Wie tolerant ist Gott?
«Toleranz, auch Duldsamkeit, ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten», klärt uns Wikipedia auf. «Tolerare» im Lateinischen heisst «erdulden, ertragen». Heute prallen in nie gekannter Weise überall in der Welt Kulturen aufeinander, und Toleranz ist nötig, damit wir überhaupt zusammen existieren können. Toleranz brauchen wir ja gegenüber dem «Anderen». Wenn jemand genauso tickt wie ich, brauche ich keine Toleranz. Aber da, wo andere mir Mühe machen oder mich herausfordern, da ist meine Toleranz gefragt. Ein Mensch, dem sowieso alles egal ist, der ist nicht tolerant. Wer aber eine klare eigene Meinung hat und die andere trotzdem akzeptiert, der übt Toleranz.
Es fällt auf, dass auf der einen Seite im Namen Gottes Toleranz gefordert wird. Andererseits werden klare Positionen und Abgrenzung mit dem gleichen Gott gerechtfertigt. Wie tolerant ist eigentlich der Höchste? Eine spannende Frage.
Gott ist unglaublich tolerant
Klar – Gott lässt tausende von Kulturen und Milliarden von Menschen nebeneinander existieren. Er lässt keinen Blitz vom Himmel fallen, wenn ein Mensch flucht – leider auch nicht, wenn ein Mensch einen anderen foltert. Stellen Sie sich einen Augenblick vor, Sie wären Gott und würden jede Sekunde alles Gute und alles Böse sehen, das in der Welt geschieht – könnten Sie das aushalten? Gott hält es bis heute aus. Er «lässt seine Sonne aufgehen über Gute und Böse», sagt die Bibel in Matthäus, Kapitel 5, Vers 45. Er ist so tolerant, dass Leute immer wieder daran zweifeln, ob es ihn überhaupt noch gibt. Warum lässt er so viel Böses zu? Könnte er nicht verhindern, dass Menschen krank werden? Dass Kriege Tausende töten?
Lassen wir die Frage in der Luft. Und schauen wir uns die andere Seite an.
Gott ist total intolerant
Wer aus der Toleranz Gottes ableitet, dass dem Höchsten alles egal ist, der liegt sehr daneben. Nach der durchgehenden Information der Bibel ist Gott «heilig». Er ist Licht, und kein Schatten von Finsternis ist in ihm. Er kann das Böse zwar ertragen, aber er kann es nicht gelten lassen. Warum eigentlich?
Fragen wir mal einen Ingenieur, wie viel «Toleranz» die Kugeln in einem Kugellager vertragen. Die Antwort wird sein: «möglichst keine». Je mehr Toleranz solche Kugeln haben, um so rumpeliger wird das Ding laufen. Im Kosmos ist es dasselbe. Wenn die Erdachse eine grössere Toleranz hätte, wären wir ganz schön arm dran. Und wenn unser Herz mit Toleranz schlagen würde, wäre uns ebenfalls nicht wohl. Unsere Welt ist – im Grossen und im Kleinen – darauf ausgelegt, dass sie exakt und ohne grosse Toleranz funktioniert. Darum klappt alles so wunderbar.
Im moralischen Bereich ist das genauso. Schuld ist Schuld. Gott kann nicht Zehn Gebote geben und dann dauernd «Fünfe grad sein lassen». Übertretung bringt uns in Schuld. Und die muss irgendwie bezahlt werden.
Die Auflösung der Spannung
Für Gott ist die Existenz des Bösen, Übertretung und Schuld ein grosses Problem. Er kann nicht «tolerant» sein und einfach alles erdulden. Genauso wenig will er seine Menschen, die seine Gebote täglich tausendfach übertreten, einfach auslöschen.
Hier kommt nun die geniale Lösung ins Spiel, die nur Gott erfinden konnte. Er bezahlte die Schuld – selbst. Er griff das Böse zentral an und nahm die Konsequenzen – den Tod – auf sich. So hat Jesus seinen Tod verstanden: als Opfer für das Böse und die Schuld der ganzen Welt.
Was bleibt für uns? Seien wir – wie Gott – tolerant mit den Fehlern anderer Menschen. Was uns selbst betrifft, sollen, dürfen, ja müssen wir auf diese (Er-)Lösung Gottes vertrauen, die Jesus am Kreuz geschaffen hat. Wir können nicht auf die Toleranz Gottes hoffen, aber auf seine Gnade, für die er teuer bezahlt hat. Das funktioniert. Weniger geht nicht. Mehr brauchts nicht.
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Datum: 15.08.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch