Coopers Gittarreros schleudern die Riffs des Zwischenstücks von “Man of the year” (Mann des Jahres) durch die Halle. “The Queen made me a knight”, singt Alice, “the Pope made me a saint. The President plays golf with me. I made Madonna faint.” Und dann: “So why am I so lonely, depressed and in despair? If I pull this trigger in my mouth, will anybody care?” * Zu einer Pistole geformt, hält sich Alice Mittel- und Zeigefinger in den Mund. Dann geht das eben noch bombastische Licht aus. Der “Man of the year” hat sich gerade erschossen. * Übersetzung: „Die Königin schlägt mich zum Ritter, der Papst spricht mich heilig. Der Präsident spielt mit mir Golf, Madonna mache ich schwach. Warum also fühle ich mich so einsam, so niedergeschlagen und verzweifelt? Wenn ich jetzt den Abzug drücke, wen wird das scheren?“ Daniel Gerber: Alice Cooper, auf Ihrem Album gibt es ein Lied mit dem Titel «Men of the year», «Mann des Jahres». Haben Sie da an jemand Besonderen gedacht? Ich denke, kein Mensch auf diesem Planeten ist mit dem zufriedigen, was er hat, auch nicht Bill Gates mit 62 Milliarden Dollar. Da ist etwas in ihm, dass er sich noch wünscht. Vielleicht ist es ein Seelenfrieden, vielleicht Liebe, vielleicht dass er in der Nacht gut schlafen kann. Irgendetwas vermisst jeder. Davon handelt dieser Song. Und wissen Sie, was all diese Leute vermissen? Ich finde, dass die Menschen ihr geistliches Leben vernachlässigen. Sie vernachlässigen ihren Glauben an Gott. Ich denke, dies hinterlässt ein grosses Loch in ihrem Leben. Ja, ich denke, wenn man zu ihm zurückkehrt, ist man zufriedener. Ihr Lied «The song that didn’t rhyme», ist das einfach bloss lustig oder denken Sie dabei an Leute, die ebenfalls finden, ihr Leben sei ein «Song, der sich nicht reimt»? Wir haben ihn geschrieben, keiner mag ihn, aber man wird ihn nicht mehr los. Es ist ein lustiges kleines Lied. Aber die Leute mögen es. In jedem Interview seit Erscheinen des Albums fragt man mich als erstes nach diesem Lied. Es ist wie ein Virus. Du bringst ihn nicht mehr aus deinem Kopf raus (lacht). Alice Coopers Hilfswerk: www.srfrock.org
Datum: 29.07.2004
Alice Cooper (mit bürgerlichem Namen Vincent Damon Furnier): Mir gefällt es, einen perfekten Mann zu porträtieren. Alles an ihm ist perfekt: der Geschmack, die Frau, die Kinder, seine Laufbahn, die Krawatte – alles, einfach alles ist perfekt. Und dann fragt er sich: «Warum halte ich mir dann eine Pistole in den Mund?» Offenbar ist etwas schiefgegangen. Er vermisst etwas. Das ist die Ironie in dieser ganzen Perfektion. Man sieht das oft am Fernsehen: Grosse Wirtschaftsleute, bei denen es scheint, als hätten Sie die Welt unter ihren Füssen, die bringen sich mit einem Mal um. Und man fragt sich, warum. Er hatte ja alles ... Anscheinend eben doch nicht. Ich wende mich damit an die Öffentlichkeit. Die Leute können sich sagen: «Gut, ich habe ein perfektes Leben. Aber was fehlt mir?» Vielleicht sind es nicht Autos und auch nicht schöne Frauen. Vielleicht ist es mehr spirituell. Ein Mangel in meinem Herzen, der mich verrückt macht.
Ich denke, das ist bei jedem etwas anderes. Die meisten reichen Leute fühlen sich schuldig, weil sie reich sind. Die meisten armen Leute glauben, dass das Geld all ihre Probleme löst.
Man kann so sehen. Ich habe es eigentlich als witziges Lied geschrieben. Es handelt davon, dass einem in irgendeiner Situation, zum Beispiel bei einer Beerdigung, plötzlich so eine Melodie in den Sinn kommt, die man dann nicht mehr los wird. Man bringt sie nicht wieder aus dem Kopf 'raus; irgend so ein 08/15-Stück. Vielleicht ist man gerade bei einem etwas sehr Wichtigem, vielleicht die eigene Hochzeit, und dann ist da plötzlich dieses schreckliche Lied im Kopf, das du nicht mehr los wirst. Eben der «Song that didn’t rhyme».
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch
Alice Cooper. Früher schockte er das Etablissement. Heute gibt er Sonntagsschule und führt ein christliches Sozialwerk. Und auf der Bühne gibt er immer noch Vollgas. Wir sprachen mit Alice Cooper über sein Gesamtwerk. Das Interview erscheint in einer dreiteiligen Serie.