Kirchenbund sagt Nein zu PID

«Kinder sucht man sich nicht aus»

Ein kleiner Satzteil in der Bundesverfassung verändert alles. Doch er ist der Grund für das klare Nein des Kirchenbundes (SEK) zur Änderung von Artikel 119.
Menschlicher Embyro in der achten Schwangerschaftswoche
Forscherin in Labor
Die Präimplantationsdiagnostik (PID): Ärzte entscheiden, ob ein Leben lebenswert ist oder nicht.

Bei der Volksabstimmung zu Artikel 119 der Bundesverfassung geht es lediglich um sieben Wörter, stellt der Kirchenbund in seiner Stellungnahme fest. Nämlich um den unscheinbaren Halbsatz von Absatz 2, Buchstabe c, Satz 3. Darin wird festgelegt, wie viele Embryos künstlich hergestellt werden dürfen.

Heute dürfen so viele Embryonen ausserhalb des Leibes der Mutter erzeugt werden, «als ihr sofort eingepflanzt werden können». Neu soll dieser Satzteil lauten: «als für die medizinische unterstützte Fortpflanzung notwendig sind». Genau damit soll aber das Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) im Fortpflanzungsmedizingesetz aufgehoben werden.

Gutgemeinte Absicht, aber ethisch problematisch

Die gutgemeinte Absicht dahinter: Eltern mit einer erblichen Vorbelastung sollten gesunde Kinder bekommen können. Der Kirchenbund könne dieses Anliegen zwar nachvollziehen, so die Erklärung, die genetisch begründete Selektion von Embryonen stosse jedoch in den hoch sensiblen und problematischen Bereich der Eugenik vor, also der künstlichen Selektion und Kontrolle der menschlichen Fortpflanzung. Der Kirchenbund lehnt die PID nicht grundsätzlich ab. Sie müsste aber viel klarer und strikte geregelt werden. Die vorgelegte Revision erfülle diese Bedingung nicht. Denn sie mache die PID zur frei wählbaren Alternative anstatt zur absoluten Ausnahme. Für den SEK gilt aber: «Kinder sucht man sich nicht aus.»

Wir dokumentieren hier die in fünf Punkten zusammengefasste Stellungnahme des Kirchenbundes, die neben ethischen auch theologische Begründungen (Punkt 5) enthält, wie sie bislang nicht zu hören waren:

  • Problematische Zweckänderung

    Nach derzeit geltendem Recht dürfen nur so viele Embryonen aus den Eizellen einer Frau hergestellt werden, als «ihr» auch eingepflanzt werden. Der geänderte Verfassungsartikel hat nicht mehr die Frau im Blick, sondern lediglich die dafür notwendigen medizinischen Massnahmen. Mit dem Adressatenwechsel wird ausschliesslich auf die Biomedizin und ihre Interessen fokussiert. Der eigentliche Zweck, die Ermöglichung einer Schwangerschaft, wird nicht mehr erwähnt.
  • Rückzug des Gesetzgebers

    Mit der Revision von Art. 119 BV wird die Entscheidung über die Anzahl der erzeugten Embryos allein der Fortpflanzungsmedizin überlassen. Der Gesetzgeber verzichtet faktisch auf eine rechtliche Limitierung der PID und eröffnet der Fortpflanzungsmedizin ein neues Praxisfeld, aus dem er sich zugleich selbst zurückzieht. Überzählige Embryonen könnten zukünftig – weil sie schon da sind – auch für die Forschung oder als sogenannte «Retterbabys» verwendet werden.
  • Ungeklärter Embryonenschutz

    Die gentechnologischen Entwicklungen bewogen den Gesetzgeber, einen Artikel zur «Würde der Kreatur» (Art. 120 BV) in die Verfassung aufzunehmen. Gibt es analog einen Würdeschutz für menschliche Embryonen? Die heutige Fassung von Art. 119 BV beinhaltet zwar nicht ausdrücklich, aber der Sache nach einen solchen Schutz. Er würde aber mit der Annahme der vorgeschlagenen Änderung hinfällig. Deshalb fordert der Kirchenbund einen Artikel, der die Würde des Embryos explizit unter den Schutz der Bundesverfassung stellt.
  • Von der Ausnahme zur Regel

    Das menschliche Leben – ob geboren oder ungeboren – muss geschützt werden. Die Embryoselektion kollidiert mit der grundsätzlichen Pflicht, menschliches Leben zu schützen. Deshalb kommt PID nur als Ausnahme zum grundsätzlichen Lebensschutz in Frage und nicht als frei wählbare Alternative dazu. Zugleich ist eine ethische Beratung vor dem Entscheid zur PID notwendig. Denn der Entschluss, PID anzuwenden, schliesst das Ja zur Embryonenselektion bereits mit ein. Die Konsequenzen und Zumutungen des Gewissensentscheids müssen deshalb vor dem Entschluss für eine PID geklärt und abgewogen werden. Die Gefahr, dass Ausnahmen zur selbstverständlichen Regel werden, ist gerade im Rahmen der neuen Biotechnologien gross. Ihr entgegenzuwirken, ist eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft.
  • Die Vorgabe von Gottes Ja zu jedem Menschen

    Entscheidungsfreiheit ist ein hohes Gut, das die Bereitschaft voraussetzt, Verantwortung zu übernehmen. Wie viel Verantwortung sollte Menschen zugemutet werden und wann wird diese zur unerträglichen Last? Sollte die Wahl menschlichen Lebens wirklich zu einer Alltagentscheidung werden? Die Bibel weiss um die Gefahren menschlicher Überforderung und hat deshalb die Geschichte von Gottes Ja zu jedem Menschen prominent an den Anfang gestellt: Jeder Mensch ist das von Gott gewollte Geschöpf. Weil für den Schöpfer kein Leben verwerflich (1. Tim 4,4) ist, muss kein menschliches Leben überprüft und aussortiert werden. Diese Grundentscheidung zum Leben muss sich in gesellschaftlichen Bedingungen widerspiegeln, in denen jedes Kind willkommen ist und Eltern allen Rückhalt und jeden nur möglichen Grund erhalten, um ihr Kind freudig und auch mutig annehmen zu können.

Zur Webseite:
Ausführliche Stellungnahme des SEK

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Datum: 14.04.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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