

Auch dürfen alle ihre Meinung in einer Weise ausdrücken, die nicht entgegen dem Grundsatz des Islam ist (Kapitel 2, Absatz 27). Die Bildung soll Gehorsam und Liebe gegenüber dem Islam wecken (Kapitel 2, Absatz 36c).

Die wenigen einheimischen Christen müssen ihren Glauben im Verborgenen leben. Arbeiter aus dem Ausland erhalten teilweise bereits in ihren Arbeitsverträgen den Hinweis, dass das Verbreiten nicht-islamischer Überzeugungen mit bis zu fünf Jahren Haft oder hohen Busen belegt werden kann.

Open Doors führt die Malediven auf Rang 15 auf dem Weltverfolgungsindex, noch vor China, Irak, Ägypten oder der Türkei. «Die bürgerlichen Freiheiten werden zunehmend eingeschränkt. Davon betroffen sind auch die Medien und die sozialen Netzwerke», berichtet Open Doors Deutschland im Malediven-Länderprofil.

Total isoliert

Die maledivische Gesellschaft ist sehr engmaschig. «Es ist sehr schwierig, mit jemandem zu sprechen oder sich – selbst heimlich – zu treffen, ohne dass die Umgebung etwas merkt. Der christliche Glaube muss so privat gehalten werden, dass zwei Mitglieder derselben Familie gläubig sein können, ohne dass der andere es je erfährt», hält Open Doors Schweiz im Länderprofil der Inselrepublik fest .

Vermutlich zwei Wahlrunden

In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich die Tonart punkto Religionsfreiheit auf den Malediven eher verschärft als entspannt. Dass sich nach der Präsidentenwahl daran etwas ändert, ist nicht absehbar.

Erstmals in der Geschichte der Malediven stehen nun am 9. September 2023 nicht weniger als acht Kandidaten zur Wahl. Dadurch ist die Chance gross, dass niemand 50 Prozent der Stimmen schaffen wird. Sollte dies der Fall sein, erfolgt am 30. September ein zweiter Wahlgang.

Zum Thema:
«Mediales Schweigen»: «Verfolgt und Vergessen?» nimmt 24 Länder unter die Lupe
«Das schreit zum Himmel!»: Verfolgten Christen eine Stimme geben
Kritik an neuesten Wahlen: «UNO-Menschenrechtsrat ist ein Feigenblatt»

Datum: 08.09.2023
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung